Samstag, 3. März 1917
Soldatenheim. Den Besuchern des Soldatenheims boten letzte Sonntag das Streichquartett Giers (Herr Direktor Giers mit seinen Kindern) sowie die Lehrkräfte des Konservatoriums Brühl-Köln (Direktor Giers) eine Reihe ausgezeichneter musikalischer Genüsse. In einer Ansprache wies Garnisonspfarrer Dechant Böhmer auf unsere günstige militärische Lage und die Bedeutung des deutschen Friedensangebots hin und rechtfertigte vom christlichen Standpunkt aus den uneingeschränkten U-Bootkrieg. Seine Worte klangen aus in die Mahnung, Opfer zu bringen und durchzuhalten bis zum Schlusse, nicht nur im Felde, sondern auch in der Heimat. Den Dank an den Redner sowie an den Konzertgeber sprach das Ausschussmitglied Herr Falkenroth aus.
Der Zigarren-Abschnitt-Sammelverein hielt Donnerstag seine diesjährige Hauptversammlung ab. Aus dem Jahresbericht sei folgendes mitgeteilt: Infolge der Einführung von Bezugsscheinen bot die Bekleidung armer Kinder mehr Schwierigkeiten als früher; sie wurden aber dank des Wohlwollens der Behörden leicht überwunden. Der Verein zählt 133 Mitglieder (141 im Vorj.). Der Verkauf des gesammelten Materials brachte 102,25 Mark ein. Die gesteigerten Preise für Schuhe und Kleidungsstücke erforderten erheblich höhere Ausgaben. Durch größere Zuwendungen wurde es trotzdem möglich, 100 Kinder, in erster Linie solche, deren Väter gefallen oder im Kriege sind, zu bescheren. Seit seiner Gründung hat der Verein 2727 Kinder beschert und dafür insgesamt 86.689 M. aufgewendet. Der Verein besteht 40 Jahre und wird seit 10 Jahren in bester Weise von Polizeikommissar Flaccus geleitet. Dem Vereine gehören die Herren Laqua und Grasnick nunmehr 25 Jahre an. Die ausscheidenden Vorstandsmitglieder wurden wiedergewählt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Polizeistunde ist im Stadtkreis Bonn für alle Theater, Lichtspielhäuser und für Räume, in denen Schaustellungen stattfinden, sowie für öffentliche Vergnügungsstätten aller Art auf 10 Uhr abends festgesetzt. Diese Bestimmung tritt sofort in Kraft. Die Anordnung, daß alle Gast- und Schankwirtschaften um 10 Uhr abends zu schließen sind, bleibt unverändert bestehen.
In „Groß-Bonn“ tritt augenblicklich der Universalkünstler Karl Scherber mit bestem Erfolg auf. Scherber ist Taschenspieler, Schnellmaler, Jongleur, Papierkünstler, Schattenbildner und Gedächtniskünstler zugleich. Auf jedem Gebiet ist er gleich tüchtig und weiß das Publikum vom Anfang bis zum Ende in Spannung zu halten. Auch die übrigen Nummern des neuen Programms erfreuen sich lebhaften Beifalls.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegsküchen. Dem einen ist’s zu dünn, dem anderen zu dick, nämlich das Essen in der Kriegsküche. Das Charakterbild schwankt in der Geschichte.
Ich für meinen Teil muß dem Einsender zustimmen, der da meint, daß nicht der hervorragende Wohlgeschmack des Essens, sondern die verflixte Notwendigkeit die Menschen zur Kriegsküche zieht.
Oft, recht oft, ist zu viel Wasser am Gemüse.
Mir fällt dabei das Krätzchen von dem biederen Rheinschiffer und der Erbsensuppe ein:
Kaptein, Ihr hat mech dree Mann mähr metgebraach, ech han ewwer men blooß vör veer Mann Aeäzesupp gekooch, wat maache ech doo? –
Koch noch jet Aerdäppel derzu!
Ech han gen Aerdäppel mer door!
Na „de Jonge müsse schwär arbeede, on jet ende Rebbe müsse se han, schöt noch en Emmer Wasser derzu!“
Ein anderer Kriegsküchenbezieher.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Brotversorgung.
Die Nachricht von der Erhöhung der Ausmahlung von 80 auf 82 Prozent hat zu der irrigen Auffassung geführt, als sei eine höhere Ausmahlung als 82 Prozent bisher überhaupt nicht üblich gewesen. Auch bisher ist schon 97prozentiger Roggenschrot und 94prozentiger Weizenschrot hergestellt worden. Aus dem Roggenschrot wurde bisher schon in Bonn unter Zusatz der gesetzlichen Streckungsmittel (Kartoffelmehl, Weizenschrot oder Gerstenmehl) das Schwarzbrot zubereitet. Der Weizenschrot dient zur Herstellung des Weizenschrotbrotes (Grahambrot). Die Neuerung erstreckt sich nur auf das z. Zt. zur Herstellung von Feinbrot benutzte Weizen- und Roggenmehl. Weizenmehl wurde bisher in 80, Roggenmehl in 82prozentiger Mahlart hergestellt. Das neue Weizen- und Roggenmehl wird nur noch in 94prozentiger Ausmahlung geliefert. Die Herstellung des Feinbrotes aus Mehl wird erst in 2 Wochen beginnen. Jedoch ist jetzt schon ein stärkerer Verbrauch von Roggenschrot notwendig. Die Bürgerschaft wird sich daher damit abfinden müssen, daß in den nächsten Tagen vornehmlich Schwarzbrot zum Verkauf kommt. Eine weitere irrige Ansicht ist die, daß die Brotstreckung durch Steckrüben erfolgt. Dieses ist nicht der Fall.
In Bonn hat das Brot bislang noch keinen Zusatz von Steckrüben erhalten. Die Brotstreckung erfolgt z. Zt. durch Gerstenmehl.
Fleisch.
In der Woche vom 25. Februar bis 3. März wird Rindfleisch, Kalbfleisch und Hammelfleisch ausgegeben, das am Samstag in den Metzgereien, das Pfund zu 2,80 M. verkauft wird. Der Preis für die Leberwurst beträgt 1,50 M., für Blutwurst 0,50 M. das Pfund.
Das bisherige Gesamtergebnis der Hindenburg-Spende kann als ein hocherfreuliches bezeichnet werden, zumal im Hinblick darauf, daß in der jetzigen Jahreszeit noch nicht alle Hausschlachtungen stattgefunden haben. Um jedoch der Hindenburg-Spende einen vollen Erfolg zu sichern, muß sich Jeder, der eine Hausschlachtung vorgenommen hat, beteiligen. Die städtische Verkaufsstelle Franziskanerstraße Nr. 8 nimmt noch Spenden entgegen.
Butter und Fett.
In der kommenden Woche werden je 30 Gramm Butter und Margarine auf den Kopf der Bevölkerung verausgabt. An die Schwerstarbeiter wird alle 14 Tage Butter und Margarine in den ihnen zustehenden besonderen Wochenmengen verteilt. Die Butter und Margarine wird unmittelbar an die betreffenden Werke überwiesen. Die Verteilung an die Arbeiter geschieht unter Hinzuziehung der Arbeiterausschüsse.
Kolonialwaren.
In der Woche vom 4. bis 10. März werden in den städtischen Verkaufsstellen ausgegeben werden: Warenkarte 12, kochfertige Bohnensuppe, 13, kochfertige Mehlsuppe je ein Fünftel Pfund, 14, Dörrgemüse je ein Zehntel Pfund, 15, Sauerkraut je ein halb Pfund, 16, Zucker je ein Viertel Pfund, ferner unter Anrechnung auf die Fett- und Warenkarte 17 Margarine oder Rüböl 30 Gramm für die Person, in den Metzgereien an die eingetragenen Kunden unter Anrechnung auf die Fleisch- und Warenkarte 18 Mettwurst ein Zehntel Pfund.
Kohlenversorgung.
Nachdem die Kohlenversorgung in geregelte Bahnen gelenkt ist und den Kohlenhändlern ausreichende Mengen Kohlen, insbesondere Briketts, zur Verfügung stehen, wird die Abgabe von Briketts auf dem Hofe der Feuerwehrkaserne eingestellt. Sollten Händler die Abgabe von Briketts in einzelnen Zentnern verweigern, so wird eine Beschwerde bei dem nächsten Polizei-Bezirksamt sofort Abhilfe schaffen. Die Bürgerschaft wird jedoch dringend gebeten, einerseits keine Brennstoffe zu hamstern, andererseits nach Möglichkeit zu sparen.
Lebensmittelkarten.
In der Bürgerschaft sind in der letzten Zeit wiederholt Klagen laut geworden, daß in den Geschäften die Abschnitte der Lebensmittelkarten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt abgetrennt werden. Das Lebensmittelamt macht es den Geschäftsinhabern daher nochmals zur Pflicht, ihre Angestellten anzuweisen, das Abschneiden der einzelnen Abschnitte der Lebensmittelkarten mit der allergrößten Sorgfalt vorzunehmen, damit in Zukunft solche Klagen nicht mehr vorkommen. Das nachlässige Abschneiden kann zudem auch Schwierigkeiten bei der Abrechnung verursachen, da die Nummern der einzelnen Karten oft nicht mehr zu erraten sind.
Zucker.
Als Zulage zur monatlichen Verbrauchszuckermenge gelangt in kommender Woche ¼ Pfund Zucker auf Warenkarte Nr. 16 zur Ausgabe.
Eier.
Rund 30.000 Eier wurden in dieser Woche an die Inhaber der Lebensmittelkarten-Umschläge Nr. 4 sowie an Kranke verkauft. Wann die nächste Ausgabe von Eiern erfolgen kann, ist noch unbestimmt. Eine Besserung in der Belieferung mit Eiern ist jedoch zu erwarten.
Kartoffeln.
An jeden Bezugsberechtigten werden auf die Kartoffelkarte 3 Pfund Kartoffeln abgegeben. Schwerarbeiter erhalten auf die Zusatzkartoffelkarte weitere 4 Pfund Kartoffeln. Als Ersatz für Kartoffeln werden in der Woche vom 5. bis 11. März auf die Warenkarte Nr. 19, 20, 21 je 3 Pfd. Steckrüben ausgegeben. Die Ausgabe von frischen Steckrüben wird mit dem 3. März eingestellt. Nach diesem Zeitpunkt werden voraussichtlich getrocknete Steckrüben als Ersatz für fehlende Kartoffeln ausgegeben.
Milchversorgung.
Die Milchlieferung an die versorgungsberechtigte Bevölkerung unserer Stadt ist in den letzten drei Monaten von 12.000 Liter auf 9000 Liter täglich zurückgegangen, während im gleichen Zeitabschnitte des Vorjahres die Literzahl von 15.000 auf 12.000 fiel. Die geringe Zufuhr im Vergleich im Vorjahre ist in der Hauptsache auf den Mangel an Kraftfutter zurückzuführen. Außerdem hat der strenge Winter sehr hemmend auf die Milcherzeugung eingewirkt. Es ist zu hoffen und allerlei Anzeichen sprechen dafür, daß die Milcherzeugung nunmehr wieder eine steigende Richtung einnehmen wird, bis wir im Juni zum Monate der höchsten Milcherzeugung im Jahre kommen. Die im städtischen Fuhramt eingerichtete Milchwirtschaft, die zur rechten Zeit ins Leben gerufen wurde, hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, daß ernste Störungen in unserer Milchversorgung bisher verhütet wurden. Die dort gewonnene Milchmenge beläuft sich augenblicklich auf 500 Liter täglich.
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Kriegsküchen.
Speisezettel für die Zeit vom 5. März bis 11. März: Montag: Weiße Bohnensuppe mit Kartoffeln und Schweinerippchen. Dienstag: Nudeln mit Mischobst. Mittwoch: Pichelsteinerfleisch. Donnerstag: Sauerkraut mit Kartoffeln. Freitag: Hering, Kartoffeln mit Tunke. Samstag: Steckrüben mit Schweinefleisch: Sonntag: Grüne Bohnen mit Kartoffeln.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn.“)