Sonntag, 12. Dezember 1915
Infolge des gestrigen Sturmes ist der Fernsprechverkehr nach allen Richtungen erschwert. Der Fernsprechverkehr zwischen Köln (und Bonn) und Hannover, Magdeburg, Berlin ist völlig unterbrochen. Auch der telegraphische Verkehr nach Norddeutschland ist durch das Sturmwetter beeinträchtigt.
Das „Hindenburg-Schwert“ der städtischen Fortbildungsschulen ist im Fenster des städtischen Verkehrsamtes an der Poststraße ausgestellt. In kurzer Zeit haben die Schüler und Schülerinnen der Fortbildungsschulen für 700 Mark Nägel eingeschlagen. Der Betrag wird dem Generalfeldmarschall v. Hindenburg zur freien Verfügung als Weihnachtsgabe für seine Truppen überwiesen. Das Schwert macht einen recht hübschen Eindruck und gibt in seiner Schlichtheit schon einen Vorgeschmack von dem demnächstigen prächtigen Eindruck der genagelten Arndteiche.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Städtischer Butterverkauf. Der Oberbürgermeister macht in der heutigen Nummer dieses Blattes die Firmen bekannt, bei denen in der kommenden Woche ausländische Butter zum Preise von 2,60 Mark das Pfund zu haben ist. An eine Haushaltung wird nicht mehr als wöchentlich ein Pfund abgegeben. Das Bonner Brotbuch gilt als Ausweis.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Unbeleuchtete Fahrräder. Am Mittwoch abend fuhr an der Ecke Bonnertalweg u. Poppelsdorfer-Allee ein jugendlicher Radfahrer ein junges Mädchen, das ebenfalls auf dem Fahrrad saß, derart an, daß sie bewußtlos liegen blieb. Einige Damen nahmen sich des heftig blutenden Mädchens an und trugen Sorge, daß sie in einer Droschke nach Hause geschafft wurde. Der Junge, der den Unfall verschuldet hatte, da er ohne Licht fuhr, wollte das Weite suchen, wurde jedoch angehalten und seine Personalien wurden festgestellt. Immer wieder kann man beobachten, aß unbeleuchtete Fahrräder benutzt werden und oft sogar im größten Gedränge. Dazu kommt noch, daß öfters auf unbeleuchteten Rädern Wettfahrten veranstaltet werden, wie dies täglich in der Gegend des Münsterplatzes beobachtet werden kann. Wer nicht rasch genug ausweichen kann, wird von den jugendlichen Burschen einfach niedergefahren. So hörte ich noch vor einigen Tagen auf der belebten Remigiusstraße einen radfahrenden Hausburschen rufen: „Wer mir en de Wäg kütt, wird en te Dreck gerannt!“ Die Polizei sollte diesem lebensgefährlichen Unfug durch strenge Bestrafungen ein Ende machen. Auch ein Radfahrer.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Umgehung der Bundesratsverordnung. Ein Wirt aus Beuel hatte an einen Kunden, der sich eine Flasche mitbrachte, in dieser Flasche einen halben Liter Schnaps abgegeben, die Flasche dann mit einer Kapsel versehen und sich für das halbe Liter 1,60 Mark bezahlen lassen. Er wurde unter Anklage gestellt, weil das Gesetz einen derartigen Vertrieb verbietet. Der Wirt machte geltend, daß er den Schnaps entsprechend dem Wortlaut der Bestimmungen in einer verkapselten Flasche verkauft habe. Das Gericht war jedoch anderer Ansicht. Das Gesetz sei anders auszulegen wie der Angeklagte es getan habe. Der Branntwein dürfe nur in Flaschen, die bereits verkapselt oder versiegelt seien, verkauft werden, nicht dürften zum Zwecke des Verkaufes von Branntwein die mitgebrachten Flaschen verkapselt werden. Das stelle nur eine Umgehung des Gesetzes dar. Der Angeklagte wurde zu einer Geldstrafe von 150 Mark verurteilt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)