Donnerstag, 17. Mai 1917

Wegen des Feiertags Christi Himmelfahrt erscheint der General-Anzeiger an diesem Tage nicht.

      

„Wir wünschen einen Hindenburg-Frieden, nicht einen Scheidemann-Frieden“, das ist die Parole, die die Ortsgruppe Bonn-Godesberg des „Unabhängigen Ausschusses für einen deutschen Frieden“ in ihrer Vorstands- und Beiratssitzung am Montag, 14. Mai, in Bonn, ausgegeben hat. [...] In vollster Übereinstimmung wurde beschlossen, mit allen Kräften gegen einen faulen, Deutschlands Weltmachtstellung vernichtenden und Deutschlands blühende Kultur um Jahrhunderte zurückwerfenden Frieden anzukämpfen. Es werden in der nächsten Zeit im Rheinlande Schritte getan werden, um alle diejenigen, die in einem siegreichen deutschen Frieden, einen „Hindenburg-Frieden“, das Heil des Vaterlandes sehen, zu vereinigen und ihnen die Möglichkeit zu geben, auch ihre Stimme in die Wagschale zu werfen. Die Anhänger eines starken deutschen Friedens sind in Deutschland nicht in der Minderheit, sondern in der Mehrheit. Sie müssen sich nur zu gemeinsamem Vorgehen zusammenfinden.

Arndt-Eiche in Eisen. Die Werbetätigkeit, welche in der letzten Zeit für unser Kriegswahrzeichen entfaltet wird, hat die Einnahmen etwas gesteigert. Viel ist’s zwar nicht gewesen, und die großen Gaben fehlen noch, aber auch sie werden noch kommen. Zwei Beispiele aus den letzten Tagen seien hier zur Nachahmung angeführt. Ein einfacher Handwerksmeister erschien an der Arndt-Eiche und stiftete den Betrag von 50 Mark mit der Begründung, für die Witwen und Waisen unserer tapferen Helden müsse man doch etwas tun. Sodann ging bei der Geschäftsstelle der Arndt-Eiche ein Feldpostbrief ein, in dem ein Unteroffizier Josef B..., der bei einem Gardebataillon steht, schreibt: Arndt-Eiche, Bonn. Hierdurch bitte ich Sie, aus meinem Guthaben den Betrag von 10 Mark zugunsten der Witwen und Waisen von Bonner Kriegern zu überweisen. Hochachtungsvoll Josef B...., Unteroff. Auf recht baldigen siegreiches Wiedersehen in Bonn an Deutschlands Strom. Das walte Gott. Betrag erfolgt durch die Post.“
  
Solche Gesinnung ehrt die Spender. Herzlichen Dank sei beiden an dieser Stelle ausgesprochen.

Alldeutscher Verband. Die am Montag abend in einer stark besuchten Versammlung der Bonner Gruppe des Alldeutschen Verbandes von Geheimrat Trautmann eingebrachte und dann einstimmig angenommene Entschließung hat folgenden Wortlaut:
  
„Neidische Feinde haben uns, auf Anstiftung Englands, mit Krieg überzogen. Durch die überlegene Kunst unserer Heerführer und den Heldenmut unserer Krieger ist die Absicht, Deutschland zu vernichten, vereitelt worden. Ja, wir haben uns nicht nur gewehrt, sondern haben auch weite Strecken feindlichen Landes erobert und bedrängen die Gegner mehr und mehr dergestalt, daß sie in absehbarer Zeit genötigt sein werden, um Frieden zu bitten.
   Bei dieser für uns so günstigen Lage der Dinge reden Menschen mit deutschen Namen von einem „für alle Teile ehrenvollen Frieden“ und verlangen andere „Deutsche“ einen Frieden ohne Eroberungen und Entschädigungen.
    Also die Feinde, die uns an Leben und Ehre gewollt haben, sollen straflos, ja geehrt davon kommen, was nichts anderes heißt, als sie freundlich einzuladen, bald wieder über uns herzufallen! Und unser Volk soll Fluten von Tränen umsonst geweint und Ströme edlen Blutes für nichts und wieder nichts hingegeben haben! Und wir alle sollen unter einer unerträglichen Schuldenlast seufzen, und unsere Arbeiterstände sollen in Not und Elend verkommen!
    In unseren Augen sind Leute, die für einen solchen Frieden eintreten, Narren oder Verräter am Vaterland oder beides. Wir wollen keinen mattherzigen Frieden, sondern einen starken. Unsere Grenzen sind offen und schwer zu verteidigen: Wir müssen sie hinausschieben und so ziehen, daß wir bei einem künftigen feindlichen Angriffe besser als bisher geschützt sind. Wir haben nicht Brot und Fleisch genug (siehe Brot- und Fleischkarte): wir müssen so viel neues Acker- und Weideland gewinnen, daß kein Gegner wieder auf den Gedanken verfallen kann, uns auszuhungern. Wir haben nicht Bodenschätze genug, aus denen wir unsere Waffen schmieden; hätten wir nicht das Glück gehabt, Longwy und Briey gleich bei Beginn des Krieges in die Hand zu bekommen, so hätten wir den Krieg unrettbar verloren; wir müssen Briey und Longwy behalten und noch möglichste viele andere erz- und kohleführende Gebiete dazu nehmen. Unsre Feinde wollen unseren Handel, unsre gewerbliche Tätigkeit, unsre Landwirtschaft erwürgen, um dadurch das Deutsche Reich zu entvölkern und wehrlos zu machen; ein Scheidemannscher Friede würde dieselbe Wirkung üben; das Land würde verarmen, die Menschen auswandern, Deutschlands kriegerische Kraft zerstört werden: wir müssen den Feinden Land abnehmen, und nicht zu wenig, auf dem gesunde, kraftvolle, ihres Daseins frohe, waffentüchtige Menschen erwachsen; das Sinken der Geburtenziffer muß aufhören; die Zahl der Deutschen wächst, oder Deutschland ist verloren.
   Rußland muß von der Ostsee, wohin es sich vorerobert hat, zurückgedrängt werden. Kurland wird ins Deutsche Reich einverleibt; in Litauen, Livland, Estland werden deutsche Markgrafschaften errichtet. Finnland wird unabhängig. Die Polen, denen ein selbständiges Königreich versprochen ist, müssen zu der Erkenntnis gebracht werden, daß ihre Zukunft heißt: aufrichtige Freundschaft gegen Deutschland oder Untergang.
   Belgien hat als selbständiger Staat zu verschwinden. Flandern wird ein eigenes Königreich und zugleich deutscher Schutzstaat. Die Wallonen, die sich ja so sehr als Franzosen fühlen, werden nach Frankreich abgeschoben, das gerne Menschenzuwachs nehmen wird; ihr Land wird mit Deutschen besetzt. Der belgische Kongo fällt an Deutschland.
    Von Frankreich muß Land genommen werden im Osten und Norden in der Weise, daß die Mosel- und Maaslinie mit Belfort, Epinal, Toul, Verdun und die Aisne- und Sommelinie mit St. Quentin, Amiens, Dieppe an Deutschland fallen. Das Land ist menschenfrei zu übergeben. Marokko und der französische Kongo werden an Deutschland abgetreten.
    Unser Friede mit England muß die Weltherrschaft dieses Reiches zerbrechen und die Freiheit der Meere aus einer Redensart zu einer Tatsache machen. Nordamerika wird nach dem Krieg versuchen, England zu einem Bollwerk gegen Deutschland zu gestalten, um zu gelegener Zeit den Kampf des Angelsachsentums gegen uns wieder aufzunehmen; unser Friede mit England muß so aussehen, daß ein solcher Plan der Yankees unausführbar ist. England hat die uns in Afrika geraubten Länder wieder herauszugeben und hat uns alle die Orte und Gebiete auszuliefern, die wir als Flottenstützpunkte verlangen werden. England muß auch verpflichtet werden, Gibraltar an Spanien, die griechischen Inseln an Griechenland, Aegypten an die Türken und anderen Raub an andere frühere Besitzer zurückzugeben, und muß gezwungen werden, Irland als ein unabhängiges Reich anzuerkennen. Es muß bei den Verhandlungen auch erfahren, daß von englischer Festsetzung an der Ostsee nie und nimmer die Rede sein kann. Die englische Flotte wird nach Kiel abgeführt. Wir besetzen Portsmouth, Liverpool, Glasgow und andere englische Städte und halten sie besetzt, bis England seine Schulden an uns bezahlt hat in Geld, Land und Waren, wie wir auch Teile Frankreichs und Rußlands bis zur völligen Tilgung ihrer Schulden besetzt halten.
    Nur ein solcher Friede wird von der großen Mehrheit des deutschen Volkes für recht und billig gehalten werden; die Schreier nach einem „für alle Teile ehrenvollen“ Frieden und nach einem Verzichtfrieden lügen, wenn sie sagen, sie sprechen im Namen des deutschen Volkes; sie haben nur wenig unklare Köpfe und Leute ohne deutsche Gesinnung hinter sich. Sogar Arbeiterversammlungen (so die große kürzlich in Essen abgehaltene) haben sich in voller Entschiedenheit gegen einen Scheidenmannschen Frieden ausgesprochen. Die Scheidemänner werden erkannt; man merkt in immer wachsenden Kreisen, daß ihnen das Wohl des deutschen Volkes gar nichts, die Macht der Partei alles gilt. Sie sind ganz damit einverstanden, wenn das deutsche Volk ein bißchen „verelendet“, je elender das Volk, desto fröhlicher, wissen sie, blüht der Weizen der „Sozialdemokraten“.
    Wir haben Vertrauen zu unserem obersten Herrn, daß er Männern voll Weisheit, Zielbewußtheit und Tatendrang den Abschluß des Friedens mit unseren Feinden, und zwar mit jedem von ihnen einzeln, übertragen werde. Vor wenigen Tagen, am 5. Mai, hat unser Kaiser den Vertrauensmännern und Mitgliedern des Unabhängigen Ausschusses für einen deutschen Frieden, der von Prof. Dietrich Schäfer geleitet wird, „für die Huldigung und das Gelöbnis der Treue“ seinen Dank entbieten lassen. Wir nehmen dies Geschehnis als ein Pfand dafür, daß unser kaiserlicher Herr nicht einen Frieden schließen will, der sein Volk zu Grunde richten würde, sondern als echter Landesvater einen Frieden, der seinem schwergetroffenen Volke wieder aufhilft und der ihm, unserem Kaiser, den Segen aller Geschlechter, die sich noch deutsch nennen werden, eintragen wird.“

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

     

Sanitäts- und Kriegsblindenhunde. Deutsche Schäferhunde, Airedale, Dobermänner, Rottweiler, Hündinnen bevorzugt, unter Angabe der Rasse, des Alters und der Uebernahmebedingungen sucht baldmöglichst die Sanitätshundmeldestelle in Bonn.

Die Lichtspiele am Markt bringen zur Zeit zwei neue Prachtfilme zur Darstellung, in dem einen „Der Liebesbrief der Königin“, spielt die berühmte Schauspielerin Henny Porten die Hauptrolle, in dem anderen, „Die Nixenkönigin“ die bekannte und vielbewunderte Tänzerin Rita Sacchetto.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)