Mittwoch, 31. Januar 1917
Das Treibeis des Rheins hat in den letzten Tagen stark zugenommen. Der Rhein führt jetzt nicht nur Schaumeis, auch große, feste Schollen schwimmen auf der ganzen Breite des Stromes. An Stellen, wo die Strömung nur gering ist, wie hinter den Wellenbrechern, hat das Wasser bereits eine feste Eisdecke. Die Schiffahrt ist fast ganz eingestellt.
Seide und Seidenabfälle. Mit dem 31. Januar 1917 tritt eine Bekanntmachung über Beschlagnahme und Bestandserhebung von rohen Seiden und Seidenabfällen aller Art in Kraft, durch die sämtliche vorhandenen, anfallenden und noch weiter eingeführten rohen Seiden und Seidenabfälle aller Art beschlagnahmt werden. Die Beschlagnahme erfasst die Seiden auch in gerissenem Zustand, sowie gemischt mit Baumwolle, Wolle und Kunstseide oder irgendwelchen anderen Spinnstoffen und die aus ihnen oder ihren Mischungen hergestellten Züge, ferner die beim Spinnen, Zwirnen und Weben anfallenden Abgänge. Trotz dieser Beschlagnahme ist die Veräußerung und Lieferung der beschlagnahmten Gegenstände an die Kriegswollbedarfs-Aktiengesellschaft, Berlin S. V. 48, Verlängerte Hedemannstraße 2-6, erlaubt. Ebenso bleibt die Verarbeitung der Gegenstände gestattet, sofern es sich um die Erfüllung von Aufträgen bestimmter Stellen handelt, die in der Bekanntmachung näher bezeichnet sind oder die Verarbeitung mit Zustimmung der Kriegs-Rohstoff-Abteilung des Kriegsamtes des Königlich Preußischen Kriegsministeriums erfolgt. Die von der Bekanntmachung betroffenen Gegenstände unterliegen auch, sofern die Gesamtmenge bei einer Person mindestens 20 Kilogramm beträgt, einer monatlichen Meldepflicht an das Webstoffmeldeamt der Kriegs-Rohstoff-Abteilung. Die erste Meldung hat für den Bestand vom 1. Februar bis zum 10. Februar auf den vorgeschriebenen Meldescheinen zu erfolgen. Außerdem ist auch die Führung eines Lagerbuches, aus dem jede Aenderung in den Vorratsmengen und ihre Verwendung ersichtlich sein muß, angeordnet worden.
Gleichzeitig ist eine Bekanntmachung über Höchstpreise für rohe Seiden und Seidenabfälle aller Art in Kraft getreten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eine Musterung der Kriegsunbrauchbaren (nicht Gedienten) findet für den Stadtbezirk Bonn in den Tagen vom 5. bis einschließlich 13. Februar, vormittags 9 Uhr, im Kölner Hof statt. Die Gestellungspflichtigen (es kommen vom 8. September 1870 bis einschließlich 1898 Geborene in Frage) werden durch besondere Vorladung zur Musterung aufgefordert. Wehrpflichtige, die bis zum 3. Februar keine Vorladung erhalten haben, müssen sich im Militärbureau, Rathausgasse 26, melden. Näheres ist aus einer Bekanntmachung in der vorliegenden Nummer zu ersehen.
Treuegelöbnis unserer Studentenschaft. Wenn der Aufruf S. Majestät in allen deutschen Herzen lodernden Widerhall gefunden, so steht die deutsche Studentenschaft wohl hierin an der Spitze. Die Berliner Studentenschaft hatte aus diesem Anlasse ein Rundschreiben an die Vertreterversammlungen sämtlicher deutscher Hochschulen erlassen mit der herzlichen Einladung, am vergangenen Mittwoch, 24. Januar den Majestäten ihre Huldigung darzubringen und zwar durch einen Fackelzug. Abordnungen von mehreren deutschen Hochschulen waren mit Banner und Fahne nach der Reichshauptstadt geeilt, um sich an dieser patriotischen Feier zu beteiligen. [...]
Bonner Vertreter waren: Die Vorsitzende: Alania, die Burschenschaften: Alemannia, Frankonia, Ripuaria, Evang. theol. Verein, Klass. Philos. Verein, Math. Naturw. Verein, Arminia, Makaria Nassovia, Vereinig. kath Theologen, Hilarias Studentinnen-Verein D. A. F., Deutsch-Akad. Freischar.
Nach dem Fackelzug fand ein Festessen der Wichschargierten statt, bei welchem die Berl. Studentenschaft in beständige Hochrufe auf die Bonner Vertreter ausbrach.
Gleichzeitig sandte der Vorsitzende der Vertreter-Versammlung der Bonner Studentenschaft ein Huldigungstelegramm an S. M., das folgenden Inhalt hatte:
S. Majestät den Deutschen Kaiser.
Großes Hauptquartier.
Die Vertreter-Versammlung der Bonner Studentenschaft legt untertänigst zu Füßen Ew. Majestät das Gelöbnis unverbrüchlicher Treue und eifrigster Pflichterfüllung bis zum siegreichen Ende nieder.
Die Bonner Studentenschaft empfindet es schmerzlich, daß sie bei dem Fackelzuge im Berlin nicht Gelegenheit hatte, Ew. Majestät persönlich zu huldigen.
Untertänigst H. H. Roth,
Vorsitzender der Vertreter-Versammlung
Rheinischer Landfrauentag. Die Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz wird in diesem Jahre mit der Unterstützung der großen Frauenvereine der Provinz in der Zeit vom 4. bis zum 7. März in den Räumen des Bonner Bürger-Vereins in Bonn wiederum den rheinischen Landfrauentag veranstalten. Die Eröffnungssitzung am Sonntag, den 4. März, wird die Frage behandeln: „Was fordert das Vaterland von der Landfrau im dritten Kriegsjahr.“ Der Montag wird im einzelnen den wirtschaftlichen, der Dienstag den sozialen Aufgaben gewidmet sein. Außerdem werden am Dienstag nachmittag die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Stadt und Land durch Vorträge berufener Vertreter beider Interessengruppen erörtert werden. Ferner findet je eine Sonderversammlung für Lehrerinnen und Sozialbeamtinnen statt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Schlittschuhlaufen an gefährdeten Plätzen. Warum läßt man den Kindern nicht das harmlose Vergnügen, auf dem Poppelsdorfer Weiher Schlittschuh zu laufen und Bahn zu schlagen. Statt dessen patrouilliert täglich zwei bis drei Mal ein Polizist auf und ab um die Kinder zu verjagen. Gestern wurde sogar der ganze Weiher von oben bis unten mit Asche bestreut und heute hackt man sogar tiefe Löcher, bis das Wasser hindurchscheint. Wozu erhalten die Kinder denn eigentlich „Eisfrei“, die wenigsten Eltern sind jetzt in der Lage, ihren Kindern täglich 0,25 Mk. zu geben um zum Sportplatz zu gehen; und geschlittet wird doch, wenn nicht auf dem Weiher, dann auf der Straße und auf den Bürgersteigen, und hier sollte die Polizei lieber Asche streuen lassen, damit die Erwachsenen nicht zu Fall kommen.
Man lasse doch den Kindern den Weiher, und ich glaube im Sinne aller Eltern zu sprechen, die ihre Kinder sich lieber warm auf dem Eise tummeln sehen, als jetzt, bei der bitteren Kohlenot, frierend in kaum erwärmten Zimmern. Zudem ist unserer Bonner Jugend so selten ein richtiger Winter beschieden, da hier in Bonn doch meistens Tauwetter ist. Eine Kinderfreundin.
(Anm. der Schriftl. Wir geben der Zuschrift gerne Raum, müssen aber bemerken, daß der Universitätsfiskus offenbar keine Verantwortung für etwaige Unglücksfälle tragen will und daher vorbeugende Maßnahmen trifft. Daß übrigens die Beueler Polizei das Schlittschuhlaufen am rechten Rheinufer gegenüber der Ersten Fährgasse duldet, erscheint uns recht auffällig. Dort ist die Gefahr angesichts des offenen Wassers des Rheins ungleich größer als auf dem Poppelsdorfer Weiher.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Liefert die Fahrrad-Bereifungen ab! Da noch immer Besitzer von Fahrrad-Bereifungen mit der Abgabe im Rückstand sind, wird nochmals darauf hingewiesen, daß die Frist zur freiwilligen Abgabe nur noch bis zum 5. Februar 1917 verlängert ist. Es wird dabei besonders bemerkt, daß alle gemeldeten Bereifungen bis zum obigen Termin abgegeben werden müssen. Die Ablieferer erhalten bei der freiwilligen Abgabe noch den vollen festgesetzten Preis, der sofort ausgezahlt wird. Nach der freiwilligen Abgabe wird zur Enteignung geschritten und die dann zu zahlende Vergütung bedeutend niedriger ausfallen.
Frostschutz für Wasserleitungen. Wegen der anhaltenden Kälte wird wiederholt darauf hingewiesen, daß es nötig ist, Wassermesser und Wasserleitungen vor Frost zu schützen. Fenster von Räumen mit Wasserleitungen müssen geschlossen und nötigenfalls abgedichtet werden. Die Wasserleitungen im Hause sollen, soweit sie nicht frostfrei liegen, für die Nacht abgesperrt und entlehrt werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)