Montag, 20. Dezember 1915

    

Der gestrige „goldene“ Sonntag hat, vom schönsten Wetter begünstigt, der Stadt Bonn und ihrer Geschäftswelt regen Verkehr und gute Einnahmen gebracht. Unter dem Krieg hat gewiß manches Geschäft auch in dieser Zeit der Weihnachtseinkäufe sehr zu leiden, im allgemeinen kann aber über einen schlechten Geschäftsgang nicht geklagt werden; denn die Kauflust und in weiten Kreisen auch die Kaufkraft sind gegen Friedenszeiten ungeschwächt. Manche Geschäfte, besonders solche, die sich auf Bedarfsgegenstände für unsere Heeresangehörige eingerichtet haben, können schon jetzt auf ein recht gutes Weihnachtsgeschäft zurückblicken. Zu dem günstigen Ergebnis des gestrigen „goldenen“ Sonntags hat auch die Bonner Arndt-Eiche ihr gutes Teil beigetragen; denn zu ihrer Einweihung waren auch sehr viele Landbewohner aus der Umgebung gekommen. In den Hauptgeschäftsstraßen der inneren Stadt drängte sich von Mittag bis Abend eine große Menschenmenge, die nicht nur die schönen Sachen in den hellerleuchteten Auslagen der Geschäfte bestaunte, sondern auch zahlreiche Einkäufe machte, wie man an den vielen Paketen und Päckchen sehen konnte, die in den späteren Stunden nach Hause und zu den Vorortbahnen getragen wurden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 20. Dezember 1915Unsere Arndt-Eiche in Eisen
wurde gestern feierlich ihrer Bestimmung übergeben. Der alte vornehme Münsterplatz hatte seit einigen Tagen zu Beethovens Erzbildnis als weitere Zier den freundlichen Kuppelbau für unser Kriegsmal erhalten. Wie in festlichen Friedenstagen flatterte auf hohen Masten lustig der Wimpel; wie bei frohen Festen füllten tausende Bürger den Platz und die angrenzenden Straßen. Balkone und Fenster der Häuser, die Zwerggalerie und alle Dachfenster und Turmlucken des Münsters waren dicht besetzt mit Schaulustigen. An den Bäumen hängend, nahm die Bonner Jugend als Zaungast an der Feier teil. Den Münsterplatz belebten vielfarbig die Banner der Stundenten-Verbindungen und die Fahnen der Vereine. Helme und Uniformen und bürgerliche Festkleider wogten vor dem Festbau durcheinander; die Spitzen der Behörden, die Festversammlung. Drinnen im luftigen Kuppelbau stand massig, schwer und dunkel, ganz deutsche Eiche, ganz deutscher Arndt, ganz deutsches Wesen, das Bonner Kriegsmal, die Arndteiche. –
   Und als vom hohen Münster die Glocken die zwölfte Stunden schlugen, hob Prof. Grüters den Taktstock und Beethovens Weihelied: „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“ brauste dem Kriegsmal, der Arndt-Eiche entgegen. Der Gruß des einen Unsterblichen dem anderen und seinen Werken, die beide so zu großen Taten werben.
   Als der mächtige Sang verklungen war, trat Oberbürgermeister Spiritus auf die Stufen der Halle und hielt, vollendet in Form und Aufbau, die Festrede: Nicht zurückstehen will die Stadt Bonn in der Kriegswohlfahrtspflege; ihre Bürger und Bürgerinnen wollen freudig mitwirken, des Krieges Wunden zu heilen oder zu lindern. Im Gedenken und in Erinnerung an Ernst Moritz Arndt, den begeisterten Sänger und Vaterlandsfreund, dessen Andenken die Stadt Bonn in Ehren hält, soll das Kriegsmal „Arndt-Eiche in Eisen“ heißen. Eisern war Arndts Zeit, eisern seine Lehren, eisern wurde unsere Zeit, da Neid und Mißgunst unsrer Feinde das stolze deutsche Reich, sein Volkstum zu vernichten drohten. Eisern wurde die deutsche Friedensfaust, eisern die Bundestreue, der Zusammenschluß aller. Alle gehören dem Vaterland und das Vaterland ist allen. Auch die Zurückgebliebenen wollen sich einfügen in die eiserne Zeit, wollen dem Vaterlande dienen durch Entsagung und Opferfreudigkeit, jeder in seiner Art und nach seiner Kraft. Den heimkehrenden Streitern mit gutem Gewissen zum Lorbeer des Sieges den Eichenkranz des Friedens darzubringen sei dann unser Stolz. In dieser Gesinnung wollen wir die Arndt-Eiche nageln. Jeder Hammerschlag bekräftige den Schwur deutsch und treu wie Arndt; treu dem geliebten Vaterlande, treu dem Kaiser und König zu sein. Dem Ausdruck dieser Treue galt des Redners begeistert aufgenommenes Hurra dem Kaiser und König.
Als dann die Töne des Nationalliedes verklungen, trat Generalleutnant von Bötticher vor das Kriegsmal, das mächtig und wuchtig, wie ein knorriger Eichbaum im Wald, doch sinnvoll geformt und geschmückt durch glückliche Künstlerhand im Kuppelbau aufragte. Se. Exzellenz empfing von Damenhand einen goldenen Nagel und einen zierlichen Hammer und trieb mit kräftigen Schlägen den ersten Nagel in das dunkle Holz. Und ihm folgte Regierungspräsident Dr. Steinmeister, der nie an Bonns Ehrentagen gefehlt; und es nagelte seine Gemahlin, es nagelte Oberbürgermeister Spiritus, es nagelte mit sinnigem Spruch der hochherzige Stifter unseres Kriegsmals, Kommerzienrat Soennecken, es nagelten Stadtverordneter Dr. Krantz, Frau Bergrat Krümmer, deren Namen in der Bonner Kriegswohlfahrtspflege glänzen, es nagelten Kammerherr von Salviati und noch viele andere hervorragende Damen und Herren. Sie nagelten alle mit goldenen Nägeln und trugen zum ewigen Gedenken ihre Namen in das Kriegsbuch der Stadt Bonn ein.
   Während dies geschah, klang Arndts Lied vom deutschen Vaterland und brauste die Wacht am Rhein über den festlichen Platz, konzertierte die Johnsche Kapelle.
   Noch schlugen die Ehrengäste goldene Nägel, da drängten sich schon Bürger und Bürgerinnen in dichten Scharen zum Kriegsmal, zur Arndt-Eiche. Sie opferten ihr Scherflein, empfingen Nagel und Hammer, und ohne Unterlaß klang kräftiger Hammerschlag aus dem Tempelbau. Die Arndt-Eiche empfing ihr Eisenmal.
   Eisern die Zeit, eisern und treu und fest wie die Eichen in deutschen Landen, so de Sinn der Bürger und der Wille zu opfern und zu helfen. Nach niederdrückenden Nebeltagen schien hoffnungsfreudig eine freundliche Wintersonne dem Bonner Werk und seiner Weihe. Ernst und gemessen stand das altehrwürdige Münster, das so manchen Kriegssturm und so bunten Wechsel der Zeiten im Laufe der Jahrhunderte gesehen, dem Bonner Kriegsmal Pate.
   Und dieses Werk wird Zeugnis davon geben, daß wir Bonner treu sind dem Bruder, den Streitern in Not und Tod, und daß unser Herz den stillen Duldern im Lande warm und opferfreudig entgegen schlägt.

Die Teilnehmer der Nagelungsfeier der Arndt-Eiche wurden gestern von mehreren Photographen auf die Platte gebracht. U. a. von dem Landschaftsphotographen Groß. Wir bringen eine von ihm hergestellte Aufnahme zum Aushang.

Herstellung von Zuckerwaren. Die Verordnung über die Einschränkungen bei Herstellung von Zuckerwaren tritt mit dem 1. Januar 1916 in Kraft. Bekanntlich darf Milch und Sahne jeder Art, sowie Fett zur gewerbsmäßigen Herstellung von Süßigkeiten und Schokolade nicht verwendet werden. Als Fett im Sinne dieser Verordnung gelten Butter, Butterschmalz, Margarine, Kunst-Speisefett sowie tierische und pflanzliche Oele und Fette aller Art, mit Ausnahme von Kakaofett und Kakaobutter.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 20. Dez. De Weihnachtsverkauf von Handarbeiten, die die Verwundeten unserer Reservelazarette mit großem Fleiß und Geschick angefertigt hatten, fand gestern im Volksspeisehause einen derart freudigen Zuspruch, daß in kürzester Frist völlig ausverkauft war. Körbchen in allen Formen und Größen aus Bap und Peddigrohr, Burgen, Festungswerke, Schiffe, Flugzeuge, Weihnachtskrippen und dergleichen bildeten die Ausstellung. Der Verkaufsüberschuß soll zu einer Weihnachtsbescherung der Lazarettinsassen verwendet werden.

Godesberg, 20. Dez. Die hiesige Gemeinde hat am verflossenen Freitag und Samstag 12 Zentner holländische Butter zum Preise von 2,60 Mk. das Pfund an die Bürgerschaft abgegeben. Haushaltungen bis zu vier Personen erhielten ein halbes Pfund Butter, über vier Personen ein ganzes Pfund. Für die laufende Woche sind 15 Zentner Butter angekommen, die von Dienstag ab verkauft werden. – Im Volksspeisehaus ist seit einiger Zeit ein Milchausschank eingerichtet, in dem an Minderbemittelte das Liter Milch für 25 Pfg. abgegeben wird.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

    

Arndt-Eiche in Eisen.
(...) Da ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Adolf von Schaumburg-Lippe nicht an der Feier teilnehmen konnte, blieb der für ihren Ehrennagel bestimmte Platz frei, ebenso ein weiterer Platz für den Ehrennagel des Prinzen Adolf von Schaumburg-Lippe und ein dritter Platz für den des Fürsten Adolf von Schaumburg-Lippe. (...)

Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe ist gestern morgen 11 Uhr nach Bückeburg abgereist.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)