Montag, 11. Oktober 1915
Wegen der Eroberung Belgrads läuteten teils Samstag abend, teils gestern nachmittag die Glocken der hiesigen Kirchen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein herrlicher Oktobertag war uns gestern beschieden. Die Wälder unseres Rheintals wurden von zahlreichen Wanderern aufgesucht, die sich ergötzen konnten an der herbstlichen Schönheit des Laubes unserer weitgedehnten Waldungen des Kottenforstes und des Siebengebirges. Einen lebhaften Verkehr beobachtete man oben auf dem Venusberg und weiterhin auf den Waldwegen, die nach Schönwaldhaus, zur Venne, Arndtruhe und nach Godesberg führen. Vielleicht ist es noch nicht genügend bekannt, daß die neue elektrische Straßenbahnstrecke nach Dottendorf einen weiteren bequemen Aufstieg nach den Waldungen des Kottenforstes ermöglicht. Vom Endpunkte der Straßenbahn Bonn-Dottendorf gelangt man auf der sanft ansteigenden Winzerstraße in einer Viertelstunde bis zu Dottendorfer Allee.
Die Winzerstraße, die in ihrem zweiten Teile einen schönen Rundblick auf das Bonner Stadtgebilde gewährt, mündet oben am Knotenweg, der über den Kohlenberg nach Friesdorf führt, rechts zum Exerzierplatz, sowie an einem Einschnitt zum Rheinhöhenweg, der Waldau, Paulshof und zur Kasselsruhe, und links über das Annaberger Feld zur Venne, Arndtruhe und nach Godesberg, sowie nach Schönwaldhaus usw. führt. Namentlich an den Spätherbsttagen, wo die Nachmittage zu Spaziergängen recht kurz sind, ist, die Benutzung der Straßenbahn nach Dottendorf, sofern man Ausflüge in den genannten Richtungen unternehmen will, sehr lohnend, da man hierdurch die große Strecke über den Kaiser Wilhelm-Park und Exerzierplatz und einen Teil des Rheinhöhenweges erspart und sich auch sehr bald im eigentlichen Kottenforst befindet.
Gedächtnisfeier. Das Bonner Pfadfinderkorps hielt gestern am Grabe des verstorbenen Leutnants v. Gottberg auf dem Poppelsdorfer Friedhof eine Gedächtnisfeier ab, an der die jungen Pfadfinder mit ihrer Fahne zahlreich teilnahmen. Herr Kaplan Schopen gedachte in herzlichen Worten des zu früh dahingeschiedenen jungen Offiziers, der vor nunmehr Jahresfrist den Heldentod für das Vaterland starb. Als Gründer und Leiter des Bonner Pfadfinderkorps habe er es verstanden, die jungen Leute zu charakterfesten Menschen zu erziehen, wodurch das Bonner Korps vorbildlich für ganz Rheinland geworden sei. Auch als Offizier habe er sich die Liebe der Soldaten zu erringen gewußt. Nach Beendigung der schlichten Feier legten die Pfadfinder und eine Abordnung des hiesigen Bataillons der 160er einen Kranz am Grabe nieder.
Metropol-Theater. Die Lichtspiele machen uns die Vorgänge auf den Kriegsschauplätzen lebendig. Man sieht die Wirkung unserer schweren Mörser an Festungswerken des Ostens. Zertrümmerte Forts von Iwangorod, Warschau und Novo Georgiewsk sieht der Beschauer gleichsam als ob er selbst vor diesen Werken stände. Man kann unsere Pioniere beim Bau von Notbrücken, beim Herrichten der Pfähle, beim Einrammen usw. beobachten. Man sieht ganze Armierungskolonnen aufmarschieren, beobachtet das flutende Leben der Militärs am Bahnhof von Sosnowice u. a. m.
Im Mittelpunkt des Interesses steht jetzt der verfilmte Detektivroman Fatomas. Es wird darin ein Verbrecher von höchster Intelligenz und Grauen erregender Kaltblütigkeit in seinen von allen moralischen Hemmungen losgelösten Handlungen gezeigt. Bei der Ausführung dieses Riesenfilms haben offensichtlich erste Schauspielkräfte mitgewirkt. Der Film führt in das Reich des geheimen Polizeidienstes und der Apachenwelt. Rein literarisch handelt es sich um eine sehr geschickte Mache, die da von ihrer Spannkraft verliert, wo man dem Verfasser etwas schärfer auf die Finger sieht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Stadttheater. Am Mittwoch geht als erste Neuheit in dieser Spielzeit „Jettchen Gebert“ von Herrmanns in Szene. Das Werk steht augenblicklich auf dem Spielplan der meisten deutschen Bühnen und wird überall mit großem Beifall aufgenommen. Als erstes Lustspiel folgt am Freitag „Comtesse Guckerl.“
Der letzte Zug der elektr. Vorortbahnen fährt nach Königswinter ab Haltestelle Brückenstraße, Beethovenhalle, um 10,57; nach Siegburg gleichfalls von der vorgenannten Haltestelle ab 11,05; nach Godesberg-Mehlem ab Kaiserplatz um 10,55 Uhr abends. Diese Einrichtung dürfte für die auswärtigen Besucher des Bonner Stadttheaters mit Freuden begrüßt werden, da ihnen hierdurch nach Schluß der Theatervorstellung eine angenehme Fahrgelegenheit geboten wird. Es ist Vorsorge getroffen worden, daß die Theatervorstellungen so zeitig beendet sind, daß die vorgenannten Züge von den Theaterbesuchern bequem erreicht werden können.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)