Mittwoch, 22. Dezember 1915

   

„Arndt-Eiche in Eisen“. Man schreibt uns: Am Mittwoch nachmittag 4½ Uhr wird der Schülerchor der städtischen Realschule an dem Bonner Kriegsmal mehrere Gesänge vortragen, u. a. wird das von Herrn Lehrer Rech vertonte Gedicht von Rudolf Herzog „Zu Bonn am Rhein“ zum ersten Male erklingen. Die Kriegsnagelung erfreut sich bereits großen Zuspruchs und wächst von Tag zu Tag. Es ist auch die Pflicht jedes Bonner Bürgers, durch sie sein Scherflein der Bonner Kriegswohlfahrtspflege zuzuführen.
   In die Arndt-Eiche in Eisen nagelte Herr Kaufmann Hugo Ecker, Goebenstraße 25, einen 25 Mark-Nagel. Die 25 Mark stammten aus einem Sühnetermin. Allen Empfängern von Sühnegeldern sei dieses Beispiel zur Nachahmung empfohlen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. Dezember 1915Unser Kriegsmal, die Arndt-Eiche in Eisen, hat Zuspruch; den ganzen Tag über wird ihre Halle nimmer leer. Trotzdem die Tage vor Weihnachten alle Menschen stark mit sich selbst und ihren Familien beschäftigen und trotz des geradezu bösartigen Wetters hat die Arndt-Eiche immer Besuch. Und es wird auch genagelt. Schon rundet sich der Goldrand am Wappen der Vorderseite; schon leuchten Silbernägel auf dem dunklen Holz der Eiche und gleich Perlen reihen sich die schwarzen Nägel, die echten von Eisen, um den Säulenschaft. Oben am Säulenkapitell aber deckt schon hier und da ein Eichblatt von Eisen die Vorlage von Holz; das sind Erinnerungsblätter für eure Krieger, die vor dem Feinde draußen fielen und Gedenkblätter edler Spender. Sie scharen sich um das historische Eiserne Kreuz. Da, wo das Bonner Wappen aus einer Kapitellseite hervortritt, sollen sich Industrie und vaterstädtische Vereine verewigen; um Arndts Eisenkopf werden sich vaterländische Vereine ein Denkmal setzen und um des Kaisers Namenszug vielleicht Militärvereine. Aber auch jedem Privatmann steht es frei, ein Eichblatt von Eisen zu erwerben und zum Gedenken der Familie droben anzuschlagen. 100 Mark kosten sie. Die eisernen Eichblätter treibt die Meisterhand Kofferaths in mühevoller Handarbeit.
   Neben den sinnigen Eichblättern werden große eiserne Plattennägel und solche von Gold genagelt. Auch für diese sind Widmungs-Gravierungen vorgesehen. Unser Kriegsmal soll ja zum ersten Geld, viel Geld für die Kriegswohlfahrtspflege einbringen; zum zweiten wird es aber ein Geschichtsmal von großem Wert für künftige Zeiten sein. Die gravierten Nägel und Schilder und das Eiserne Buch werden noch fernsten Geschlechtern zeugen von der Opferwilligkeit der Bonner Bürgerschaft in schwerer Zeit.
   Gestern morgen hatte die Kasse am Kriegsmal eine Einnahme von 277 Mark. Das zehnfache und mehr vermögen die dort so uneigennützig wirkenden Damen anzunehmen; gewiß, es wird schon gut genagelt, aber es ist noch viel Platz da für Nägel, für die Jugend von 50 Pfg., für Große von 1 Mark und höher und höher, für alle Verhältnisse bis zu 1000 Mark. Da muß der Strom der Nagler stetig und stetig an der Arndt-Eiche vorbeiziehen und der Hammer von Hand zu Hand gehen und ohne Unterbrechung sein Klang über den Münsterplatz hallen.
   Unser Kriegsmal und seine Halle gefällt allen; das Werk lobt wirklich seine Meister: Die Säule unseren Bildhauer Karl Menser, der Entwurf des Hallen- oder Kuppelbaues Regierungsbaumeister Pfleiderer (den Schöpfer der neuen Kasernen hier und in Euskirchen), die Ausführung im Schnelltempo die Baumeister Schmitt und Kelm im Auftrage des Architekten- und Ingenieur-Vereins und zu guterletzt auch den Verfertiger des von Menser entworfenen Deckels des Eisernen Buches, Goldschmied Ant. Koch.

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. Dezember 1915Bonner Wochemarkt. Der gestrige Markt bot eine verhältnismäßig große Auswahl in fast allen Marktprodukten. Besucht war er im allgemeinen ziemlich gut, aber der Verkauf war nicht besonders flott. Die gestern zum Verkauf ausgestellte erste Ananas stand sehr hoch im Preise, im Schnitt wurde das Pfund mit 4 Mark, in der ganzen Frucht das Pfund mit 3,50 Mk, bezahlt. Frische Eier waren in nur kleinen Mengen an zwei Stellen zu haben, aber im Preise wieder gestiegen, das Stück kostete 27 Pfg. Butter war überhaupt nicht zu haben, ebenfalls keine Kartoffeln (außer beim städtischen Verkauf.) (...)
   Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz war gestern wieder recht gut beschickt. Auch Händler und Vorkäufer waren ziemlich zahlreich anwesend, konnten aber ihren Bedarf größtenteils nicht decken, weil die Gemüsebauern meistenteils nicht im Großen verkaufen wollten, um der festgesetzten Höchstpreise für den Zentner-Verkauf wegen im Kleinverkauf höhere Preise zu erzielen. Dies hatte zur Folge, daß der Verkauf gestern im allgemeinen sehr flau war, besonders in Gemüse.
   Der städtische Gemüse-, Kartoffel- und Obst-Verkauf war gestern nicht besonders flott. Aepfel waren wieder etwas teurer geworden. Frische Eier wurden gestern überhaupt nicht verkauft. (...)

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. Dezember 1915Bellachini, der bekannte Zauberkünstler, kommt in den nächsten Tagen nach hier und wird an den beiden Weihnachts-Feiertagen im kath. Gesellenhause seine überraschenden Vorführungen darbieten. Was wäre interessanter, als einige Stunden den überraschenden und geradezu unglaublichen Vorführungen dieses modernen Hexenmeisters beizuwohnen. Für ihn haben die Gesetze der Physik scheinbar keine Geltung. Vom verblüffendsten Taschenspielertrick bis zum ernsthaften wissenschaftlichen Experimente beherrscht der alle Gebiete seiner Kunst. Ein Besuch verbürgt fesselnde Unterhaltung. Näheres siehe im Anzeigenteile der heutigen Nummer.

Jugendliche Nomaden. Die Kriminalpolizei stöberte gestern in einer Hütte auf dem Venusberg zwei jugendliche arbeitsscheue Ausreißer aus Kessenich auf, die sich dort häuslich eingerichtet hatten und von gestohlenen Nahrungsmitteln lebten.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

 

Verkauf ausländischer Butter.
Wie aus der heutigen Anzeige ersichtlich ist, hat die Stadt Bonn an 30 hiesige Geschäfte ausländische Butter zum Verkauf überwiesen. Diese Butter wird am Donnerstag, den 23. d. M. verkauft. An jeden einzelnen Käufer darf nicht mehr wie 1 Pfund verabfolgt werden. Das Bonner Brotbuch ist zur Kontrolle vorzulegen. In demselben soll dasjenige Geschäft, bei dem die Butter entnommen wird, durch Firmenstempel kennzeichnen, daß der Brotbuchinhaber in dieser Woche Butter erhalten hat. Dadurch soll vermieden werden, daß ein Käufer in verschiedenen Geschäften große Mengen Butter zusammenkauft. Es ist vielfach die irrige Meinung verbreitet, daß alle Butter beschlagnahmt sei. Dieses ist durchaus nicht der Fall. Beschlagnahmt ist nur die Butter, welche aus dem Auslande eingeführt wird. Die im Inlande hergestellte Butter ist verkehrsfrei geblieben und wird nach wie vor von den einschlägigen Geschäften verkauft. Der Geschäftsinhaber hat also kein Recht, solange er Butter hat, deren Abgabe zu verweigern unter dem Vorgeben, daß die Butter beschlagnahmt sei. Vom 1. Januar ab ist beabsichtigt, eine neue Regelung des Butterverkaufs vorzunehmen.

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)