Sonntag, 28. Januar 1917

     

Kaisersgeburtstag
   Der Geburtstag unseres Kaisers wurde gestern, der ernsten Zeit entsprechend, schlicht, aber herzlich gefeiert. Viel mehr als sonst wehten auch von den Privathäusern die deutschen und preußischen Fahnen, vielfach zusammen mit Wimpeln in den Farben unserer Verbündeten. In den Schulen fiel der Unterricht aus. In den Gotteshäusern aller Bekenntnisse fanden Festgottesdienste statt, an ihnen nahmen auch die Truppen, die Verwundeten aus den Lazaretten und die Abordnungen der Krieger- und Militärvereine mit ihren Fahnen teil.
Die Universität
feierte den Geburtstag des Kaisers, wie alljährlich, in der Mittagsstunde mit einem akademischen Festakt. Er war so zahlreich besucht, daß die mit Blattpflanzen geschmückte Aula die Gäste kaum zu fassen vermochte. Sieben Studentenverbindungen hatten je einen Chargierten mit der Fahne entsandt, die Vereine der Studentinnen hatten fünf offizielle Vertreterinnen geschickt. [...]
   Alsdann nahm der Festredner, Professor Fitting, das Wort. Die eiserne Zeit habe das deutsche Volk fester denn je mit seinem Kaiser verbunden und den Kaiser selbst dem Geringsten im Volke menschlich nahe gebracht. Niemals habe das deutsche Volk mit wärmeren und innigeren Wünschen seinen Kaiser in ein neues Lebensjahr begleitet, wie diesmal. Freudiger als je müssen wir uns als Deutsche zu Kaiser und Reich bekennen. [...] Professor Fitting faßte zum Schluß die heißen Wünsche für Kaier und Vaterland in eine Kaiserhoch zusammen, in das alle Anwesenden begeistert einstimmten. Unter den Klängen des Torgauer Marsches verließ dann der Lehrkörper wieder die Aula.
Auf der Hofgartenwiese
Versammelten sich gegen Mittag nach den Festgottesdiensten die Offiziere und Unteroffiziere der Garnison sowie die Krieger- und Militärvereine. Der Garnisonsälteste, Generalleutnant Exzellenz v. Boetticher, wies in einer Ansprache auf das Friedensangebot unseres Kaisers, seine Ablehnung durch die Feinde und die sich daraus ergebende Notwendigkeit hin, den Frieden durch weitere Siege zu erzwingen. Die Ansprache schloß mit einem Hurra auf den Kaiser. Es folgte die übliche Paroleausgabe. Dann konzertierte noch eine Weile die Musikkapelle des Ersatzbataillons.
   Zur Feier von Kaisersgeburtstag läuteten um 12 Uhr die Glocken der evangelischen Kirche am Kaiserplatz und der Münsterkirche. [...]

Städtische Verkaufsstellen für Briketts werden nächsten Dienstag eröffnet. Wir verweisen auf die heutige Bekanntmachung des Oberbürgermeisters.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Auszeichnung. Herrn Oberbürgermeister Spiritus ist das Eiserne Kreuz 2. Klasse am weiß-schwarzen Bande verliehen worden.

Auf dem Bonner Wochenmarkt hatten sich gestern wieder nur etwa fünf bis sechs Verkäuferinnen eingefunden, darunter keine Züchter. Grüngemüse war überhaupt nicht zu haben, nur etwas Aepfel, Sellerie, Breitlauch und Kohlrabien. Die vorhandenen Vorräte waren selbstverständlich in kurzer Zeit ausverkauft.
   Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz war am gestrigen Hauptmarkttag fast keine Zufuhr. Grüngemüse war auch hier in nur ganz kleiner Menge zu haben. Im ganzen waren etwa acht Verkäuferinnen erschienen, die aber ihre Waren meistens gar nicht auszupacken brauchten, da sie von den Händlern sofort erstürmt wurden.
   Der städtische Verkauf hatte gestern morgen an seinen Verkaufsständen auf dem Wochenmarkt Tafeln angebracht, mit der Aufschrift, daß der Gemüse-, Obst- und Fisch-Verkauf des Frostwetters wegen bis auf weiteres nachmittags von 3 Uhr ab auf dem Marktplatz stattfindet. Der Fischverkauf findet außerdem noch morgens in dem Gebäude auf der Franziskanerstraße Nr. 8 statt. [...]

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Kaisersgeburtstag.
Dank des Kaisers auf das Huldigungstelegramm der Stadt Bonn.
Oberbürgermeister Spiritus Bonn.
Meinen herzlichen Dank für die Glückwünsche und das Treuegelöbnis der Bürgerschaft Bonns.
Wilhelm R.
Der 3. Kriegsgeburtstag unseres Kaisers wurde wie im Vorjahre dem Ernste der Zeit entsprechend begangen. Die öffentlichen und fast alle Privatgebäude trugen Flaggenschmuck. Die Angehörigen der Garnison wurden in die Kirchen ihrer Konfession zu Festgottesdiensten geführt. In der Münsterkirche fand ein feierliches Hochamt statt, bei dem Dechant Böhmer die Festpredigt hielt. Das deutsche Volk feiert heute den Geburtstag unseres Kaisers mit besonderem Dank gegen Gott, der uns in ihm einen so hochherzigen, weisen und religionstreuen Monarchen geschenkt hat. Diese herrlichen und segensreichen Eigenschaften im Charakter unseres geliebten Landesherrn treten so recht zu Tage bei seiner erhabenen Tat des Friedensangebots an die feindlichen Staaten. In einem Augenblicke, wo er als Sieger auf allen Fronten glänzend dasteht, wo insbesondere das zuletzt auf dem Plan erschienene treulose Rumänien die niederschmetternsten Schläge erhalten hat, da ist er derjenige, der seinen Feinden die Hand zum Frieden bietet, obgleich er überzeugt sein muß, daß, wenn die Feinde einwilligen, man ihnen jedenfalls annehmbarere Friedensbedingungen zubilligen mußte, als wenn sie, zerschmettert am Boden liegend, selbst um Frieden bitten müßten. Eine Tat der Weisheit und Klugheit ist dieser Akt, weil als unausbleibliche Folge dieses Angebots die Feinde offenkundig vor aller Welt nunmehr ihr wahres Gesicht zeigen mußten, ihre Kriegsziele und Absichten; aus der mehrwöchigen Verzögerung ihrer Antwort geht deutlich hervor, wie verlegen sie um eine Antwort waren und wie viel Mühe es sie kostete, alle die Wünsche der zehn Verbündeten unter einen Hut zu bringen. Ist daher auch die Friedenshand schnöde abgewiesen, so ist doch eins erreicht, - wir sehen nun klar die Niedertracht und Eroberungsgier unserer Feinde, die sie bisher mit heuchlerischen Redensarten zu verbergen wußten und sogar uns in die Schuhe schieben wollten. Der dritte und edelste Zug, den das Friedensangebot unseres Heldenkaisers zeichnet, ist seine tiefe Religiosität, aus der heraus ein starkes Verantwortlichkeitsgefühl ihn antrieb, den Schritt zu tun, um, soviel an ihm liege, dem entsetzlichen Blutvergießen ein Ziel zu setzen, ob sich ihm gleich von vornherein die Gewißheit aufdrängte, daß Spott und schnöde Abweisung ihm zuteil würden, ja, man sich sogar nicht entblöden würde, seiner Absicht die gemeinsten und niederträchtigsten Motive unterzuschieben, wie es ja in der Tat auch geschehen ist. Der Mann aber, der von hoher Warte aus das Heil der Völker überwacht, unser hl. Vater in Rom, hat das herrliche Wort gesprochen: „Gesegnet sei die Hand, die in diesem entsetzlichen Kriege zuerst den streitenden Nationen den Oelzweig des Friedens darreicht!“ Diese gesegnete Hand ist die des deutschen Kaisers, die, wenn Gott weiter mit uns ist, wohl geeignet sein dürfte, der ganzen Welt den Frieden zu diktieren. Und schon macht dieser Segen sich bemerkbar, indem das deutsche Volk, Militär wie Bürgerschaft, noch enger sich zusammenschließt, um wie ein Block aus Stahl allen Anfeindungen Trotz zu bieten, die uns der Himmel zum endgültigen Siege verhilft. Ein kräftiges Gebet für unseres hohen Landesherrn und unseres ganzen Vaterlandes Wohl beschloß die herrlichen Worte des Redners.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)