Mittwoch, 3. Januar 1917

      

Das Weihnachtsgeschäft in Bonn. Das diesmalige Weihnachtsgeschäft kann nach unseren Erkundigungen im allgemeinen als befriedigend bezeichnet werden; es zeigt, daß Handel und Gewerbe trotz aller Beschränkungen und Veränderungen, die der Krieg notwendigerweise mit sich gebracht hat, auch nach 2 ½ Kriegsjahren kräftig dastehen. Vorweg ist zu bemerken, daß sich die Kaufkraft und Kauflust des Publikums gegen früher sehr verschoben haben. Die reiche und gut gestellte Bürgerschaft hat sich, wie auch schon im vorigen Jahre festgestellt werden konnte, beim Kaufen sehr zurückgehalten. Der Mittelstand, vor allem die festbesoldeten Beamten und Angestellten, ist unter dem Druck der Lebensmittelteuerung ebenfalls weniger als Käufer aufgetreten, dagegen hat sich die vielfach gut bezahlte Arbeiterschaft, namentlich die in der Munitionserzeugung beschäftigte, und die Landbevölkerung sehr kaufkräftig und kauflustig gezeigt und den Ausfall durch den Mittelstand und die gutgestellten Kreise wieder ausgeglichen. Im einzelnen können wir folgendes mitteilen:
  
Beim Lebensmittelhandel kann, um mit der wichtigen Ernährungsfrage zu beginnen, von einem eigentlichen Weihnachtsgeschäft in diesem Jahre weniger als sonst die Rede sein, da der Verkauf der meisten und wichtigsten Waren durch Karten geregelt und beschränkt ist. Die nicht rationierten Lebensmittel, Gänsebrüste, Pasteten und dergl., Fischwaren, Weine, Erzeugnisse der Zuckerbäckerei usw. wurden trotz der hohen Preise flott gekauft. Flott und gut war auch das Weihnachtsgeschäft in Zigarren und Zigaretten, namentlich zu Anfang des Dezembers; sie wurden vor allem zum Versand ins Feld gekauft. Im Buchhandel war das Weihnachtsgeschäft sehr lebhaft, es beschränkte sich aber zumeist auf Preislagen unter 5 bis 6 Mark, teure Bücher wurden nur wenig gekauft. Im größeren Maße wurden fast überhaupt nur die billigen, aktuellen Kriegsbücher, wie Bölke und Immelmann, verlangt. Das Gesamterträgnis blieb somit hinter dem der Friedensjahre beträchtlich zurück. Auch das Geschäft in Luxuswaren entsprach nicht dem früherer Friedensjahre. In der Gemäldeausstellung des Hauses Zirkel wurden ganz namhafte Verkäufe, auch nach auswärts, abgeschlossen. Der Besuch der Ausstellung, deren Eintrittsgelder dem Roten Kreuz zufließen, war sehr rege. In Gold- und Silberwaren war das Weihnachtsgeschäft verhältnismäßig gut, gekauft wurden hauptsächlich Waren in mittleren Preislagen. Das Bekleidungsgeschäft war durch die Bezugsscheinpflicht sehr stark beeinflußt. Seidenwaren, die nicht bezugsscheinpflichtig sind, wurden viel gekauft. Damenkonfektion ging nur in den teuren Preislagen, der Mittelstand blieb als Käufer aus. Auch teure Wäsche ging gut, nach billigeren Sachen, die sonst viel geschenkt wurden, war diesmal wenig Nachfrage. Kurzwaren wurden rege gekauft, da sie bezugsscheinfrei sind. Das Geschäft in Wollwaren hat ganz besonders unter der Bezugsscheinpflicht gelitten, da namentlich die Landbevölkerung sich nicht an die Bezugsscheine, die zu holen für sie ja auch recht häufig sehr unbequem ist, gewöhnen kann. Für die Herrenkleidungsgeschäfte fiel neben der Bezugsscheinpflicht auch stark ins Gewicht, daß ein sehr großer Teil der Männer im Heeresdienst steht. Trotzdem konnte in allen Zweigen des Bekleidungsgeschäfts der Umsatz des vorigen Jahres ziemlich erreicht werden, weil die Preise sehr gestiegen sind und dadurch ein gewisser Ausgleich entstanden ist. Das Putz- und Damenhutgeschäft war vorzüglich. Die mit den staatlichen Werken in Siegburg in Verbindung stehenden Kreise und die Landbevölkerung legten gute Preise an. Sehr gut und kaum geringer als in Friedensjahren war auch das Geschäft mit Pelzwaren. In Schuhwaren, die bekanntlich genau bis Weihnachten bezugsscheinfrei waren, ging das Geschäft sehr gut, besser als im Vorjahre. Trotz der hohen Preise wurden die besten Waren ohne Bedenken gekauft. Ebenfalls sehr gut war das Geschäft in Spielwaren. Auch hier machte sich die Kaufkraft der Siegburger Arbeiterschaft sehr bemerkbar. Gute Mittelware wurde bevorzugt. Das Geschäft in Haushaltswarengegenständen ist durch die Beschlagnahme vieler Rohstoffe und die dadurch entstandene Warenknappheit etwas beeinträchtigt worden, es ist aber trotzdem zufriedenstellend gewesen. Die im Haushalt gebräuchlichen Maschinen wurden sehr viel gekauft.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

       

Daß das Schmuggeln von Waren oft ein gewagtes, ja lebensgefährliches Beginnen ist, möge folgender Fall dartun, der uns aus unserem Leserkreise mitgeteilt wird: Ein hiesiger Kaufmann hatte vor einiger Zeit Nachricht erhalten, daß er in einem Dorf an der holländischen Grenze einen größeren Posten Waren erhalten könne. Der Kaufmann wurde am Abend an Ort und Stelle von zwei Männern in Empfang genommen und auf Umwegen nach einer alleinliegenden Scheune geführt. Auf Hand und Fuß mußte er durch eine niedrige Lücke kriechen und dann erst wurde Licht gemacht, nachdem man sich vergewissert hatte, daß niemand in der Nähe war. In einer Ecke lag ein großer Haufen Reisig, der von den Männern weggeräumt wurde. Dadurch wurde eine Tür freigelegt, die einer der Männer aufhob und dann in die Oeffnung hineinleuchtete. Dort unten waren nun die Waren verstaut, die dem Kaufmann angeboten worden waren. Der Handel ging dann glatt vonstatten; er konnte aber, wie der Kaufmann heute sagt, auch einen anderen Ausgang nehmen. Die beiden Männer wußten, daß der Kaufmann eine große Summe Geldes bei sich führte: wenn er nun in der einsamen Scheune von den Beiden überfallen, ausgeraubt und in den Kellerraum geworfen worden wäre, wer hätte ihn dort gesucht? Niemand wußte etwas von seiner Anwesenheit in der Ortschaft. Für keinen Preis würde er heute noch einmal eine solche Reise unternehmen.

Der Bonner Wochenmarkt war gestern als erster Markttag im neuen Jahr auffallend schlecht beschickt. Gemüse, wie Wirsing, Rot- und Weißkohl, Spinat, Krauskohl und Butterkohl sowie Rosenkohl war nur verschwindend wenig vorhanden; Feldsalat, Schwarzwurzeln, Möhren, Karotten, weiße Rüben und hiesiger Blumenkohl sowie Obst dagegen etwas reichlicher. Wo sich ein Korb mit Wirsing oder anderem Grüngemüse zeigte, war er im Augenblick von einer großen Anzahl Kauflustiger umringt und ausverkauft. Die Preise waren durchweg fast dieselben wie am Ende der vergangenen Woche. Der Verkauf war im allgemeinen flott, besonders in Grüngemüse und Salat.
  
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren gestern die Zufuhren nur ganz klein. Gemüse, wie Wirsing, Rot- und Weißkohl, Spinat, Krauskohl und Butterkohl war hier ebenfalls fast nicht vorhanden. Außer einigen Körben mit Rosenkohl, Feldsalat, hiesigem Blumenkohl und einem Korn mit Aepfeln wurde nichts Wesentliches zum Verkaufe angeboten. Die Preise waren ungefähr dieselben wie die am letzte Hauptmarkttage. Der Verkauf war hier ebenfalls flott und der Markt schon früh aufgeräumt.
   Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte gestern bei reichlicher Auswahl in Gemüse, Aepfeln usw. wieder sehr flotten Zuspruch, besonders in frischen Schellfischen zu 1,40 Mark, frische Seemuscheln zu 12 Pfg., Aepfel zu 45 und 50 Pfg. das Pfund und in Rollmöpsen zu 40 Pfg. das Stück. Außerdem wurden noch ausländische Zwiebeln, gelbe Möhren, weiße Rüben, Rot- und Weißkohl, Krauskohl, Wirsing, Schwarzwurzeln zu 60 Pfg. das Pfund, Spinat, Breitlauch und Hamburger Rauchfisch zu 2 Mark das Pfund verkauft.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Eifelverein. Am nächsten Sonntag unternimmt die hiesige Ortsgruppe eine Wanderung (hoffentlich im Schnee!) durch ihr Arbeitsgebiet von Altenahr über die Steinerberghütte nach Walporzheim (15 Kilometer). Dort findet gemeinsames Kaffeetrinken im Winzerverein statt, wofür Brot und Belag mitzubringen und Anmeldung auf dem Bahnhof Bonn beim Führer Wolff erforderlich ist; im übrigen Rucksackverpflegung. Eingeführte Gäste sind wie immer willkommen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)