Mittwoch, 15. Dezember 1915.

    

Städtischer Kartoffel-Verkauf. Während von der Stadt Bonn die Kartoffeln bisher nur an Kriegerfamilien, Arbeiter, städtische und Privat-Angestellte sowie Minderbemittelte zentnerweise verkauft wurden, ist jetzt Vorsorge getroffen, daß jedermann, also auch Besserbemittelte, den ganzen Winterbedarf an guten Speisekartoffeln von der Stadt Bonn beziehen könne. Es wird empfohlen, daß diejenigen, die noch keine Kartoffeln haben, ihren Bedarf umgehend eindecken, da es fraglich ist, ob die Stadt Bonn noch längere Zeit Kartoffeln an Bemittelte zum Preise von 4,10 M. abgeben wird. In den nächsten Tagen wird auch eine Schiffsladung allerbester Speisekartoffeln aus der Moselgegend hier eintreffen, die sofort verkauft werden soll.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 15. Dezember 1915Sprachverein. Montag abend hielt im Deutschen Sprachvereine den zweiten Vortrag Herr Prof. Dr. Tesch – Köln über den Siegerverlauf der deutschen Sprache während des Weltkrieges. Der stellvertretenden Vorsitzende, Pfarrer Dr. Richter, begrüßte den Redner und die zahlreich Versammelten, worunter wieder viele Feldgraue, wies auf die großen Aufgaben des Vereins hin, der neben dem Kampf mit dem Schwert im blutigen Feld ebenso wacker gegen die fremden Schmarotzer in unserer herrlichen Muttersprache den Kampf führen muß. Der Redner, Prof. Tesch, als Herausgeber der Sprachecke bekannt, sang in begeisterten Wortes ein hohes Lied unserer reichen deutschen Sprache, die über eine Viertel Million Wörter verfüge und amn sich schämen müsse, aus den viel bescheideneren Quellen der französischen und englischen Sprache (mit je 100- und 150.000 Wörtern) , fremde Brocken zu schöpfen. Er wies an Beispielen nach, wie das Uebel leider noch nicht geheilt sei, aber seit Beginn des Weltkrieges mutige und erfreuliche Ansätze zur gründlicheren Sprachreinigung von vielen Seiten unternommen werden. Regierung und Schule, Kirche und Heerwesen, Bühnensprache und Musik, Gewebe, Handel, Gastwirte und Gasthof, diese alle bemühen sich, - so besonders Regierungspräs. Dr. Kruse u. a. – die Fremdwörter durch bessere und deutsche Bezeichnungen zu ersetzen. Zum Schluß zeigte er, wie unser Heer ganz besonders erfindungsreich in der Bildung treffender, neuer Wörter sich zeigt, und schloß mit einem warmen Weckruf an Alle zu treuer Vaterländischer Mitarbeit. Der Vorsitzende dankte dem Redner für seine warmen, packenden Worte, zeigte die nächsten Vorträge an, bat um zahlreiche Mitgliedschaft und allseitige furchtlose und unermüdliche Förderung dieser wichtigen vaterländischen Aufgabe, unsre reiche, herrliche Sprache zu reinigen und reinzuhalten.

Anzeige im General-Anzeiger vom 15. Dezember 1915Erhöhung der Zigarrenpreise. Vom 1. Jan. ab werden sämtliche Preise für Zigarren um 10 bis 15 Prozent erhöht. Als Grund für die Erhöhung geben die Fabrikanten und Großhändler Tabakmangel an: ferner kommt hinzu, daß die Herstellungskosten teurer geworden sind. Zigaretten werden von der Preiserhöhung nicht betroffen, da der hierfür benötigte Tabak aus den Balkanländern genügend eingeführt werden kann.

Gegen die Nagelungsdenkmäler. Die Berliner Akademie der Künste hat an den Oberbür­germeister von Wilhelmshaven ein Schreiben gerichtet, inhaltsdessen er ersucht wird, von der Nagelung des Standbildes eines Seemannes mit den Gesichtszügen des Großadmi­rals von Tirpitz abzusehen. Das Schreiben lautet:
Die Akademie der Künste hält es für ihre Pflicht, die Stadt Wilhelmshaven im künstleri­schen Interesse vor der Ausführung eines solchen Planes zu warnen. An zahllosen Stel­len in Deutschland sind Nagelungen von Standbildern und Wahrzeichen zur Sammlung von Mitteln für die Kriegshilfe vorgenommen worden, und es läßt sich vom künstlerischen Standpunkt aus schließlich wenig gegen die Fälle einwenden, bei denen es sich um ein ganz einfaches Gebilde, ein Eisernes Kreuz, Türen, symbolische oder heraldische Wahr­zeichen ec. handelt. Etwas künstlerisch ganz Unmögliches ist aber die Benagelung von Parträtstatuen. Das Beispiel des Hindenburg-Kolosses in Berlin sollte allen anderen Städ­ten warnend vor Augen stehen. Es ist doppelt traurig, daß gerade die Ereignisse unserer großen Zeit einen Niederschlag in so minderwertigen Erzeugnissen untergeordneter künstlerischer Kräfte gefunden haben, und es wäre tief beklagenswert, wenn der Ge­schmack des Publikums durch solche Verirrungen noch mehr verwirrt und verbildet wer­den sollte. Wir möchten daher im Interesse des Ansehens unserer deutschen Kunst und Kultur Euer Hochwohlgeboren und den städtischen Körperschaften der Stadt Wilhelmsha­ven dringend ans Herz legen, die Ausführung des Planes der Benagelung einer Tirpitz-Figur zu verhindern.gez. Franz Schwechten
   
Der in diesem Schreiben zum Ausdruck gekommene Standpunkt wird wohl allerseits ge­teilt werden.
   Es ist erfreulich, daß man sich in Bonn bei Errichtung der „Arndt-Eiche in Eisen“ von künst­lerischen Erwägungen hat leiten lassen, und nicht etwa den „E. M. Arndt“ selbst benagelt. Wie man uns mitteilt, wird das Bonner Kriegsmal von sachverständiger Seite als eine der schönsten Kriegswahrzeichen Deutschlands bezeichnet. Kommt nun auch der „klingende“ Erfolg hinzu, so wird der erstrebte Zweck erfüllt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Städtischer Butterverkauf. Da die vorgesehene Verteilung der ausländischen Butter an sämtlichen Wochentagen in 13 verschiedenen Geschäften sich als undurchführbar erwiesen hat, ist die gesamte der Stadt Bonn zur Verfügung stehende Menge ausländischer Butter gestern den genannten Geschäften zum Verkauf zur Verfügung gestellt worden. Mehr wie ein Pfund darf an keinen Brotbuch-Inhaber abgegeben werden.

Fürsorge für kriegsbeschädigte Akademiker. Im Trierer Kirchl. Anzeiger macht das Generalvikariat bekannt: Bei der Fürsorge für die im Kriege Verwundeten und Erkrankten hat sich die Notwendigkeit herausgestellt, auch für Akademiker, welche im aufopfernden Kampfe für das Vaterland dauernde Schädigungen ihrer Gesundheit erlitten haben, eine Hilfsorganisation zu schaffen. Wie für andere Stände hat man demgemäß ein „Beratungs- und Unterstützungsstelle für kriegsbeschädigte Akademiker in der Rheinprovinz“ mit dem Sitze an der Universität Bonn gegründet. Unter dem Protektorate Ihrer Königlichen Hoheit, Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe, Prinzessin Viktoria von Preußen, wird die neue Organisation von einem Ehrenvorstande geleitet, dem die angesehensten Männer der Rheinprovinz angehören. Alles Nähere werden die Aufrufe und Drucksachen enthalten, welche der Herren Pfarrern in der nächsten Zeit von der Leistung der Organisation zugehen werden. Wir empfehlen allen Geistlichen, ungeachtet der sonstigen Inanspruchnahme, die Förderung dieser edlen Bestrebungen angelegentlich, welche kriegsbeschädigten Akademikern dazu verhelfen sollen, einen ihrer Bildung entsprechenden Platz in der menschlichen Gesellschaft zu erlangen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)