Dienstag, 13. März 1917
Beschlagnahme des Aluminiums. Der Oberbürgermeister hat die Ausführungsbestimmungen zu der Verordnung des Gouverneurs der Festung Köln vom 1. März über die Beschlagnahme, Bestandserhebung und Enteignung von fertigen, gebrauchten und ungebrauchten Gegenständen aus Aluminium erlassen. Danach sind in der Verordnung aufgeführten Aluminiumgegenstände – u. a. alle in den Haushaltungen vorhandenen Aluminiumsachen vom Suppenkessel bis zum Tee-Ei – bis zum 25. März unter Benutzung des vorgeschriebenen Meldescheines dem Oberbürgermeister anzuzeigen. Die Meldescheine können auf dem Rathaus Zimmer 22, Rathausgasse 10/12, in den Dienststunden unentgeltlich in Empfang genommen werden. Ausgenommen von der Beschlagnahme sind mit Aluminium überzogene Gegenstände, die aus einem anderen Metall als Aluminium hergestellt sind. Der Zeitpunkt der Ablieferung und die Sammelstelle zur Entgegennahme der Gegenstände werden bekanntgegeben. Dieser Zeitpunkt ist alsdann unbedingt einzuhalten. Der Uebernahmepreis beträgt für sämtliche beschlagnahmten Gegenstände aus Aluminium 7 Mark für jedes Kilogramm Aluminium ohne Beschläge und 5, 60 Mark für jedes Kilogramm mit Beschlägen. Unter Beschlägen sind Ringe, Stifte, Griffe und Versteifungen aus anderem Material als Aluminium zu verstehen. Das Entfernen der Beschläge vor der Ablieferung ist gestattet.
Die Verordnung greift wieder tief in die wirtschaftlichen Verhältnisse der privaten Haushaltungen ein, denn fast in jeder Küche hat sich dieses leichte, angenehme Metall seit einer Reihe von Jahren eingebürgert. Vielen Hausfrauen wird daher die Beschlagnahme sehr unbequem sein, da sie sich bei den jetzigen hohen Preisen mit anderem Geschirr werden versehen müssen! Das Vaterland verlangt aber auch dieses Opfer. Die gezahlten Preise sind übrigens so bemessen, daß dafür die Aluminiumgegenstände durch andere ersetzt werden können.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Im Liberalen Bürgerverein hielt gestern abend der Professor für Botanik von der hiesigen Universität, Herr Dr. Küster, vor einer sehr zahlreichen Zuhörerschaft in der Lese einen zeitgemäßen Lichtbildervortrag über „Kriegsgemüse, die Nutzbarkeit der einheimischen Pflanzenwelt“. Der Redner beleuchtete die Möglichkeit. Sich kostenlos unseren Gemüsespeisezettel viel reichhaltiger, abwechselungsreicher und auskömmlicher zu gestalten durch unsere eigene Sammeltätigkeit. Es existieren viele Arten wildwachsender Pflanzen, die bisher noch nicht einmal als Viehfutter verwertet worden seien, die aber einen hohen Wert an Nährstoffen, namentlich an Stärke und Zucker, auch Fett und Eiweiß besäßen und zwar vorwiegend in den jungen Blättern. In geeigneter Weise zubereitet, bildeten sie recht schmackhafte Gemüse, Salate und Kompotte. Diese sogenannten Unkräuter führte Redner in anschaulichen Lichtbildern vor mit jedesmaligen gemeinverständlichen kurzen Erläuterungen. Zu nennen sind: Brennessel (Spitzen als Spinat), Löwenzahn (junge Blätter als Salat), Ackermelde oder Gänsefuß (als Gemüse und die Früchte als Hühnerfutter), Giersch oder Ziegenfuß (wie Spinat), Kümmel, alle Distelarten (Blätter als Gemüse, unreife Köpfe als Artischocken); Beinwell oder Symphytum (als Suppengemüse), wilder Hopfen (wie Spargel), alle Arten Sauerampfer, Wiesenschaumkraut (als Salat). Mit Klee will Redner in diesem Sommer eingehendere Versuche anstellen. Als kompottliefernde Pflanzen führte er Holunder (Blüten und Beeren) und Eberesche oder Vogelbeerbaum vor. Einen Vortrag über die Pilze als Kriegsgemüse behielt sich Redner einer späteren Zeit vor. Die Versammlung dankte für die sehr anregend verlaufenden Belehrungen mit reichem Beifall.
Groß-Bonn gab gestern wieder einmal den Verwundeten unserer Lazarette eine Sondervorstellung. Die ausübenden Künstler und Künstlerinnen fanden wie immer in den Feldgrauen ein dankbares Publikum. Namentlich war es der Universalkünstler Carl Scherber, der die Soldaten durch seine Vorführungen in der Gedächtniskunst, als Zauberer, Schnellmaler, Handschattenspieler usw. zu lautem Beifall hinriß. Auch die übrigen Nummern des abwechselungsreichen Programms fanden bei den feldgrauen Gästen gebührende Anerkennung.
Ein Halbfuderfaß mit Weißwein wurde gestern vormittag in der Kasernenstraße beim Abladen so schwer beschädigt, daß sich der größte Teil des köstlichen Fasses auf die Erde ergoß. In Schüsseln und Tellern versucht man noch zu retten, was zu retten war, aber es war nicht mehr viel, das auf diese Weise aufgefangen werden konnte. Schade um den schönen und heute doppelt und dreifach teuren Tropfen!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zeichnet die sechste Kriegsanleihe
Die Kriegsopfer für alle Völker abzukürzen, hat Kaiserliche Großmut angeregt.
Nun die Friedenshand verschmäht worden ist, sei das deutsche Volk aufgerufen, den verblendeten Feinden mit neuem Kraftbeweis zu offenbaren, daß deutsche Wirtschaftsstärke, deutscher Opferwille unzerbrechlich sind und bleiben.
Deutschlands heldenhafte Söhne und Waffenbrüder halten unerschütterlich die Wacht. An ihrer Tapferkeit wird der frevelhafte Vernichtungswille unserer Feinde zerschellen. Deren Hoffen auf ein Müdewerden daheim muß aber jetzt durch eine neue Kriegsanleihe vernichtet werden.
Fest und sicher ruhen unsere Kriegsanleihen auf dem ehernen Grunde des deutschen Volksvermögens und Einkommens, auf der deutschen Wirtschafts- und Gestaltungskraft, dem deutschen Fleiß, dem Geist von Heer, Flotte und Heimat, nicht zuletzt auf der von den deutschen Truppen erkämpften Kriegslage.
Was das deutsche Volk bisher in kraftbewusste Darbietung der Kriegsgelder vollbrachte, war eine Großtat von weltgeschichtlich strahlender Höhe.
Und wieder wird einträchtig und wetteifernd Stadt und Land, Arm und Reich, Groß und Klein Geld zu Geld und damit Kraft zu Kraft fügen – zum neuen wuchtigen Schlag.
Unbeschränkter Einsatz aller Waffen draußen, aller Geldgewalt im Inneren.
Machtvoll und hoffnungsfroh der Entscheidung entgegen.
Einen herrlichen Frühlingstag, den ersten nach dem langen, strengen Winter, hatten wir am gestrigen Sonntag. Alt und jung lockte der warme Sonnenschein hinaus ins Freie. Die elektrischen Bahnen nach Königswinter und Mehlem waren in den Nachmittagsstunden durchweg gut besetzt, zum Teil sogar überfüllt. Außerdem zog eine große Zahl Menschen nach dem Kreuzberge sowie nach dem Venusberge, wobei sie die schlechten, aufgeweichten Wege nicht zurückschrecken konnten. Der herrliche Tag wurde ausgenutzt. Das konnten Godesberg und Königswinter bemerken. Beide waren stark besucht, fast wie im Sommer. Hoffentlich hält das warme Wetter auch weiterhin an, damit mit der Feldarbeit rüstig begonnen werden kann.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)