Montag, 7. Mai 1917

       

Anzeige im General-Anzeiger vom 7. Mai 1917Ein Ortsverein Bonn des Verbandes zur Förderung deutscher Theaterkultur ist gestern mittag gegründet worden. Die von etwa 50 Damen und Herren besuchte Versammlung fand in der Kaiserhalle statt und wurde von Professor Pfennigsdorf eröffnet und geleitet. Nach einer kurzen Begrüßungsansprache des Vorsitzenden hielt der Generalsekretär des Verbandes zur Förderung deutscher Theaterkultur, Gerst aus Hildesheim, einen Vortrag über die Zwecke und Ziele seines Verbandes. Unser heutiges Schaubühnenwesen sei veraltet und verbesserungsbedürftig. […] Durch das Machtmittel der Organisation solle an allen Plätzen ein Theaterbetrieb ermöglicht werden, der im Geiste deutscher Bildung und deutscher Gesittung, auf reich künstlerischer Grundlage und losgelöst von allen Erwerbszwecken arbeitet. […] Die Ortsvereine des Verbandes sollen zunächst einen möglichst großen Kreis von gebildeten, führenden und literarisch interessierten Persönlichkeiten, die sich als Träger des Theaterkulturgedankens fühlen, sammeln, sich die Unterstützung weitester Volkskreise und der Behörden sichern und schon nächsten Winter versuchen, den Theaterbetrieb ihres Ortes dahin zu beeinflussen, daß das Theater zu einer Pflegstätte deutscher Kultur und Bildung und allen Volkskreisen zugänglich gemacht werde. – Dem Vortrag folgte eine kurze Aussprache, dann wurde einstimmig beschlossen, eine Ortsgruppe Bonn des Verbandes zu gründen. […] Professor Pfennigsdorf schloß die Versammlung mit dem Wunsche, die neue Bonner Ortsgruppe möchte treu zum Besten unseres lieben deutschen Volkes sowie des deutschen Theaters und seiner Kulturaufgaben an unserm deutschen Volke arbeiten.

Das ehemalige Palasttheater öffnete am Samstag abend unter neuer Leitung und mit gutgeschulten Kräften als „Neues Operettentheater“ – „Singspielhaus“ wäre schöner und der Zeit angemessener gewesen – seine Pforten wieder. Das Publikum war willig, kam in hellen Scharen zum „Dreimäderlhaus“ und hatte es nicht zu bereuen. Der Abend war ein voller, beiden Teilen, Publikum wie Theaterleitung, vielversprechender Erfolg. Stürmischer Beifall dankte den Darstellern für das temperamentvolle Spiel und dem Kapellmeister Heß für die mit echt wienerischer Gefühlsgrazie durchgeführte Musikbegleitung. […]
   Die Gesangsdarbietungen waren durchweg derart, wie wir sie bisher im Palasttheater leider noch nicht zu hören bekamen, und so steht zu hoffen, daß mit dem neuen Herrn auch ein neuer Geist in das Haus an der Meckenheimer Straße eingezogen ist, der auch auf die oft nicht einwandfreien Gepflogenheiten des bisherigen Stammpublikums seine guten erzieherischen Wirkungen nicht verfehlt. Herr Direktor Steffter möchten wir hier ans Herz legen, im Dienste der so dringend notwendigen Veredelung der Operettenbühne zu wirken, vor allem das schöne, heitere Singspiel zu pflegen und auch das gute, alte, deutsche Singspiel nicht zu vergessen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Ein schulfreier Tag. Den Schülerinnen des städtischen Lyzeums und den Schulkindern unserer Volksschulen ist für ihre rege Mitarbeit an der Zeichnung der letzten Kriegsanleihe ein schulfreier Tag bewilligt worden. Während die Schülerinnen des Lyzeums heute schulfrei haben, ist für die Volksschulen der kommende Donnerstag als freier Tag in Aussicht genommen. Durch die Werbetätigkeit der Schulen wurde hier in Bonn das Ergebnis der Kriegsanleihe erheblich gesteigert. Aus diesem Grunde kann man den Schülern und Schülerinnen den freien Tag wohl von Herzen gönnen.

Die Schwimmbäder der städtischen Rheinbadeanstalten werden morgen Dienstag eröffnet, dagegen sollen warme Bäder in diesem Jahre dort nicht verabfolgt werden. Vorläufig können sich nur diejenigen ein kaltes Bad im Vater Rhein erlauben, die recht abgehärtet sind, denn eine Wasserwärme von 14 bis 15 Grad Celsius ist nicht Jedermanns Sache. Wenn das Wasser indes seinen jetzigen niedrigen Stand beibehält (heute früh wurden hier 2,65 Meter Wasser gemessen), dann steht zu erwarten, daß die Wasserwärme innerhalb der nächsten acht Tage erheblich steigen wird. Das Freibad kann auch diesmal Dienstags und Freitags von Frauen und Mädchen benutzt werden. Jeder Besucher des Freibades muß sich die Badewäsche selbst mitbringen, da die Stadt in dieser Saison keine Wäsche leihweise abgibt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Die Spargelernte dürfte noch zu Ende dieser Woche allerorts einsetzen. Ueberall zeigen sich schon die elfenbeinfarbigen Köpfe, die seit acht bis vierzehn Tagen hart unter der Oberfläche der fest geglätteten Erdhaufen des Durchbruchs harren, und diese Frühjahr-Offensive kann uns nur willkommen sein. Die Vorarbeiten zur Ernte sind durchweg beendet, die großen und die kleinen Hilfstruppen für die auf 8 – 10 Wochen berechnete Spargelkampagne bereit gestellt. Viele Landwirte haben sich für diese mehr zeitraubenden als schweren Arbeiten jugendliche Helfer aus den Städten verschrieben, die bei solchem „Felddienst“ das Angenehme hübsch mit dem Nützlichen verbinden können. Bei der prächtigen sonnigen Witterung erwarten die Züchter auch einen reichen Ertrag, doch meinen sie nichts destoweniger, daß ein warmer Regen den Aussichten noch besser zustatten kommen würde. Obwohl viele ihre Ernte bereits vertragsweise in feste Hände gegeben haben, stehen doch bei der großen Ausdehnung der Spargelzucht noch große Mengen für den freihändigen Verkauf zur Verfügung. Nun fehlen nur noch – die Butter und der Schinken!

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)