Dienstag, 23. Januar 1917
Dr. Edelstein †. In verhältnismäßig jungen Jahren, noch nicht Mitte der 40er, starb Sonntag nacht nach nur zweitägigem Krankenlager der praktische Arzt Dr. Emanuel Edelstein. Seit einer Reihe von Jahren praktizierte er zuerst in Beuel und dann in Bonn. Er zeichnete sich ebenso sehr durch pflichttreue Liebe zu seinen Kranken wie durch strenge Sachlichkeit und exakte Diagnose aus. Als Mensch human im wahren Sinne des Wortes, lebte und webte er nur für seine Kranken. Unermüdlich im Beruf, ist er schließlich ein Opfer desselben geworden. Als er aus dem fernen Osten zurückkam, wohin ihn der Dienst des Vaterlandes gerufen hatte, war seine Gesundheit schon auf das bedenklichste erschüttert, und trotz der sorgfältigsten Pflege und einer längeren Ausspannung wollten die alten Kräfte nicht wieder zurückkehren. Er war dann längere Zeit in Rolandseck im Reservelazarett tätig, wo seine Liebe und sein warmes Herz den Soldaten ebenso freudig entgegenschlug wie auch seinen anderen Kranken. Auch dort wird man sein Wirken aufs schmerzlichste vermissen, zumal sein Tod ganz unverwartet kam. Auch für die israelitische Gemeinde ist sein Hinscheiden ein großer Verlust. Wo es galt, für seine Glaubensgenossen einzutreten, war er mit Rat und Tat bei der Hand. Ueberall war er bestrebt, die Interessen des Judentums in Wort und Schrift zu fördern. Das Andenken Dr. Edelsteins wird in der Stadt und in seiner Gemeinde noch lange erhalten bleiben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Ernährungsfrage.
Das Kriegsernährungsamt gibt heute bekannt, daß die Ernährungsschwierigkeiten behoben werden können durch immer sorgfältigere und gerechtere Verteilung der verfügbaren Gesamtmenge und durch Einschränkung des Gesamtverbrauchs.
Es ist deshalb nicht unbillig, wenn wir an diejenigen Kreise unserer Bürgerschaft, die in ihren Kellern und Vorratskammern noch reiche Vorräte an Fleischwaren, Konserven und frischen Gemüsen haben, die Bitte richten, die städtischen Warenkarten möglichst unbenutzt zu lassen und den städtischen Verkauf nicht aufzusuchen. Die Kontrolle hierüber ist ja ungemein schwierig, um so mehr sollte hier die Ehrenhaftigkeit und die Vaterlandsliebe der beteiligten Kreise von entsprechendem Einfluß sein.
10 Grad Kälte. Vergangene Nacht sank das Thermometer im Innern der Stadt auf 10 Grad Celsius unter Null.
Die Eisbahn auf dem städtischen Sportplatz am Bonnertalweg ist eröffnet und erfreut sich eines lebhaften Zuspruches der Freunde des Eissports. Alles, was nicht im Gebirge weilte, um dem Rodelsport zu huldigen, nutzte gestern die sich zum ersten Male in diesem Winter bietende Gelegenheit zum Schlittschuhlaufen aus. Farbige Sportkostüme der Damen und flotte Sportanzüge der Herren gaben der Bahn ein buntes und lebhaftes Bild. Neben guten Durchschnittsläufern sah man vereinzelt Kunstläufer, die über ein hervorragendes Können verfügten. Daneben beobachtete man Anfänger, die den Fuß zum ersten Male aufs Eis setzten und öfters mit der glatten Fläche in unsanfte Berührung kamen. Trotz des starken Besuches herrscht auf der Bahn eine musterhafte Ordnung, sodaß der Besuch den Freunden des Eissportes einen wahren Genuß bietet. Bei dem anhaltenden starken Frostwetter ist wohl zu erwarten, daß dem künstlichen Eisplatz, der gegenüber dem natürlichen den Vorzug der Ungefährlichkeit hat, noch eine längere Lebensdauer beschieden ist. Die Eisbahn ist bei günstiger Witterung bis auf weiteres vormittags von 8 – 1 und nachmittags von 3 Uhr bis zum Eintritt der Dunkelheit geöffnet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 23. Jan. Die hiesige Speisegemeinschaft trat mit dem gestrigen Tage ins Leben. Verpflegt werden gegenwärtig im ganzen 600 Personen, 100 aus der Godesberger Bürgerschaft und 500 Mannschaften aus den Reservelazaretten. Die Lazarettinsassen erhalten auch die Abendbeköstigung, während das Frühstück und der Nachmittagskaffee ihnen von den einzelnen Lazaretten geliefert werden. Da die Mittagsmahlzeiten an Ort und Stelle eingenommen werden können, mußten die Räumlichkeiten im ehemaligen Hotel Hüttenrauch freigemacht werden. Die Verkaufsstelle des Volksspeisehauses siedelte deshalb nach Bürgerstraße 8 über, wo bisher die Verpflegungskarten ausgeteilt wurden, während die Kartenausgabestelle in die erste Etage des Gasthofes zum Stern übersiedelte, wo zu diesem Zwecke geeignete Räumlichkeiten von der Gemeinde angemietet wurden. Mit der gestrigen Eröffnung der ordnungsmäßigen Speisegemeinschaft ist die seit Ende Juni verflossenen Jahres bisher bestandene Einrichtung einer vorläufigen Volksküche aufgehoben worden. Den Lazaretten wird das Essen in besonderen Wagen zugestellt, in welchen es warm gehalten wird. Der Preis für das Eintopfgericht von etwa 1 Liter Inhalt beträgt 60 Pfennig für jeden Einwohner, für Kriegsunterstützte und solche, die eine Bescheinigung des Armenbezirksvorstehers über ihre Bedürftigkeit beibringen, 50 Pfennig. Wird das Essen an Ort und Stelle eingenommen, so ist ein Zuschlag von 10 Pfennig zu entrichten. Die Teilnehmer haben für eine Wochenkarte (= 6 Portionen, da Sonntags nicht gekocht wird) abzugeben: 7 Fleischmarken, die Hälfte der Fett-, Kartoffel- und Lebensmittelkarten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Mehrere Unglücksfälle beim Rodeln ereigneten sich gestern nachmittag im Siebengebirge, besonders auf der Privatstraße des Verschönerungsvereins für das Siebengebirge an der Rosenau. Der Schüler Hoffmann aus Godesberg, dessen Vater z. Zt. Im Felde steht, fuhr mit seinem Schlitten derart gegen einen Baum, daß ihm der Brustkorb eingedrückt wurde und der Tod sofort eintrat. Drei andere Rodler erlitten sehr schwere Verletzungen, sodaß man sie ins Krankenhaus bringen mußte. Ferner sind eine Reihe weiterer Verletzungen leichterer Art vorgekommen.
Allerlei Gerüchte durchwirren seit einigen Tagen wieder unsere Gegend. Saarbrücken, wird gesagt, sei geräumt worden, ebenso sollen andere Orte von der Zivilbevölkerung geräumt worden sein. An diesen Gerüchten ist, wie amtliche Stellen mitteilen, kein wahres Wort. In Saarbrücken wurde gegen mehrere Verbreiter falscher Gerüchte bereits Anklage erhoben. Wir warnen dringend vor der Weiterverbreitung unwahrer Nachrichten. Jeder Verbreiter solcher Nachrichten hat strenge Strafe zu gewärtigen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Oberkassel: Einem hiesigen Einwohner, der, in der Hennefer Gegend von einer erfolgreichen Hamsterreise zurückkehrte, wurden aus einem kleinen Handkoffer 3 Pfund und ein Stück geräucherter Speck gestohlen. Der Diebstahl wurde wahrscheinlich ausgeführt von einem einzelnen Insassen desselben Wagenabteils, als der Bestohlene auf einige Augenblicke dasselbe verlassen hatte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)