Sonntag, 10. Juni 1917

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. Juni 1917Kriegsgefangene. Die Korrespondenz der rheinischen Landwirtschaftskammer schreibt: Gegenüber zahlreichen Kriegsgefangenen, die schon seit Jahr und Tag in unseren Betrieben beschäftigt sind und uns zum großen Teil eine kaum entbehrliche, wertvolle Arbeitshilfe bieten, haben wir vielfach die Empfindung verloren, daß sie unsere Feinde sind, zumal manche von ihnen sich anscheinend ganz in ihre Lage gefunden haben und ihren Arbeitgebern willig und vertrauensvoll entgegenkommen. Aber wir sollten doch keinen Augenblick vergessen, daß diese Kriegsgefangenen fortgesetzt unter dem Einflusse ihrer Heimat stehen, und daß man von dort aus unablässig bemüht ist, sie gegen uns aufzuhetzen, sei es durch Briefe oder sonstige Sendungen, die vielfach – wie festgestellt worden ist – mit geheimen Mitteilungen oder Zeichen versehen sind, sei es durch Agenten, meist Angehöriger neutraler Staaten, die sich an die Gefangenen heranzumachen suchen und durch einen von ihnen wieder auf viele andere wirken. Es handelt sich nicht nur darum, daß unsere Ernte gefährdet und unsere Vorräte zerstört werden können, sondern daß möglicherweise auch versucht wird, sie zur Auflehnung und Meuterei anzustiften. Wir müssen es daher als unsere dringende Pflicht betrachten, stets ein wachsames Auge auf alle Kriegsgefangenen, ganz besonders auf die englischen und französischen, zu haben und von jeder verdächtigen Erscheinung, auffallendem Postverkehr, Annäherungsversuchen fremder Personen, lebhaftem Verkehr von Gefangenen untereinander u. a. m. alsbald der zuständigen Polizeibehörde Mitteilung zu machen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Der Kinderhortverband Bonn e. V. hielt am Montag den 4. Juni seine diesjährige Generalversammlung ab. Die Arbeit des Vereins konnte auch im dritten Kriegsjahr weitergeführt und sogar erweitert werden. Dem Verbande gehören nunmehr an: vier Mädchenhorte mit 280 Mädchen, drei Knabenhorte mit 162 Knaben und ein Kriegskindergarten, der von 45 Kindern besucht wird. 70 Kinder konnten durch Vermittlung der Horte zur Erholung aufs Land geschickt werden, ein kleiner Teil davon fand in einer holländischen Ferienkolonie liebevolle Aufnahme. – Der Kinderhortverband hat sich dem Verband Bonner Frauenvereine angeschlossen. Die Sorge für erkrankte Hortkinder übernahm in diesem Jahre wieder Herr Dr. Bogen, wofür ihm auch an dieser Stelle herzlichst gedankt sei.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Die Schwierigkeiten im Zeitungsgewerbe. In jüngster Zeit hat die amtliche Zuteilungsstelle die Papierlieferung an die Zeitungen wieder in erheblichem Maße eingeschränkt. Die den Zeitungen bisher zustehende, schon stark gekürzte Papiermenge ist um weitere 10 Prozent verringert worden. Diese außerordentliche Herabsetzung der Papierzufuhr, die aller Voraussicht nach noch fühlbarer werden dürfte, macht es der Presse zur unbedingten Pflicht, im textlichen Teil noch weitgehendere Einschränkungen wie bisher eintreten zu lassen. Entsprechend den Zeitverhältnissen werden die Nachrichten über die Kriegsereignisse, die politischen Vorgänge und wirtschaftlichen Maßnahmen eingehendste Berücksichtigung finden, in knapper und übersichtlicher Form dem Leser vorgetragen werden. Alle anderen Abhandlungen und Berichte müssen entsprechende Kürzungen erfahren, wobei jedoch nichts ausgeschaltet werden soll, was den vielgestaltigen Interessen des Leserkreises dienlich und förderlich ist. Wir hoffen, daß unsere Bezieher Verständnis für die den Zeitungen auferlegten Beschränkungen zeigen und dem Blatt das Wohlwollen bewahren werden, das sie ihm auch in dieser Kriegszeit in so reichem Maße zugewendet haben.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)