Dienstag, 8. Mai 1917
3000 Mark Belohnung für die Entlarvung feindlicher Agenten. Der Gouverneur der Festung Köln macht bekannt: „3000 Mark Belohnung. Unsere Feinde sind am Werk, im Deutschen Volke Unzufriedenheit und Zwietracht zu erregen. Deutschland soll um die Früchte seiner mit großen Opfern an Gut und Blut errungenen Erfolge gebracht werden. Selbstverständliche Pflicht eines jeden Deutschen ist es, zur Entlarvung solcher Agenten im feindlichen Solde beizutragen. Sie treiben im Gewande bürgerlicher Biedermänner, politischer Agitatoren, ja auch in feldgrauer Maske ihr hochverräterisches Handwerk. Wer einen solchen Verbrecher zur Bestrafung bringt, erhält obige Belohnung.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Lebensmittelversorgung. In dieser Woche werden statt Butter 30 Gramm Margarine abgegeben. Morgen Mittwoch gibt es außer dem auf die Fleischkarte zu entnehmenden Fleisch auch 50 Gramm Speck für jede Person.
Zureden hilft! Die Nachricht, daß demnächst die Silber- und Nickelmünzen eingezogen und umgeprägt werden sollen, scheint auf die Kleingeldhamsterer Eindruck gemacht zu haben. Während es bisher als Seltenheit gelten konnte, Geldstücke von 50 Pfennig, 1 Mark und 2 Mark beim Umwechseln größerer Geldscheine zu erhalten, tauchen jetzt diese Silbermünzen plötzlich wieder auf. Am vergangenen Sonntag wurden sowohl in den Gartenlokalen wie auch in den einzelnen Vergnügungsstätten größere Mengen an Silbergeld und Nickelmünzen vereinnahmt. Wenn das so weiter geht, wird bald der Kleingeldmangel behoben sein.
Die Felddiebstähle, besonders die Futterdiebstähle, haben sich in den letzten Tagen in erschrecklicher Weise vermehrt. Um diesem Treiben [entgegen] zu steuern, ist man in den meisten Ortschaften dazu übergegangen, die Feldpolizei zu vermehren und neben dem bereits vorhandenen Flurhüter noch einen zweiten und nötigenfalls noch einen dritten einzustellen. Die Diebstähle werden meist in den Mittagspausen und nach Feierabend ausgeführt. Die Beamten haben Anweisung erhalten, gerade um diese Zeit ihre Partrouillengänge zu machen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 7. Mai. Das Konzert, das am Samstag abend zum Besten der Verwundetenkasse in der „Erholung“ stattfand, bestätigte vollauf den guten Ruf, den sich das Godesberger Soloquartett (Herren: Meier, Glatthar, Eilers, Hunscheidt) in kurzer Zeit unter der überaus tüchtigen Leitung Karl Hunscheidt’s erworben hat. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Fähren und Motorboote Godesberg-Niederdollendorf und Königswinter-Mehlem. Am Sonntag, 6. Mai, lockte das schöne Frühlingswetter meine Bekannten und mich, wie so viele andere, zu einer Wanderung am Rhein hinaus. Um 2½ Uhr nachmittags wollten wir mit der Godesberger Fähre, die gerade angelegt hatte, nach Niederdollendorf übersetzen. Vom Führer erhielten wir jedoch den kurzen Bescheid: „Wir fahren nicht, Sie müssen das Bötchen benutzen.“ Das war weiter nicht schlimm. Aber der Führer der Fähre, der nun Führer des Motorbootes war, das laut Schild 82 Personen faßt, ließ 122 Personen einsteigen. Das Boot war also mit 40 Personen überlastet. Dasselbe passierte uns in ganz ähnlicher Weise um ¾10 Uhr abends in Königswinter. Trotzdem, wie uns gesagt wurde, daß die letzte Fähre um 10 Uhr übersetzen sollte, wurden wir auch hier zum Motorboot gewiesen. Enger als wie die Heringe in der Tonne konnten wir in dem Bötchen nicht zusammengepreßt sein. Von einem Mitfahrenden wurde der Führer auf die Gefahr aufmerksam gemacht, was er mit einer Unverschämtheit beantwortete. Beim Aussteigen auf der Mehlemer Seite zählten ein Bekannter und ich 84 Personen. Die Höchstzahl konnte ich wegen der Dunkelheit leider nicht feststellen; jedoch schien mir dieses Boot bedeutend kleiner zu sein als das erste. Nun stelle ich die beiden Fragen auf:
„Warum fahren an solch verkehrsreichen Tagen die großen Fähren nicht und was gedenken die zuständigen Behörden in diesen beiden Fällen zu tun?“
Erst vor kurzer Zeit lasen wir noch in der Zeitung, daß ein Boot wegen Ueberfüllung kenterte und mehrere Menschen dabei das Leben verloren.
Ich gebe der Zeitung die Ermächtigung, bei Anfragen seitens der zuständigen Behörden meinen Namen anzugeben. v. R.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ein rechter Touristentag war der letzte Sonntag. Sämmtliche Ausflugsorte um Bonn herum waren überfüllt von Menschen, welche den herrlichen Maitag benutzten, um in Gottes freier Natur mit vollen Zügen die duftende Frühlingsluft einzuatmen. Mit Guitarren, Mandolinen und allen erdenklichen Musikinstrumenten zogen sie durch das Gebirge. Die Siebengebirgsbahn hatte Halbstundenverkehr eingeführt und doch konnten die Züge die Touristen kaum alle fassen. Im Siebengebirge war schon ein reger Verkehr von Ausflüglern, welche den Sonnenaufgang dort von den Bergen aus sehen wollten. Nach dem Gewitter, welches programmäßig nach der Wetterprognose des 100-jährigen Kalenders im Mai einsetzte, herrschte in den Bergen und Waldungen eine herrliche, erfrischende Luft.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)