Sonntag, 5. Dezember 1915

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 5. Dezember 1915Der Auschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe, die Vereinigung Bonner Frauenvereine, richtet heute an die Frauen der bemittelten Kreise die dringende Bitte, sich der neuen Bundesratsverordnung auch in den Haushaltungen zu unterwerfen und freiwillig zwei fleischlose und zwei fettfreie Tage einzuhalten. Die teuren Fleische- und Fettpreise haben in vielen Familien schon lange einer Reihe fleischloser und fettarmer Tage nötig gemacht, und in katholischen Kreisen war von jeher aus religiösen Gründen ein Fasttag eingeführt, der Freitag, dem sich nun ein zweiter, vaterländischer Fasttag beigesellen soll. Der Fasttag ist kein Hungertag, zu hungern braucht in Deutschland auch nach 15 Monate langer Kriegsführung niemand. Dies danken wir vor allem unseren treu ausharrenden Truppen draußen in Feindesland. Jede Frau betrachte es daher als eine Ehrenpflicht, die an sie gestellte Bitte zu erfüllen. In der Beratungsstelle des Ausschusses für hauswirtschaftliche Kriegshilfe – Am Hof, gegenüber der Buchhandlung Fr. Cohen – liegt eine Liste aus, worin sich die Damen, die sich dieser sittlichen Verpflichtung zu unterwerfen bereit sind, gefl. einzeichnen wollen.

Kolonialgesellschaft. Die Deutsche Kolonialgesellschaft ladet zum übermorgigen Dienstag zu einem Vortrag des Herrn Dr. Böhringer aus Stuttgart ein, der sich vom Kriegsausbruch bis Januar d. J. in Kamerun und in englischer Gefangenschaft befunden hat. Er wird über sein und seiner Leidgenossen Schicksal in dieser Zeit berichten. Der Vortrag findet im Hörsaal 18 der Universität (Eingang Am Hof, gegenüber dem Schaffhausenschen Bankverein) statt und beginnt um 8½ Uhr.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

St. Nikolaus. Der heilige Mann kommt Sonntag abend, kommt in der Nacht, um allen Kin­dern, die auf ihn hoffen und vertrauen, die artig waren, etwas mitzubringen. Aber auch für die unartigen hat er gute Sachen; die Rute, die da, wo die elterliche Macht etwas verblaßt, nachhelfen soll. Heute abend erscheint er persönlich; „Hans Muff“, sein treuer Knecht schleppt ihm den schweren Sack nach, und wenn zu viele beschenkt werden sollen, ist so­gar noch ein Eselein zur Hülfe herangezogen.
   Schon lange hatte der heilige Mann gebacken, das glühende Abendrot war der Wider­schein seines Feuers, heute abend steigt er vom Himmel herab zur Erde nieder und heute tritt er mit Vorliebe in die Hütten der Armen und Häuser der Reichen ein, seines wichtigen Amtes zu walten, zu belohnen und zu bestrafen. Klein sind indeß heute abend die Gaben, ein Wurf Nüsse, Feigen, Süßes aller Art. Es soll nur eine Vorkost sein; in der Nacht füllt er Schüsseln und Teller, legt neue Wämser und Höschen, Handschuhe, Strümpfe, Schals, dem kommenden Winter zu trotzen, dazu, und wo gar die Kinder recht artig sind, da steht neben Naschwerk und den Nützlichen manch schönes Spielzeug.
   Am Abend lohnt er karg, straft viel; in der Nacht aber vergißt er keines. Wenn sein Tag an­bricht, der St. Nikolaustag, sein Namenstag, dann herrscht in den Kinderstuben, nament­lich auf dem Lande, große Aufregung. Die Kleinen schlafen wohl gar nicht recht die Nacht und wenn die Morgenglocken zur ersten hl. Messe läuten und St. Nikolaus seine Himmels­reise wieder angetreten, dann ist kein Halten mehr. Ob die Eltern wollen oder Anzeige im General-Anzeiger vom 5. Dezember 1915nicht, heraus geht’s aus den Betten und dann geht im Hemdchen das Suchen an. Denn der heilige Mann ist ein arger Schalk und wohlversteckt gibt er seine Gaben. Na, was fände nicht ein Junge, ein Mädchen bald, wenn ihm das Herz so voll ist von Hoffnungen! So sind denn die Gaben bald in allen Händen, Klein und Groß behütet eifersüchtig seine Schätze, lobt und preist und ist – zufrieden; denn es konnte ja noch schlechter ausfallen. Der liebe heilige Mann!
   Schlechte Schultage sind's am St. Nikolaustage, aber der gestrenge Herr Lehrer und das Fräulein, sie wissen schon, welch guten Freund sie selbst an dem Alten haben und so neh­men sie es denn so streng schon nicht.
   Kaum ist die Schule mittags beendet, oder für die noch schulfreien ist kaum eine anständi­ge Tageszeit heraufgezogen, so kommt der dritte Teil des Segens vom heiligen Mann: Der Gang zu Patt und Gött, Pate und Patin. Auch dort hat der Nikolaus noch sein Teil hinterlas­sen für die lieben Patenkinder. Wohl dem Kinde das eine gute Patin, einen guten Paten hat. Schwer beladen mit allem, was nur ein Kinderherz erfreuen kann, und in vielen Fällen noch mit Geschenken, die den Eltern recht gelegen kommen, ziehen sie dann heim.
   Dort wird dann sortiert, bewundert, gekostet, gelobt, und gespielt. Der glücklichste Tag ist für ein Kind in katholischen Gegenden der Tag des heiligen Mannes. Von nichts anderem wird gesprochen an dem Tage, als von dem, was er gebracht. Tage halten Gebäck und Süßigkeiten vor, Monate Spielsachen, Kleider und Schuhe. Und noch oft hört man die Rede: das hat mir der heilige Mann gebracht.
   Der heilige Mann ist nun dieses Jahr arm; recht arm. Es sind ihm durch den bösen Krieg viele, viele Bezugsquellen abgeschnitten, und das zu einer Zeit, wo sein Trost und seine Hülfe mehr wie sonst angebracht wären.
   Wer, der es kann, würde da nicht dem alten Kinderfreund etwas unter die Arme greifen, mithelfen, daß die wunderschöne Sitte in katholischen Landen nicht aussterbe, oder ver­blasse.

Kriegsmeisterschaftsspiele. Am Sonntag nachm. findet auf dem Sportplatz an der Rich. Wagner-Straße ein Kriegsmeisterschaftsspiel zwischen der I. Mannschaft des Bonner Fußball-Vereins und der I. Mannschaft des Bonner Turnvereins statt. Da die beiden Mannschaften noch über sehr gutes Spieler-Material verfügen, dürfte das Spiel einen guten sportlichen Verlauf versprechen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 5. Dezember 1915Geschäftsfreie Sonntage und Uhr-Ladenschluß. An den drei letzten Sonntagen vor Weihnachten, dem morgigen 5., dem 12., und dem 19. Dezember , dürfen die Ladengeschäfte bis 7 Uhr abends für den geschäftlichen Verkehr offen gehalten werden. Für den Monat Dezember hat auch der sonst vorgeschriebene 8 Uhr-Ladenschluß keine Gültigkeit, es darf vielmehr wochentags bis 9 Uhr abends verkauft werden.

Der Kath. Frauenbund, Bezirk Poppelsdorf, veranstaltet am nächsten Montag, abends 8¼ Uhr im Tönnesschen Saal, Klemens-August-Straße 51a, eine Weihnachtsversammlung. Herr Direktor Pfarrer Greber aus Koblenz spricht über das besonders jetzt zeitgemäße Thema: Christliche Hilfsbereitschaft und Liebestätigkeit. Der Redner, der durch seine vielseitige praktische Arbeit im Dienste christlicher Nächstenliebe weiten Kreisen bekann sein dürfte, ist ohne Zweifel in der Lage, aus dem Vollen zu schöpfen und viel Anregendes zu bieten. Der Abend soll noch genussreicher gestaltet werden durch die Darbietung von Weihnachtsgesängen und -Gedichten in mannigfaltiger Auswahl. In dieser ernsten Zeit, die so viel Leid und Sorge auch über die Frauen bringt, wird es mancher willkommen sein, auch einmal wieder eine Stunde geistiger Erhebung und Sammlung zu durchleben. Darum seien alle Frauen und Jungfrauen von Bonn-Poppelsdorf recht herzlich zu dieser Versammlung eingeladen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)