Samstag, 16. Juni 1917

       

Ueber die Kohlenfrage erhalten wir von zuständiger Seite folgende Aufschlüsse: Durch die Einberufungen war bei Kriegsausbruch die Kohlenförderung um rund 50 Prozent zurückgegangen. Im Herbst 1916 wurden Erhebungen angestellt, ob die für das Hindenburgprogramm benötigten Brennstoffe auch wirklich vorhanden seien. Ende des Jahres 1916 trat der übliche Wagenmangel ein. Anfangs glaubte man, daß er sich bald beheben würde, da die Wagen zu dieser Zeit hauptsächlich in der Landwirtschaft gebraucht worden waren. Der Wagenmangel vermehrte sich jedoch noch weiter. Die Kohlenförderung ging noch mehr zurück, die Fördereinschränkung wurde so erheblich, daß man gezwungen war, neue Förderschichten einzulegen. Erschwerend kamen dann die Witterungsverhältnisse hinzu. Die Besetzung Rumäniens zwang Deutschland, Kohlen nach dem Balkan bis nach Asien hinein zu liefern. Andererseits kam es zur Lieferung von Kohlen an die Neutralen, die durch den uneinsgeschränkten Ubootkrieg von England nicht mehr mit Kohlen versorgt werden konnten. Es kam dazu, daß sich die Kohlen sowohl im Westen als auch im Osten zu hohen Beständen ansammelten, die nicht abgefahren werden konnten. Die oberste Heeresleitung hat nun in Aussicht gestellt, daß eine entsprechende Zahl von Bergleuten erneut zur Hebung der Förderung zurückgegeben werden solle. Diese Zahl würde genügen, die Mängel zu beheben. Leider haben die Verhältnisse an der Front es bislang der Obersten Heeresleitung nicht gestattet, diese Bergleute schon jetzt freizugeben. [...] Immerhin müssen wir uns augenblicklich mit einem Fehlbetrag und einer Verschärfung auf dem Kohlenmarkte abfinden, die jedoch nur vorübergehend sein wird. Zunächst kommen für die Versorgung die gewerblichen Betriebe in Frage. [...] Beim Hausbrand lassen sich ebenfalls Beschränkungen nicht vermeiden. [...] Der Bedarf der Landwirtschaft wird im großen und ganzen nicht gekürzt werden, mit Ausnahme der Hausbrandkohlen. Die Mengen, die ins Ausland ausgeführt werden, sind recht erheblich beschränkt worden und erreichen lange nicht das, was die Verbündeten und Neutralen wünschten. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

      

Bierersatz. Um dem herrschenden Biermangel abzuhelfen, wird in vielen Wirtschaften dem Bier sogenannter Bierersatz (Hopfenlimonade usw.) beigemischt. Auf Grund des Nahrungsmittelgesetzes vom 14. Mai 1879 ist die Beimischung von Bierersatz zum Bier strafbar, wenn dies nicht durch besonderen Anschlag in den Lokalen öffentlich bekannt gegeben wird.

Das Schöffengericht Bonn verhandelte gestern erneut gegen den Vater des hiesigen Kaufmannslehrlings H. über die Frage, ob derselbe berechtigt gewesen sei, ohne Entschuldigung und fortgesetzt seinen Sohn von der Teilnahme an den militärischen Jugendübungen der städtischen Fortbildungsschule abzuhalten. Bereits dreimal schon hatten die hiesigen Gerichte in diesem Einzelfalle rechtskräftig dahin entschieden, daß die über den Angeklagten seinerzeit verhängte Polizeistrafe zu Recht geschehen sei. H. beharrte jedoch darauf, daß alle diese voraufgegangenen Rechtserkenntnisse auf einer irrigen Voraussetzung aufgebaut seien. Die unterm 8. Februar 1916 vom Gouverneur zu Köln erlassene Verfügung über Zwangseinführung von militärischen Jugendübungen an den Fortbildungsschulen sei bereits am 24. Mai desselben Jahres wieder aufgehoben worden. Die Bonner Fortbildungsschule sei zu einer eigenmächtigen weiteren Beibehaltung dieser zwangsweisen Einführung genannter Jugendspiele nicht berechtigt gewesen, zumal diese Schulbestimmung auch nur von drei Vorstandsmitgliedern, nicht aber auch vom Oberbürgermeister unterzeichnet sei. Die vom Angeklagten hartnäckig verfochtenen Darlegungen trugen ihm in der gestrigen Sitzung mehrere Verweise ein, die außerdem noch ausklangen in dem richterlichen Vorwurf: Sie sind beim besten Willen nicht zu belehren. In der Urteilsverkündung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das Gericht sich nach wie vor auf den Standpunkt stelle, daß es sich hier um eine ordnungsgemäße Einrichtung der Schule handele, zu deren Erfüllung jeder Besuchende verpflichtet sei. Diese Schuleinrichtung habe mit der Verordnung des Gouverneurs nicht zu tun. Es müsse daher das frühere Strafmaß von zehn Mark auch diesmal als rechtskräftig angesetzt werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Diebstahl. In einem hiesigen Gasthof wurden einem Gast die Stiefel gestohlen, die er zum Reinigen vor die Tür seines Zimmers gestellt hatte. Als Dieb kommt ein unbekannter Unteroffizier in Betracht, der in dem gegenüberliegenden Zimmer übernachtet hatte und schon frühmorgens fortgegangen war.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)