Samstag, 9. Mai 1917

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 9. Juni 1917Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn.
Kartoffeln. Die Kartoffelkarten für die kommende Woche behalten ihre Gültigkeit bis zum 17. Juni. Diejenigen Einwohner, die in der abgelaufenen Woche keine Kartoffeln erhalten haben, können sie in der kommenden Woche noch in Empfang nehmen. Alte Kartoffeln werden auch nach dem 18. Juni noch ausgegeben. Frühkartoffeln treffen voraussichtlich Ende Juni ein. Den Bürgern, welche die Kartoffeln für die kommende Woche bereits abgeholt haben, wird ein sparsamer Verbrauch empfohlen, da eine Zusatzlieferung ausgeschlossen ist. […]
   Mit aller Entschiedenheit muß dem Gerüchte entgegengetreten werden, als würden von der nächsten Woche ab keine Kartoffeln mehr abgegeben. Hierzu liegt auch nicht der entfernteste Anlaß vor. Die Bevölkerung möge wie bisher der Verwaltung Vertrauen schenken und nicht auf solch lose Schwätzereien hören, die nur auf Klatschsucht zurückzuführen sind.
Fleisch. Fleisch auf die Zusatzkarten (Brotersatz) und auf die Reichsfleischkarte wird in gleicher Weise wie bisher und zu den bisherigen Preisen abgegeben. An Samstagen ist, was nochmals ernstlich betont sei, der Verkauf von Fleisch auf die Reichsfleischkarte nicht gestattet. Bei Uebertretungen tritt schwere Strafe und Schließung des Geschäftes ein. […]
Knochensammlung. Die Haushaltungen, Gastwirtschaften, Anstalten usw., geben die anfallenden Knochen noch nicht in ausreichender Weise in die Metzgergeschäfte zurück. […] Wenn die Ablieferung der Knochen nicht bald den gehegten Erwartungen entsprechen sollte, so wird der Bezug des Fleisches von der Rückgabe der Knochen abhängig gemacht. […]
Lebensmittelkarten-Abschnitte. Kalgen aus der Bevölkerung lassen darauf schließen, daß in den Geschäften beim Einkauf von Waren immer noch mehr Lebensmittelkarten-Abschnitte einbehalten werden, als die abgegebene Warenmenge ausmacht. Das Lebensmittelamt erinnert daher die Geschäftsinhaber nochmals an die Pflicht, ihre Angestellten anzuweisen, das Abschneiden der einzelnen Lebensmittelkarten-Abschnitte mit der größten Sorgfalt vorzunehmen und insbesondere darauf zu achten, daß auch bei den Warenkarten die richtigen Abschnitte abgetrennt werden. […]
Bekleidungsamt. Die Geschäftsstunden des Bekleidungsamtes, das sich seit gestern im Hause Gangolfstraße 2 (früher Zirkel) befindet, sind nicht geändert worden.
   Einige Schuhwarenhändler halten sich immer noch nicht bei Verkäufen an die auf den Bezugsscheinen angeführte Warengattung. So verkaufen sie gegen einen Bezugsschein, der auf Filzpantoffel lautet, Lederpantoffel, Turnschuhe, Sandalen oder gar Lackschuhe. Es wird deshalb erneut mit allem Nachdruck darauf hingewiesen, daß ein solches Verfahren strafbar ist. Das Bekleidungsamt wird die Uebertretungen unnachsichtig zur Bestrafung bringen.

Die letzte Uebung des Bonner Wehrbundes fand unter der Leitung von Herrn Geheimrat Brinkmann statt. Die rote Abteilung besetzte Vilich-Müldorf. Blau griff von Bechlinghoven-Hangelar her an. […] Zeitweise unbeschäftigte Gruppen suchten sich im Entfernungsschätzen zu vervollkommnen als Vorübung für die demnächst in Köln stattfindenden Wettkämpfe. Zum Schluß ging’s zum Flugplatz Hangelar, wo ein Offizier die Jungmannen in liebenswürdigster Weise durch die Halle führte und ihnen die verschiedenen Typen der vorhandenen Flugzeuge erklärte. Besonderer Dank gebührt auch den vier Fliegern, die die mündlichen Ausführungen durch einen Aufstieg praktisch zeigten. Als einer nach dem andern in sanftem Gleitflug gelandet war, zog der Bonner Wehrbund hoch befriedigt von dem schönen Nachmittag teils zur Bahn, teils gings zu Fuß der Vaterstadt zu.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Die Stadtverordneten traten gestern nachmittag unter dem Vorsitze des Herrn Oberbürgermeisters Spiritus zu kurzer Sitzung zusammen. […] Als Zuschuß für Volksunterhaltungsabende wurden dem Veranstalter Landgerichtsrat Büchler statt der geforderten 1500 Mark 1000 Mark zugesprochen und das Stadttheater frei mit Licht und Heizung zur Verfügung gestellt. – Ueber den Stand der Kriegsausgaben und vorübergehende Darlehen der Stadt gab Beigeordneter Bottler eine Uebersicht. Demnach haben die Ausgaben sich wesentlich erhöht. Aus der Einquartierung erwachsen der Stadt keine dauernden Lasten; auch die stark gestiegene Famlien-Unterstützung werde keine dauernden Lasten hinterlassen, da das Reich hier die Ausgaben ersetze. 3.700.000 Mark habe das Reich der Stadt noch zurückzuerstatten. Die städtischen Unterstützungen sind auf 4.930.000 Mark gestiegen; die Steigerung ist in der Hauptsache auf Mietbeihilfe und Zuschüsse zur Reichsunterstützung zurückzuführen. Der Staat ersetzt hier 60 Prozent, so daß bis jetzt 2.117.000 Mk. dauernde Lasten für die Stadt verbleiben. Die Auslagen erhöhen sich alle viertel Jahr um 3 – 400.000 Mark. Das Lebensmittelamt hat wirtschaftlicher gearbeitet; ungedeckt sind bei ihm noch 549.00 Mark. Ohne die erhöhten Teuerungszulagen der städtischen Angestellten noch zu berücksichtigen, haben diese Zulagen bis jetzt 769.000 Mark beansprucht; sehr bald werden sie 1½ Million erreicht haben. An vorübergehenden Darlehen sind bis jetzt 9.597.000 Mark aufgenommen. Die Versammlung nahm Kenntnis von dem Bericht. […]
   Außerhalb der Tagesordnung wurde eine Anfrage des Stadtv. Schmitz über die Erweiterung des Kanalnetzes angesichts der Wasserschäden der letzten Zeit besprochen. Beigeordneter Baurat Piehl hob die großen unüberwindlichen Schwierigkeiten hervor, die der Ausführung des Beschlusses vom Jahre 1914 über die Erweiterung und den Ausbau des Kanalnetzes entgegenständen. Das städtische Bauamt habe keine Leute, er selbst könne die Bauleitung nicht übernehmen, keine Baufirma werde sich zur Ausführung der Arbeiten finden und das Generalkommando werde die Arbeiten einfach verbieten. So notwendig zweifellos eine beschleunigte Ausführung wäre, so sei es jetzt im Kriege unmöglich, an die Arbeiten heran zu gehen. Stadtv. Schmitz verkennt die Schwierigkeiten nicht, die der Arbeit entgegenstehen; es müsse aber etwas geschehen, um solche Schäden zu vermeiden, wenn es 10 Minuten stark regne. Wenn schon die Regenablaßkanäle gebaut würden, so wäre dies schon eine starke Entlastung des Kanalnetzes. […]

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Neues Operettentheater. Man schreibt uns: Stürmische Heiterkeit löste in den letzten Tagen allabendlich die urkomische Gesangsposse „Die Königin der Lüfte“ bei den Theaterbesuchern aus, so daß das erheiternde Werk noch bis Ende dieser Woche auf dem Spielplan verbleibt. In Vorbereitung befindet sich die Johann Strauß’sche Operette „Die Fledermaus“, das schönste Werk dieses altberühmten Operettenkomponisten. Man darf die „Fledermaus“ getrost als eine Perle unter all den alten und neuen Operetten bezeichnen, ausgefüllt mit einer herrlichen Musik in Verbindung mit einer ergötzlichen Handlung bereitet sie den Hörern stets einen genußreichen Abend.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)