Freitag, 15. Juni 1917
Die Beschlagnahme, Enteignung und Bezahlung der Metalle. Man schreibt uns: Bekanntlich werden zurzeit die verschiedensten Haushaltsgegenstände – Hausmetalle, Deckel aus Zinn, Aluminiumgegenstände – zur Herstellung von Kriegsbedarf beschlagnahmt und demnächst enteignet. Die Beschlagnahme und Enteignung erstreckt sich neuerdings auch auf Glocken aus Bronce, Prospektpfeifen aus Zinn und viele andere Sachen. Alle Betroffenen, d. h. alle Besitzer von für Heereszwecke – wenn auch erst nach entsprechender Verarbeitung – verwendbaren Gegenstände, tun gut daran, die einschlägigen Verordnungen sorgfältig zu lesen; ganz besonders gilt dies für solche Personen, die der Ansicht sein sollten, der allgemein festgesetzte Uebernahmepreis sei gerade für die ihnen enteigneten Gegenstände zu niedrig, und die den Versuch machen wollen, durch Anrufung des Reichsschiedsgerichts für Kriegswirtschaft die Erhöhung des Uebernahmepreises zu erreichen. Bis jetzt herrscht auf diesem Gebiete noch große Unkenntnis. In zahlreichen Fällen zeigt sich, daß die Antragsteller entweder die Verordnung nur flüchtig gelesen oder gar nicht verstanden haben. Insbesondere scheint Unklarheit über die Begriffe „Beschlagnahme“ und „Enteignung“ zu herrschen. Diese Unklarheit kann den Antragstellern Schaden bringen; liefern sie z. B. – wie es überaus häufig geschieht – ihre Sachen an die Metallsammelstellen schon dann ab, sobald sie in der Zeitung gelesen haben, daß diese Gegenstände „beschlagnahmt“ seien, so müssen sie damit rechnen, daß ihr Antrag auf Festsetzung des Uebernahmepreises durch das Reichsschiedsgericht von vornherein zurückgewiesen wird, da dies erst dann zuständig wird, wenn die Gegenstände „enteignet“ worden sind. Die „Beschlagnahme“ entzieht dem Eigentümer nur das Verfügungsrecht über ihr Eigentum; erst die „Enteignung“ überträgt dieses Eigentum auf den Reichsmilitärfiskus. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Jung-Frankreich im deutschen Unterricht Bonner Lehrerinnen.
Die deutsche Feldpost übermittelt uns gestern folgenden Brief:
An die Redaktion des General-Anzeigers Bonn
Joeuf, 8. Juni 1917. Anbei erlaube ich mir, Ihnen einige Photographien zuzusenden. Sie stellen Klassen unserer ersten deutschen Schulen im besetzten Gebiete des Westens dar. Fräulein Klara Warlimont von der Hindenburgschule und ich von der Endenicherschule waren die ersten Lehrerinnen hier draußen. Fräulein Warlimont leitet die Mädchen- und ich die Knabenschule. Fräulein Maria Warlimont kam erst im Herbste 1916 nach hier. Wir arbeiten schon seit dem 19 April 1916 hier draußen. Der ganze Unterricht wird nach deutschem Plane nur mehr in deutscher Sprache gegeben. Schwierig ist die Sache ja, aber sie macht sehr viel Freude. Meine großen Jungens und ich leben in großer Freundschaft, aber siegen will Jung-Frankreich noch immer.
Vielleicht räumen Sie unseren Bildern ein Plätzchen in ihrem Fenster ein? Es sind ja Bonner Lehrerinnen, die hier anfingen, das Deutschtum und die deutsche Sprache einzuführen.
Hochachtend M. Staudt.
Deutsche Lehrerin. Deutsche Feldpost 84.
(Die Photographien bringen wir wunschgemäß zum Aushang. Jungens wie Mädels machen durchweg einen recht geweckten Eindruck, sodaß es unseren Bonner Erzieherinnen möglich sein dürfte, ihr Germanisierungswerk mit Erfolg zu betreiben! Die Schriftl.)
Ernteurlaub. Bei der Erteilung von Ernteurlaub an Soldaten sind im allgemeinen die gleichen Gesichtspunkte wie bei der Frühjahrsbestellung maßgebend. Eine Ausnahme bildet die Heuernte. Sie soll nach Möglichkeit mit den vorhandenen Arbeitskräften ausgeführt werden. Anträge werden durch die Kriegswirtschaftsstelle beim stellv. Generalkommando eingereicht. Mannschaften und Unteroffizieren, die schon zur Frühjahrsbestellung beurlaubt waren, kommen nicht in Betracht. Bei Mannschaften des Besatzungsheeres wird der Urlaub ebenfalls sehr beschränkt. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Ernte der Frühkartoffeln wird uns geschrieben: Die Frühkartoffeln stehen sehr schön und versprechen eine reiche Ernte; aber mit Besorgnis denkt schon jetzt jeder Einsichtige, wie mag sich wohl die Ernte gestalten? Etwa, wie im vorigen Jahre, daß die Kartoffeln noch klein und unreif aus dem Boden genommen werden, damit die Besitzer noch die hohen Preise erhalten? Daß sie dann ferner in zu großen Massen auf einmal an die Städte abgeliefert werden und massenhaft verderben? Allgemein glaubt man, in diesem Jahre würde vernünftiger verfahren, aber, wie die Zeitungen gemeldet haben, soll auch in diesem Jahre für die Frühkartoffeln ein Anfangspreis von 10 Pfg. pro Pfund festgesetzt sein, der später auf 8 und weiter auf 6 Pfg. sinkt. Sollten diese Staffelpreise in Kraft treten, so wird es ähnlich gehen wie auch im vorigen Jahre. Jeder wird, um den 10-Pfg.-Preis zu erhaschen, so viel Kartoffeln ausgraben, wie nur möglich, ohne daran zu denken, daß diese Kartoffeln noch gar nicht reif sind, daß sie infolgedessen auch nicht haltbar, nicht schmackhaft oder nahrhaft und nicht gesund sein können; und welch ein Quantum Kartoffeln geht dadurch verloren, daß sie vor ihrer vollen Entwicklung schon aus dem Boden gehoben werden. Auf diese Weise wird man so schnell mit den frühesten Sorten fertig sein, und dann rasch zu den mittleren Sorten greifen müssen, und anfangs Herbst verlangt man schon sehnsüchtig nach den Spätkartoffeln. So kam der Schreiber dieses im vorigen Herbste, anfangs Oktober, zu einem Landwirt, der mehrere Morgen Kartoffeln angepflanzt hatte, um als Zähler das Kartoffelquantum aufzunehmen. Der Landwirt aber erklärte, er habe nur noch 15 – 18 Zentner zum eigenen Bedarf, alle anderen Kartoffeln habe er schon an das Bürgermeisteramt abgeliefert. Daher fort mit den Staffelpreisen! [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)