Samstag, 6. Januar 1917
2½ Jahr Zuchthaus beantragte der Staatsanwalt gestern gegen einen Arbeiter, der vor 4 Jahren versucht haben soll, sich in der Mühlengasse an einem damals zwölfjährigen Mädchen zu vergehen. Die Strafkammer sprach den Angeklagten frei, weil die Aussage der Zeugin zu große Widersprüche aufwies.
Im Wartezimmer einer Klinik hatte ein Mädchen aus Bonn die Handtasche der gerade behandelten Kranken gestohlen. Die Diebin erhielt gestern vom Schöffengericht sechs Wochen Gefängnis.
Ein „Dienstmädchen vom Lande“ hatte seiner hiesigen Dienstherrschaft Pflaumen zu besorgen versprochen, sich das Geld dafür geben lassen und war dann, nachdem es noch verschiedene Wertsachen gestohlen hatte, auf Nimmerwiedersehen abgereist. Die Strafkammer verurteilte gestern das schon häufig, zuletzt mit einem Jahr Gefängnis vorbestrafte Mädchen wieder zum einem Jahr Gefängnis.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bei einem Gutsbesitzer liefen in der letzten Zeit wiederholt Klagen aus der Stadt darüber ein, daß die von ihm bezogene Milch auffallend dünn sei und wenig Fettgehalt aufweise. Dem Gutsbesitzer blieb dieser Fall unerklärlich, er konnte aber auch bei aller Aufmerksamkeit nichts Auffälligen entdecken. Ein Zufall klärte gestern den Fall auf. Das Dienstmädchen sollte des Abends in der Milchküche etwas holen, bemerkte aber zu ihrem Erstaunen dort Licht. Da sie an dem sich bewegenden Schatten feststellen konnte, daß sich jemand in der Milchküche befinde, schlug sie die Türe zu und verriegelte sie dieselbe. Der herbeigerufene Herr entdeckte zwei russisch-polnische Arbeiter-Frauen, die von der über Nacht dort aufbewahrten Milch den Fettrahm in eine große – Kaffeekanne abgefüllt hatten. Am anderen Morgen waren die beiden Frauen flüchtig, werden sich aber wohl nicht lange der Freiheit zu erfreuen haben
Kriegsküchen.
Speisezettel für die Zeit vom 8. bis 14. Januar 1917.
Montag: Krauskohl mit Salzfleisch und Kartoffeln.
Dienstag: Gemüsesuppe mit Einlauf.
Mittwoch: Sauerkraut mit Hämmchen.
Donnerstag: Weiße Rüben mit Hammelfleisch.
Freitag: Graupensuppe mit Kartoffeln.
Samstag: Steckrüben mit Sülze und Kartoffeln.
Sonntag: Gemüsefleisch.
Beim Verkauf einer Wochenkarte sind von den Lebensmittelkarten folgende abzuliefern:
1. Die Fleischmarken in Höhe von Gramm (8 Zehntel)
2. Die Fettmarken für die Woche.
3. Die Kartoffelmarken für die halbe Wochenmenge.
Der Preis für die Wochenkarte beträgt:
In Klasse A und B für 1 Liter 2,80 M.
In Klasse A und B für ½ Liter 1,40 M.
In Klasse C für 1 Liter 3,50 M.
In Klasse C für ½ Liter 1,75 M.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Mangel an Kleingeld wird von manchen Städten dadurch bekämpft, daß sie achteckige eiserne Kriegsgroschen prägen lassen, andere wieder geben metallenes Kleingeld in 5-, 10-, 20- und 50-Pfennigstücken aus. Die Saarbrücker Handelskammer läßt für ihren Amtsbezirk 50-Pfennigscheine ausgeben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“