Donnerstag, 2. Dezember 1915
Feierliches Glockengeläut von allen Kirchen verkündete gestern nachmittag gegen 2 Uhr einen neuen glänzenden Sieg der uns verbündeten bulgarischen Armee gegen den gemeinsamen serbischen Feind. Prizren ist erobert, 16 – 17.000 Gefangene (der letzte Rest der serbischen Armee, wie es im amtlichen bulgarischen Bericht heißt) sind gemacht, 50 Geschütze, 20.000 Gewehre, 148 Kraftwagen und eine Menge anderes Kriegsgerät erbeutet worden. Auf den Kirchtürmen sowie den amtlichen und privaten Gebäuden wurden Fahnen aufgezogen zur Feier dieses neuen Erfolges unserer Verbündeten.
Ausstellung und Verkauf von Verwundetenarbeiten. Am Martinsplatz Nr. 6 (früher Hamlet und Meyerhof) findet in diesen Tagen eine Ausstellung von Verwundetenarbeiten statt. Den Eindruck, den man schon bei der ersten Ausstellung dieser Art hatte, wiederholt sich auch diesmal, jenes seltsame Gefühl des Staunens, der Verwunderung und der großen Ergriffenheit, mit dem man sich alle diese Arbeiten, diese großen und kleinen Erzeugnisse sorgfältiger Kunstfertigkeit, liebevollen Fleißes und unermüdlicher Geduld betrachtet. Alles, was man dort sieht, ist von den Händen der Verwundeten hergestellt. Die friedlichste Arbeit und Bastelei, und da und dort ein Stück echten Humors nach dem harten Dienst der Front. Und allen Arbeiten merkt man auch diesmal wieder an, mit wie viel Freude und Anteilnahme sie entstanden sind. Die Art der Arbeiten ist so ziemlich die gleiche wie bei der letzten Ausstellung. Erzeugnisse einer freundlich anspruchsvollen Liebhaberkunst, aber auch eine große Menge von Gegenständen, denen man die fachmännisch geübten Hände ansieht. Die meisten der ausgestellten Gegenstände verraten sogar in ihrer besseren und feineren Ausführung eine weit größere Geschicklichkeit als bei der letzten Ausstellung. Offenbar zeigen sich hier die Erfolge der verschiedenen Unterrichtskurse, in denen Anlagen und handwerklich-kunstgewerbliche Neigungen unserer Verwundeten nach Möglichkeit gepflegt und gefördert wurden. Möge der Ausstellung ein recht zahlreicher Besuch und zugleich mit diesem ein gutes wirtschaftliches Ergebnis beschieden sein.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Bonner Lazarettzug K. 1. Bonn hat auf seiner 22. Fahrt in Laon, La Frère und Chauny 249 Verwundete und Kranke geladen, und 50 in Aachen, 50 in Düren, 149 in Bonn ausgeladen.
An Liebesgaben sind für die jetzige Jahreszeit besonders erwünscht: Weiß- und Rotwein, Kognak (keine Fruchtsäfte). Ferner bedarf der Zug wegen der eingetretenen Kälte einen guten Badeofen mit Kohleheizung. Dies alles ist abzugeben Bahnhofstr. 40. [...]
Butterknappheit. In sehr zahlreichen Geschäften ist gegenwärtig die Butter ausverkauft und die Zufuhren sind knapp. Es liegt dies daran, daß das Inland verhältnismäßig wenig liefert und der Handel mit der ausländischen Butter von der „Zentral-Einkaufsgesellschaft“ monopolisiert ist. Diese Reichsgesellschaft befriedigt die Ansprüche des Buttergroßhandels in sehr geringem Maße, sodaß die Wiederverkäufer vielfach ohne Zufuhren bleiben. Es handelt sich also seitens der Verkaufsgeschäfte um keine willkürliche Zurückhaltung von Ware, die ja auch beim Vorhandensein von Höchstpreisen keinen Sinn hätte, und die Hausfrauen müssen bis zum Eintreffen neuer Ware einige Geduld üben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Populärwissenschaftliche Vorträge. Heute abend spricht Herr Univ.-Professor Dr. Krebs über die Ziele und Wege der Volkserneuerung. Der Ausbruch des Krieges weckte in vielen das Verlangen nach Läuterung und Steigerung der seelischen und geistigen Kräfte. Es gilt diese Empfindungen in Grundsätze umzuwandeln, welche den Krieg überdauern. Dazu will der heutige Vortrag beitragen. Im Anschluß sei darauf hingewiesen, daß Herr Geheimrat Prof. Dr. Frech-Breslau für den 16. Dezember einen Vortrag über die Dardanellen und ihre Umgebung in Aussicht gestellt hat. Näheres werden rechtzeitig die Anzeigen bringen.
Unterstützt unsere Handwerker! Der Oberbürgermeister erläßt folgende Bekanntmachung. Die Bürgerschaft wird wiederholt dringend gebeten, den hiesigen Handwerkern Aufträge für die Ausführung handwerklicher Arbeiten und Ausbesserungen zukommen und solche baldmöglichst in Angriff nehmen zu lassen, um unseren Handwerkerstand in schwerer Zeit zu stützen und ihn vor unverschuldeter Not zu bewahren.
Gestochen. Auf dem Münsterplatz versetzte gestern abend ein Mann seiner Frau, weil er sie mit einem anderen Mann dort antraf, einen Messerstich. Die Frau wurde von einem Arzt in Behandlung genommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)