Dienstag, 6. März 1917

    

Um wollene Strümpfe zu schonen, gibt es ein recht einfaches und billiges Mittel. Man nehme ein Viertel Löffel Talkum und schütte ihn in die bereits angezogenen Stiefel, nachdem man die hintere Strippe zurückgebogen hat. während das Innere der Stiefelsohle dadurch sozusagen geebnet wird, wird die Wolle ebenfalls reibungsloser. Infolge dieses Mangels an „Reibungsflächen“ wird das Zerreißen der Strümpfe vermieden. Mit einem Vorrat von Talkum für 10 Pfg. dürfte man etwa sechs Wochen auskommen. Die mit diesem Verfahren erzielte Ersparnis an Stoffwolle kann man auf 80 v. H. veranschlagen.

Der Winter hat seine Herrschaft, die man schon überwunden zu haben hoffte, noch einmal von neuem angetreten. Nachdem die beiden Vortage wieder empfindlichen Frost gebracht hatten, begann gestern nachmittag ein starker Schneefall, der die Landschaft in kurzer Zeit mit einer Schneedecke überzog.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Marmelade. Wie wir aus der Zeitung ersehen, steht wieder keine Marmelade in kommender Woche auf dem Programm. Es ist schon die dritte Woche. Was soll blos eine arme Arbeiterfrau, deren Mann von Anfang an im Felde steht, ihrem Haufen kleiner Kinder aufs Brot schmieren? So begütert, um mit der Bahn stundenlang zu fahren und die Krautfabriken aufzusuchen, sind viele nicht, auch ist keine Zeit dazu da. Und wie wehe es einer Mutter tut, wenn sie den Kindern immer wieder trocken Brot muß vorlegen, wird wohl manche Frau wissen. Selbst will man gerne das Brot trocken essen, aber die Kinder jetzt mit trocken Brot zur Schule schicken, wo sie besser begüterte Mitschülerinnen um ihre beschmierten Stullen beneiden, das könnte doch vermieden werden, wenn die Stadt die Marmelade aufkaufte, die Eimerweise von den Leuten in den Fabriken geholt wird, und jede Woche ein wenig austeilte. Mehrere Kriegerfrauen mit Kindern.

Kriegsküche (Universität). Der Speisezettel von Samstag lautete: „Gemüsesuppe“. Im Grunde genommen war dieselbe sehr gut. Nur wäre zu wünschen daß die Kartoffeln, die in der jetzigen Zeit sehr selten sind, wenigstens gar gekocht würden. Dann könnte doch die liebe Kriegsküche auch das Gemüse ein wenig waschen, damit der Sand nicht fühlbar ist. Wenn es auch heißt: „Dreck schürt den Magen!“ Hoffentlich bessert sich die Kriegsküche (Universität). Ein von Anfang an sehr zufriedener Gast.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

    

2. Rheinischer Landfrauentag. In der gestrigen Versammlung sprach Bürgermeister Zander aus Godesberg über die wichtigsten kriegswirtschaftlichen Maßnahmen, erklärte und begründete sie aus unserer wirtschaftlichen Lage. Alle staatliche Regelung müsse versagen, wenn nicht die verständnisvolle freiwillige Mitwirkung der Bevölkerung zu Hilfe komme, und jeder Deutscher davon durchdrungen sei, daß diese Mitwirkung ebenso wichtig für das Vaterland sei, wie der Kampf an der Front. Das Hindenburgprogramm lasse sich noch immer nicht genau durchführen, und die freiwilligen Ablieferungen für die Hindenburgspende seien trotz der großen Gesamtzahlen noch gering, dagegen blühe der Verkauf der Landwirte an die hamsternden Stadtbewohner und der übrige Schleichhandel. Weiteste Kreise auf dem Lande hätten den furchtbaren Ernst der Lage noch nicht erfaßt, sie lebten wie im Frieden und könnten nicht verstehen, daß die Not in den Städten so groß sei. Durch Aufklärung müsse der Landbevölkerung die Riesengröße ihrer Verantwortung zum Bewußtsein gebracht werden. [...]

(Deutsche Reichs-Zeitung)