Sonntag, 11. Februar 1917
Städtisches Gymnasium und Realgymnasium. Der Direktor entbietet Lehrer und Schüler des Gymnasiums „zur Erteilung bezw. zum Empfang von Anordnungen und Ratschlägen für die Ausnutzung der bis 19. d. M. verlängerten Notferien“ auf Montag mittag 12 Uhr in das Schulgebäude.
Gesellschaft für Literatur und Kunst. Die für diesen Monat geplanten Veranstaltungen, Vortrag wie Ausstellung, können infolge der Zeitverhältnisse nicht stattfinden. Wenn möglich, soll der nächste Vortrag am 9. März gehalten werden. Der Vertreter der neueren Geschichte an der Berliner Hochschule, Geheimrat Friedrich Meinecke, wird über „Geistige und soziale Wandlungen im deutschen Volksleben seit 1871“ sprechen.
Steckrüben. Das städtische Lebensmittelamt teilt mit: In dieser Woche werden auf Warenkarte 196 sechs Pfund Steckrüben und außerdem für Schwerarbeiter auf Warenzusatzkarte 9 weitere drei Pfund Steckrüben abgegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Was die Kriegsküche an der Maxstraße diese Woche gekocht hat, - hat es wohl allen Besuchern geschmeckt? Wir können es mit einem „Ja!“ beantworten und betrachten noch einmal den Speisezettel für diese Woche, um Abschied zu nehmen von der Gemüsesuppe, Nudeln mit Mischobst, Pichelsteinerfleisch, Steckrüben mit Hämmchen, Graupensuppe, Rotkohl mit Schmorbraten, dem wir leider am gestrigen Samstag zurufen mußten: „Schmorbraten wo bist Du?“ – Er gab keine Antwort! Sicherlich hat sich mancher auf dieses vornehme Gericht gefreut, „aber“ und „wenn“, ja wenn’s nicht die beiden Wörtchen gäbe – wär doch alles vollkommen auf unserer lieben Mutter Erde – und sicherlich auch die Kriegsküchen der Stadt Bonn.
Mit einigen Soldaten aus dem Felde, die ebenfalls von der Kriegsküche an der Maxstraße aßen, kam ich in ein Gespräch, das auf ein Lob der Gemüsesuppe endete. Dem gegenüber ein unerfreuliches Bild: Ein junger Mann, dem das Essen am Montag anscheinend nicht mundete, schüttete den ganzen Inhalt unter die Bank. Vielleicht wird er einmal draußen im Felde recht an das Ausschütten der Gemüsesuppe zurückdenken!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 10. Februar. Die abnorme und anhaltende Kälte hat zwischen den Krippen des diesseitigen Rheinufers großzügige Eisbahnen geschaffen, auf denen gegenwärtig dem Schlittschuhlaufen viel gehuldigt wird. Die Wasserleitungen in den Wohnhäusern haben in der jetzigen Frostperiode überaus stark gelitten. Trotz angewandter Schutzmittel und sorgsamer Behandlung ist das Eingefrieren der Leitungen zu einem allgemein gehörten Klagelied geworden. Viele Haushaltungen müssen weite Wegstrecken machen, um ihren Wasserbedarf aus anderen Häusern sich heimzuschleppen. In der evangelischen Kirche mußte am verflossenen Sonntag der Frühgottesdienst ausgesetzt und der Hauptgottesdienst in den Saal des Gemeindehauses verlegt werden, weil die strenge Kälte Störungen in die Zentralheizung der Kirche gebracht hatte. Die höheren Schulen und die Volks-Schulen, Konzert- und Versammlungssäle usw. sind auch hier am verflossenen Donnerstag bis auf weiteres wegen Kohlenmangels geschlossen worden. Der durch die Anordnung des Generalkommandos verfügte Zehnuhrschluß der Wirtschaften hat für die Bürgermeisterei Godesberg insofern keine Bedeutung, als hier der Zehnuhrschluß für die Wirtschaften aller Art seit Neujahr eingeführt ist. Bei der großen Knappheit an Brennstoffen hat der Bürgermeister neuerdings die öffentliche Aufforderung an die Bevölkerung gerichtet, sich nicht reichlicher mit Heizmaterial zu versehen, als es dem Bedarf für acht Tage entspricht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)