Dienstag, 31. August 1915
Der Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose hat gestern nachmittag unter dem Vorsitz von Geheimrat Doutrelepont seine Mitglieder-Versammlung abgehalten. (...) Trotz des Krieges setzte der Verein, wenn auch in beschränktem Umfange, seine Tätigkeit fort. 50 Lungenkranke wurden mit einem Kostenaufwand von 1792 M. in Erholungsstätten untergebracht. 19 Familien erhielten Barunterstützungen von zusammen 678 M. Insgesamt wurden für Unterstützungen 2908,64 Mark ausgegeben. (...) Es wurde beschlossen, von dem 3399 M. betragenden Bankguthaben 2000 M. für die dritte Kriegsanleihe zu zeichnen. (...) Beigeordneter Dr. von Gartzen teilte mit, daß die Tages-Erholungsstätte in Grau-Rheindorf zu Beginn des Krieges geschlossen werden mußte, weil die Aufrechterhaltung des Betriebes aus verschiedenen Gründen nicht möglich war. In der allernächsten Zeit werde sie zur Aufnahme nervenkranker Soldaten wieder eröffnet werden. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Felddiebstähle nehmen trotz scharfen Aufpassens immer mehr zu. Einem Anbauer im westlichen Stadtteil wurde fast ein Drittel seiner gesamten Kartoffelernte gestohlen. Am Samstag abend gelang es einem Feldhüter von Endenich, einen Kartoffeldieb auf frischer Tat abzufassen.
Das Städtische Viktoriabad ist in der Zeit vom 1. September bis 31. März von vormittags 8 bis nachmittags 1 Uhr und von nachmittags 3 bis 8 Uhr geöffnet. Die Volksbadeabende Mittwochs und Samstags beginnen nachmittags um 5 ½ Uhr und dauern bis 8 Uhr.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 31. Aug. Die helfende Liebe ist auf mancherlei Weise in unserer Gemeinde am Werk, Nöte zu lindern und Wunden zu heilen, die der Krieg schlägt. Schon früher wurde fast jährlich eine beschränkte Anzahl kränklicher Kinder, deren Eltern nicht in der Lage waren, durchgreifende Hülfe für die Stärkung und Festigung der Gesundheit ihren Kindern angedeihen zu lassen, nach Kreuznach gesandt, damit sie dort Solbäder nehmen und durch zweckentsprechende Ernährung ihre Gesundheit kräftigen konnten. In der alten Weise konnte dies in der Kriegszeit nicht ausgeführt werden, weil die Anstalten in Kreuznach in Lazarette umgewandelt sind und Raum für die Aufnahme von Kindern nicht mehr vorhandne ist. Aber die Liebe macht erfinderisch und fand auch hier einen Weg. Eine Dame unserer Gemeinde hat in liebenswürdiger Weise die Badezimmer ihres Hauses zur Verfügung gestellt: Die Zutaten für Solbäder werden nach hier besorgt, und die Kinder werden vormittags gebadet. Nach dem Bad ruhen die Kinder und erhalten dann Milch. Nachdem sie bis 12 ½ Uhr durch Vorlesen und Erzählen unterhalten worden sind, werden sie in das Godesberger Volksspeisehaus (ehemals Gasthof Hüttenrauch) geführt und erhalten hier kräftige Kost. Die Wirkung der Bäder und der guten Pflege zeigt sich schon bald in der zunehmenden Kräftigung der Kinder. Es ist dies nicht allein ein echt christliches Liebeswerk, sondern es liegt auch im vaterländischen Interesse. Angesichts der großen Menschenopfer, die der Krieg von uns fordert, ist es vaterländische Pflicht, alles zu tun, um die Volkskraft zu erhalten und zu stärken. Es werden jetzt täglich zwanzig Kinder nach der geschilderten Weise hier gepflegt.
Godesberg 30. Aug. Wir brachten in unserer Sonntagsnummer eine Notiz, daß die Godesberger Jugend anläßlich der Siegesbotschaft über den Fall der Festung Brest-Litowsk einen Fackelzug veranstaltet habe. Es hieß darin, daß die Veranstalter alles Kerlchen von vier bis zehn Jahren gewesen seien und daß auch der Höchstkommandierende, der das Ganze leitete, zehn Jahre alt gewesen sei. Zwei „Unteroffiziere“ der Ortskompagnie teilen uns berichtigend mit, daß sie keine Kerlchen von vier bis zehn Jahren seien, sondern daß der jüngste sechs Jahre alt ist. Der Herr Oberst sei auch nicht zehn Jahre alt, sondern 15 Jahre, und die Jungen, die auf den Rädern gesessen hätten, wären 12 Jahre alt. Trotzdem die Herren Unteroffiziere nicht mit dem Preßgesetz gedroht haben, halten wir uns zur Berichtigung verpflichtet. Recht muß Recht bleiben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Reicher Obstertrag. Der wirt Wilhelm Werker, Hatschiergasse 6, hat in seinem Garten von einem Baum Birnen geerntet, die meist über 500 Gramm das Stück wiegen, eine erreichte sogar ein Gewicht über 600 Gramm.
Vernagelungsfigur. Daß unsere Feldgrauen an allen Ereignissen und Fragen, die ihre Heimat betreffen, regen Anteil nehmen, beweist eine an uns gerichtete Zuschrift, in der mehrere Bonner Feldgraue den Vorschlag machen, zur Benagelung ein Standbild irgend eines der bekannten Bonner Originale aus früherer Zeit zu wählen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)