Montag, 22. Januar 1917

      

Pastor D. Weber in Bonn hat im Namen des Gesamtverbandes der Evangelischen Arbeitervereine Deutschlands an den Kaiser am 16. Januar folgende Adresse gerichtet: „Ew. Kaiserlichen Königlichen Majestät gestattet sich der ehrerbietigst Unterzeichnete im Namen der 150.000 Mitglieder des Gesamtverbandes der Evangel. Arbeitervereine Deutschlands, der im Felde stehenden wie der älteren, in der Heimat weilenden, den ehrfurchtsvollen, aus tiefstem Herzen kommenden Dank auszusprechen für Ew. Majestät hochherziges Friedensangebot an die Feinde, aber auch für die Antwort, die Ew. Majestät der schnöden Abweisung dieses Friedensangebots haben zuteil werden lassen. Wir geloben Ew. Majestät Treue um Treue und stehen mit dem ganzen deutschen Volk geschlossen hinter Ew. Majestät bis zum Aeußersten und Letzten. An Ew. Majestät Geburtstag werden wir zu Gotte bitten und flehen, daß er in seiner großen Gnade Ew. Majestät Kraft und Geduld, Licht und Weisheit von oben schenken möge, Allerhöchst Ihr Königs- und Kaiseramt in Sieg und Segen weiterzuführen und der teuflischen Verschwörung unserer Feinde mit scharfen Schwerteshieben ein Ende zu machen, auch unseren Hauptfeind England, den Tyrannen der Meere, niederzuringen und niederzuzwingen. Gott segne, schütze und schirme Ew. Majestät und Allerhöchst Ihr ganzes Haus!“

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Wehrbund. Der Abteilung des Kgl. Gymnasiums war folgende Aufgabe zugefallen: Eine Vorpostenkompagnie hat den Waldrand oberhalb von Dottendorf zu sichern, indem sie die 3 auf den Ort führenden Wege besetzt hält. Gegnerische Vortruppen haben die genaue Stellung der feindlichen Vorpostenaufstellung zu erkunden und den Vormarsch auf Dottendorf anzutreten. Das Verhältnis von Verteidigern und Angreifern war 3:2. Die Verteidigung war erfolgreich dank einer genauen Geländekenntnis ihres Führers und geschickter Gruppierung bezw. Umgruppierung. Die Uebung bot insofern etwas neues, als sie die großen Schwierigkeiten kennen lernen ließ, sich in einer tief verschneiten Landschaft zurechtzufinden.

Immer wieder muß man die Geschicklichkeit der Jugend bewundern, wie sie ihren Schlitten zu lenken versteht. Wie die Großen steuern sie, weichen geschickt aus, nehmen die Kurven und bringen mit kleiner Bosheit die Genossen aus der Bahn. Immer wieder muß man die Unempfindlichkeit, selbst der Kleinsten auf der Bahn, bewundern gegen die unvermeidlichen Stürze, Kopfstände, Stöße und Püffe, die niemals unter blauen Malen hergehen. Und immer wieder sieht man mit Staunen, wie Kälte und Nässe und steifgefrorene Glieder mit Gleichmut hingenommen und stundenlang ertragen werden. Selbst schwere Unfälle, wie solche sich gestern an der Rosenau ereigneten, üben keine hemmende Wirkung aus. Es sollen dort zwei junge Leute zu Tode gekommen sein, und zwar ein junger Mann aus Godesberg und ein junger Mann aus Bonn. Ein junges Mädchen erlitt eine Schädelverletzung, der es später erlegen sein soll. Groß und Klein stählt den Mut, erwirbt sich hohe Geschicklichkeit, lernt Strapazen aller Art zu ertragen bei Rodeln. Es ist auch Erziehung zur Tüchtigkeit im Sinne dieser harten Zeit.

Begrenzung des Kerzenverbrauchs. Um eine gleichmäßiger Verteilung sicher zu stellen und übermäßige Preissteigerungen zu verhüten, hat der Reichskanzler eine Verordnung erlassen, nach welcher einzelne Kerzen nur aus den dazu gehörigen Packungen, in der Höchstzahl von drei Stück auf einmal, verkauft werden dürfen. Die Verkaufspreise werden von der Kriegsschmieröl-Gesellschaft m. b. H. in Berlin festgesetzt. Die Kerzenverpackungen müssen an der Außenseite deutlich lesbare Angaben über die Firma und den Ort der gewerblichen Hauptniederlassung des Herstellers enthalten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Die Fürsorge für kriegsbeschädigte Akademiker ist in der Rheinprovinz in der Weise geregelt, daß im Anschluß an die allgemeine Kriegsbeschädigtenfürsorge der Provinzialverwaltung eine Beratungs- und Unterstützungsstelle in Verbindung mit den drei rheinischen Hochschulen, der Universität in Bonn, der technischen Hochschule in Aachen und der Handelshochschule in Köln gegründet worden ist. Die kriegsbeschädigten Akademiker, die Rat und Unterstützung nötig haben, wenden sich an das Rektorat der Universität Bonn, bzw. an das Rektorat der Technischen Hochschule Aachen, bzw. an den Studiendirektor der Handelshochschule in Köln. Die Beratungs- und Unterstützungsstelle hat auch eine Geldsammlung unter den rheinischen Akademikern veranstaltet, die den Betrag von rund 100.00 Mark ergeben hat. Dadurch, sowie durch weitgehende Heranziehung von Spenden und sonstigen Stiftungen ist vorläufig ausreichende Möglichkeit gegeben, in allen Fällen, wo ein Akademiker infolge einer Verwundung oder Erkrankung im Kriege in Not geraten ist, die nötige Hilfe zu leisten. Glücklicherweise sind ja die Fälle einer Berufsbeeinträchtigung infolge Kriegsbeschädigung bei Akademikern lange nicht so häufig wie bei körperlich Arbeitenden, da die regelmäßige Kriegsbeschädigung in äußerer körperlicher Schädigung, z. B. Verlust oder Verstümmelung von Gliedmaßen besteht, und in solchen Fällen meist der akademische Beruf in der bisherigen Weise fortgesetzt werden kann. Die Beratungs- und Unterstützungsstelle ist aber schon in einer großen Anzahl von Fällen in Anspruch genommen worden. Es handelt sich hier beispielsweise um die Notwendigkeit weiterer Erholungskuren über die von er Militärverwaltung gewährte Heilfürsorge hinaus oder auch um die Notwendigkeit eines Berufswechsels infolge der Kriegsbeschädigung (z. B. bei katholischen Theologen, die infolge der Verstümmelung den kirchlichen Anforderungen inbezug auf die äußere Unversehrtheit der Geistlichen nicht mehr entsprechen). Zur Beratung selbst werden die Professoren der Universität und sonstige sachkundige Herren aus den betreffenden Berufsständen herangezogen. Es ist zu erwarten, daß der größte Teil der Arbeit sich erst nach Schluß des Krieges ergeben wird, es ist aber auch kein Zweifel, daß dann ein etwaiger nochmaliger Aufruf an die Opferwilligkeit der rheinischen Akademiker den nötigen finanziellen Erfolg bringen wird.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)