Samstag, 17. März 1917

       

Anzeige im General-Anzeiger vom 17. März 1917Volksbelehrungsabend. Am morgigen Sonntag findet im Stadttheater ein Vortrag über „Deutsches Schwert und deutsches Geld“ statt. Der Vortrag, der auf die Fragen: Was kostet uns und unseren Feinden der Weltkrieg, wie werden die ungeheuren Summen, die er verschlingt, aufgebracht und wodurch unterscheidet sich unsere Art der Kriegsfinanzierung von der unserer Gegner? Antwort gibt, verspricht einen belehrenden und anregenden Abend. Für die musikalische Unterhaltung sorgt die Kapelle des Infanterie-Regiments 160 durch ein reichhaltiges und gutes Programm.

Ein angeblicher Soldat, der sich in der Acherstraße eingemietet hatte, hat einem Schlafgenossen einen Anzug, Hut, Stiefel und Wäsche im Werte von etwa 150 Mark gestohlen. Er ist vermutlich nach Düsseldorf abgereist.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Der Bonner Wochenmarkt war gestern wieder etwas besser beschickt als anfangs der Woche. Außer Spinat und Feldsalat war an Gemüse, wie Krauskohl, Rosenkohl, Sprutengemüse, Wirsing, Rot- und Weißkohl, verhältnismäßig wenig vorhanden. Die Marktpolizei sah auch gestern wieder scharf darauf, daß die Höchstpreise nicht überschritten wurden. Schwarzwurzeln kommen in den letzten Tagen in großen Mengen auf den Markt und werden gerne gekauft, das Pfund wurde gestern durchweg mit 80 Pfg. bezahlt, Holländischer Meerrettich kostete 50 bis 80 Pfg. die Stange, Aepfel 1,20 bis 1,50 das Pfund.
   Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hatte gestern in fast allen Marktprodukten größere Zufuhren als am letzten Hauptmarkttage, besonders in Spinat und Feldsalat. Die Preise waren im allgemeinen dieselben wie anfangs der Woche. Durch die sehr zahlreich anwesenden Händler wurden die Waren im großen flott aufgekauft und war der Markt um 8½ Uhr früh schon fast wieder vollständig geräumt. [...
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(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Die Kriegsküche in der Sandkaule, die wohl in jeder Beziehung als Musterfall ihrer Art anzusprechen ist, hat unstreitig gegenüber ihren Schwesterküchen den Vorteil, daß ihre Abonnenten mit der Essenszubereitung sehr zufrieden sind – nach der stets wachsenden Zahl der Kartenabnehmer, den zufriedenen Gesichtern und vor allem nach den immer leeren Schüsseln zu urteilen. Trotzdem ich mich nicht zur Berufsgattung der Nörgler zähle, möchte ich doch auf einen Umstand aufmerksam machen. Die Küche hat nämlich des öfteren auf ihren Speisezetteln das an sich sehr schön klingende Gericht „Pichelsteiner Fleisch“ zu verzeichnen, trotzdem eigentlich der Name „Pichelsteiner – Gemüse“ gerechtfertigter wäre, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil von Fleisch immer sehr wenig oder fast gar nichts zu finden ist. Dieser Umstand hat auch schon an den betreffenden Tagen, an denen dieses Gericht zur Ausgabe gelangt, verschiedentlich die Frage laut werden lassen, ob es denn heute kein Fleisch gebe, worauf seitens der mit großer Opferfreudigkeit dort ehrenamtlich tätigen Damen die Entgegnung folgte, daß das Fleisch sich schon im Gericht befinde. Der Grund hierfür ist darin zu erblicken, daß das Fleisch etwas zu sehr verkleinert wird. Man möge deshalb in diesem einen Punkte vorbildlich auf die anderen Kriegsküchen der Mittelstadt blicken, in welchen das Fleisch mehr in Würfelform zur Ausgabe gelangt. Da ich annehme, im Sinne vieler Sandkaulen-Abonnenten zu sprechen, wird sicher die bessernde Hand nicht lange auf sich warten lassen, wodurch diesem Gerichte eine wesentlichere Ähnlichkeit mit der Lieblingsspeise unseres Alt-Reichskanzlers Bismarck gegeben würde. J.F-s.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

        

Soldatenfürsorge. Vor nunmehr einem Jahre haben sich eine Anzahl Bonner Bürger zu einem „interkonfessionellen Arbeitsausschuß“ geeinigt und in den Räumen des Gesellenhauses, Cölnstraße 17-19, ein Soldatenheim für die in den hiesigen Lazaretten ihrer Genesung entgegensehenden Soldaten der hiesigen Garnison eingerichtet. An allen Sonntagen und Feiertagen sind dort von 2 Uhr ab Lese- und Schreibzimmer geöffnet; von 5 Uhr ab finden im großen Saale Unterhaltungsabende statt. Der Ausschuß beabsichtigt nunmehr seine Tätigkeiten auszuweiten. Er möchte eine sogenannte Zentral- oder Leitungsstelle schaffen, die auf Ansuchen der einzelnen Lazarette geeignete Kräfte zu Verfügung zu stellen in der Lage ist, die in den Lazaretten selbst Unterhaltungsabende einrichten. Trotz des uns bereits zur Verfügung stehenden größeren Angebots von vortragenden Kräften würden diese bei der erweiterten Tätigkeit natürlich nicht genügen. Der Ausschuß richtet daher an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger, sowie Vereine, welche hierzu in der Lage und geneigt sind, die dringende Bitte, sich an diesem dankbaren Werke der Vaterlands- und Nächstenliebe betätigen zu wollen. [...]

Zwei Ziegen, 15 Hühner und ein Kaninchen sind in einem Gehöft in Dransdorf von Spitzbuben abgeschlachtet und gestohlen worden. Die Tiere sind zusammen wenigstens 450 Mark wert.

Freimarken als Kleingeld. Bei dem Mangel an Kleingeld werden als Aushülfe vielfach Freimarken verwandt. Vielfach kann man die Beobachtung machen, daß die Geschäftsleute wohl Freimarken ausgeben, aber keine in Zahlung nehmen wollen. Wenn die Freimarken auch kein rechtes Zahlungsmittel sind, so sollten die Geschäftsinhaber den Käufern doch keine Schwierigkeiten machen, zumal die Freimarken doch immer wieder verwandt werden können. Viel patriotischer wäre es freilich, wenn die zahlreichen Goldhamster die aufgespeicherten Nickel- und Silbermünzen in den Verkehr brächten.

Die Genossenschaften und die 6. Kriegsanleihe. Für die neue Krieganleihe sind die gewerblichen Kreditgenossenschaften wieder Zeichnungsstellen. Nach den in den Genossenschaften getroffenen Vorbereitungen kann es schon jetzt nicht zweifelhaft sein, daß sie wieder mit einem guten Erfolge abschneiden. Die Ablehnung unseres Friedensangebotes hat auch dem kleinsten „Kapitalisten“ zum Bewusstsein gebracht, daß dieser Krieg nur zu einem schnellen Ende gebracht werden kann, wenn jeder das letzte dem Vaterland zur Verfügung stellt, was er an flüssigen Mitteln besitzt. Die engen Beziehungen der Genossenschaften zu jedem einzelnen ihre Mitglieder werden sich, wie so oft auch hier wieder als wirksamstes Förderungsmittel bewähren.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)