Samstag, 7. August 1915
250 Verwundete aus den hiesigen Reservelazaretten und der Verwundeten-Kompagnie unternahmen vorgestern wieder einen Schiffsausflug auf einem Regierungsdampfer, der auf Ersuchen des hiesigen Reservelazarett-Delegierten, Herrn Karl Henry, vom Oberpräsidenten der Rheinprovinz zur Verfügung gestellt worden war. Auf dem Schiffe, das Herr Dr. Meyer von der Bonner Fahnenfabrik prächtig hatte schmücken lassen, sorgte Herr Hofwirt Rieck für die Verpflegung der Fahrgäste. Die Abfahrt von Bonn erfolgte mittags 12 Uhr. Die herrliche, den meisten Teilnehmern noch unbekannte Rheinlandschaft, Musikvorträge der Bonner Landsturmkapelle und Darbietungen des Verwundeten-Gesangvereins unter Leitung des Herrn Kapellmeisters Sauer steigerten die Lebenslust unserer verwundeten Feldgrauen und erzeugten bei ihnen bald eine frohe Stimmung. Die Fahrt ging rheinaufwärts bis Koblenz und wieder zurück. Gegen 9 Uhr endete der Ausflug, der allen Teilnehmern wohl dauernd in angenehmer Erinnerung bleiben wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wegen Vergehens gegen die Bundesrats-Verordnung über die Brotversorgung hatte sich die Inhaberin eines Brotgeschäfts aus Beuel, die das Brot von einem Bäcker bezieht und dann an ihre Kunden weitergibt, vor dem Schöffengericht zu verantworten. Sie hatte in dem Brotbuch eines Kunden nicht, wie vorgeschrieben, den Tag des Verkaufs eingetragen. Da die Angeklagte schon einmal wegen eines solchen Vergehens bestraft war, lautete das Urteil auf 15 Mark Geldstrafe.
Zureden hilft. Man schreibt uns aus Köln, 6. Aug.: Viele Verkäufer, namentlich Kleinbauern aus der Umgegend, konnten sich nicht entschließen, die vorgeschriebenen Preistafeln an ihren Verkaufsständen auf dem Wochenmarkt anzubringen. In vielen Fällen waren die Preistafeln zwar vorhanden, wurden jedoch, sobald die Marktbeamten den Rücken gekehrt hatten, weggenommen. Da alle Vorhaltungen nichts fruchteten, machte die Polizei kurzen Prozeß und schrieb die Uebeltäter sämtlich auf. Jetzt, nachdem rund 100 Protokolle verfügt wurden, prangen auf allen Ständen die vorgeschriebenen Preisverzeichnisse.
Bonner Wochenmarkt. Auf dem gestrigen Wochenmarkt waren die Preise, außer einigen Artikeln, die im Preise etwas heruntergegangen waren, unverändert. Bei großem Angebot fand die Ware nicht den gewünschten Absatz; nur die Gemüsebauern machten bessere Geschäfte, und hatten viele von ihnen bereits um 11 Uhr ihre Waren ausverkauft. Der gestrige Markt bot wieder eine große Auswahl in allen möglichen Obstsorten. Die Preise hierfür sind aber im Verhältnis zu dem großen Angebot sehr hoch.
Auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz war auch gestern wieder großes Angebot und fanden die Waren dort flotten Absatz. Die Preise waren hier im Verhältnis dieselben wie auf dem Wochenmarkt. (...)
Der städtische Gemüse- und Kartoffel-Verkauf auf dem Bonner Wochenmarkt war gestern wieder recht lebhaft. Hauptsächlich war die Nachfrage in Kartoffeln sehr groß. Die Käufer standen zu Hunderten reihenweise hintereinander. (...)
Von anderer Seite wird uns noch gemeldet: Der Städtische Gemüse- und Kartoffelverkauf hatte auch gestern solch großen Zuspruch, daß gegen Schluß des Verkaufs um 6 Uhr nachmittags so ziemlich mit allen Vorräten aufgeräumt war. Die Kartoffeln waren lange vor Marktschluß ausverkauft; im Ganzen wurden gestern 125 Zentner in Mengen von 10 Pfund ausgewogen. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Hindenburgstraße. Warum hat man nicht den Bonner Talweg von der Reuterstraße bis nach Kessenich Hindenburgstraße genannt? Dort befindet sich die neue Offiziers-Speiseanstalt, für die die Städtische Armenverwaltung das Grundstück an den Militärfiskus verkauft hat. Es wäre doch besser, den oberen Bonner Talweg Hindenburgstraße zu nennen, damit es nach dem Kriege heißt: Offiziers-Kasino an der Hindenburgstraße. Civis.
Kartoffel- und Gemüse-Verkauf in Godesberg. Allenthalben haben die Stadtverwaltungen mit der Einrichtung, Kartoffeln, Gemüse und Obst für eigene Rechnung zu verkaufen, gute Erfahrungen gemacht und den Preistreibereien auf den Märkten Einhalt getan. Auch wir Godesberger würden es mit Freuden begrüßen, wenn sich unsere Gemeindeverwaltung mit dieser Angelegenheit befassen wollte. Hier werden noch immer 9 und 10 Pfg. für das Pfund Kartoffeln verlangt und auch die Preise für Gemüse und Obst sind bedeutend höher als anderswo. Einer für viele.
Theatereröffnung. In Erwiderung möchte ich mir erlauben, daß der Herr über die Theaterfrage sehr einseitig urteilt. Nicht allein dem Vergnügen soll das Theater dienen, sondern auch dem Unterhalt der Schauspieler beisteuern. Wenn jeder Mensch so denken würde, wie der Herr Rektor, was wollte denn die Theaterwelt anfangen? Auch wir wollen in den ernsten, teuren Zeiten leben, wie jeder andere. Deshalb ist die Theatereröffnung ein gutes Werk. Ich glaube nicht, daß der Herr zufrieden wäre, wenn er aus seiner eignen Tasche den armen Künstlern helfen müßte. Darum die Bitte: Eröffnet das Theater und macht es den Künstlern nicht so schwer, ihr Brot zu verdienen. Eine Schauspielerin H. Str.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der Handels- und Gewerbe-Verein hielt am Donnerstag abend im Gasthof zum goldenen Stern eine Hauptversammlung ab, die der Schriftführer, Herr Fusbahn, leitete. Er erinnerte zunächst an den Jahrestag der Mobilmachung und die Erfolge Deutschlands im ersten Kriegsjahre und schloß mit einem Kaiserhoch. Dann führte er aus, daß eine Reihe wichtiger Bekanntmachungen in letzter Zeit erlassen worden sei, die ziemlich einschneidend für manchen Gewerbetreibenden seien. Deshalb habe man eine Aussprache hierüber im Vereine herbeiführen wollen. (...) Herr Kalt führte dann aus, daß die meisten Geschäfte infolge großen Personalmangels kaum noch in der Lage seien, wie in Friedenszeiten selbst die kleinsten gekauften Gegenstände den Kunden ins Haus zustellen zu lassen. Es ist notwendig, daß unseren Damenwelt hierüber aufgeklärt werde. Herr Meyer führte aus, man möge diese Aufklärung auch auf die Auswahlsendungen ausdehnen. Dieser Tage sei es vorgekommen, daß eine Dame sich aus einem Geschäfte eine Auswahlsendung habe zuschicken lassen. Ein Mädchen habe sie zugestellt. Kaum sei es bei der Dame gewesen, so sei aus einem zweiten Geschäft ein Mädchen mit einer weiteren Auswahlsendung gekommen, diese beiden hätten dann eine halbe Stunde warten müssen, bis ein drittes Mädchen mit einer dritten Auswahlsendung aus einem dritten Geschäft gekommen sei, und dann erst habe die Dame ihre Wahl getroffen. Das gehe doch entschieden zu weit. Ein Metzgermeister beklagte sich über die Art der Fleischbestellungen. Jeder Metzger lasse abends seine Kundschaft abfragen. Allein das genüge nicht, die Bestellungen durch Fernsprecher hielten den ganzen Vormittag über an. Es sei sogar vorgekommen, daß man in eine entfernte Straße noch morgens um 11 Uhr ein Viertel Pfund Schwartemagen gebracht haben wollte. (...) Es wurde dann beschlossen, durch Anzeige in den Tageszeitungen das kaufende Publikum zu ersuchen, in den angeführten Punkten mehr Rücksicht auf die Geschäfte zu nehmen. (...) Zum Schlusse verlas Herr Fusbahn ein Schreiben des Herrn Oberbürgermeisters, worin dieser um eine gutachtliche Aeußerung über eine beantragte Einführung des Sonntags-Einuhrladenschlusses für die Dauer des Krieges bat. Die Versammlung spricht sich einheitlich gegen den Erlaß einer solchen Bestimmung aus.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)