Dienstag, 14. August 1917

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 14. August 1917Wird das Obst beschlagnahmt? Gegenüber der Nachricht, daß eine Beschlagnahme der Aepfel, Birnen, Pflaumen und Zwetschen unmittelbar bevorstände, schreibt das Amtsblatt der Reichsstelle für Gemüse und Obst: „Die Reichsstelle hält daran fest, daß eine solche Maßnahme nur als äußerstes Notstandsmittel in Frage kommen darf, wenn alle andern Mittel versagt haben. Wie sich die Verhältnisse in den letzten zwei Jahren auf dem Obstmarkte entwickelt haben, ist es nicht ausgeschlossen, daß mit besonderen Zwangsmaßnahmen vorgegangen werden muß. Eine Entscheidung ist aber noch nicht getroffen. Legt man die Verhältnisse das ganzen Deutschen Reiches zugrunde, so haben wir mit einer schlechten Apfelernte, einer leidlich guten Birnenernte und einer weniger als mittelmäßigen Pflaumen- und Zwetschenernte zu rechnen. Angesicht dieses Umstandes würde auch ohne die jetzige ungestüme Nachfrage nach Obst die Eindeckung der Marmeladenindustrie mit sechs bis sieben Millionen Zentnern Obst zwecks Herstellung der erforderlichen Brotaufstrichmittel auf Schwierigkeiten stoßen. Der Frischmarkt kann jedenfalls infolge des großen Bedarfs für die Marmeladenindustrie nur mäßig beschickt werden.“

Daß die privaten Kleider- und Wäschebestände beschlagnahmt oder gar enteignet werden sollen, wie immer wieder auftauchende Gerüchte behaupten, wird in den Mitteilungen der Reichsbekleidungsstelle bestritten. Es heißt da: In der Bundesratsverordnung über Befugnisse der Reichsbekleidungsstelle sind nur Bestimmungen über das Verfahren bei etwaigen Beschlagnahmen und Enteignungen getroffen, eine Beschlagnahme selbst oder gar eine Enteignung ist aber in ihr überhaupt nicht, weder für den Handel noch für den Privatmann, ausgesprochen. Alle Furcht vor einem bevorstehenden Eingriff in die Privatbestände ist daher völlig haltlos.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 14. August 1917Felddiebstähle. Von den Hilfsgendarmen wurden in der letzten Zeit wiederholt schulpflichtige Jungen aus Bonn festgehalten, die Rucksäcke und Säcke mit abgeschnittenen Weizenähren gefüllt hatten. Meistens ließ man es bei den Bübchen, die durch ihr Treiben großen Schaden anrichten, bei einer ordentlichen Tracht Prügel bewenden, jedoch dürfte außerdem wohl auch, um diesem verderblichen Unwesen zu steuern, eine polizeiliche Strafe am Platze sein.

Ueberfahren. Die Nachricht, daß der 11jährige Knabe Holtheier, der am vergangenen Freitag auf dem Friedrichsplatz im Gedränge von einem Wagen der Vorgebirgsbahn erfaßt wurde, seinen Verletzungen erlegen sei, bewahrheitet sich glücklicherweise nicht. Wie uns der Vater des Knaben mitteilt, mußte der überfahrene Fuß abgenommen werden; nach Aussage der behandelnden Aerzte sei die Kopfverletzung nicht so schwer, als man anfänglich geglaubt habe. Es besteht die Hoffnung, daß der Junge mit dem Leben davonkommt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Bekleidungs-Amt. Die Zustände bei dem städtischen Bekleidungsamt bedürfen dringend einer Aenderung. Das Gedränge ist nachgerade lebensgefährlich. Einsender dieses hat dreimal vier Stunden dort gestanden, aber weder Karte noch Einlaß erhalten. Die Sache wäre doch sicher zu ordnen. Warum gibt man mit den Bezugsscheinen nicht zugleich die Einlaßkarten aus? Oder warum numeriert man die Einlaßkarten nicht und nimmt Montag 1 – 200, Dienstag 200 – usf.? Oder warum nimmt man die Karten nicht nach dem Alphabet. Montag A – C, Dienstag D – H usw.! Ferner: Warum stellt man nicht an den Eingang eine handfeste Person oder einen Schutzmann, der die Leute zwei und zwei hintereinanderstellt und jedes Vordrängen verhindert? Endlich: Warum ist kein Schutzmann dort zu sehen, denn nur vor einem solchen hat eine gewisse Sorte von Frauen Respekt! So wäre doch mit Leichtigkeit Ordnung zu schaffen. Anstatt dessen das lebensgefährliche Gedränge, Geschrei, Geschimpfe, Toben, stundenlanges Stehen und doch nichts erhalten. Es haben sich da letzthin Szenen abgespielt, die man nicht beschreiben kann. Ich glaube nicht, daß diese Zustände höhernorts bekannt sind, sonst wäre längst abgeholfen. J. L.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

    

Verbot des Viehtreibens zur Nacht. Der Kommandierende General des 8. Armeekorps hat angeordnet: Die Zunahme der Viehdiebstähle in Verbindung mit dem unerlaubten Abschlachten von Rindvieh auf den Weiden lassen strenge Ueberwachung des Treibens und Fahrens von Rindvieh geboten erscheinen. Das Treiben von Rindvieh und die Beförderung von Rindvieh auf Wagen in der Zeit von 9 Uhr abends bis 6 Uhr morgens ohne Mitführung eines von der Ortspolizei- oder Gemeindebehörde ausgestellten Ausweises wird verboten. Mit Gefängnis bis zu einem Jahre wird bestraft, wird die vorstehende Anordnung übertritt oder zur Uebertretung auffordert oder anreizt: beim Vorliegen mildernder Umstände kann auf Haft oder Geldstrafe bis zu 1500 Mark erkannt werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)