Dienstag, 15. Juni 1915
Jahrhundertfeier der Deutschen Burschenschaft in Bonn. Zum Jahrhundertgedenktage der Stiftung der Deutschen Burschenschaft zu Jena am 12. Juni 1815 hatten sich am Samstag abend auf dem in der Burschenschafterbewegung an unserer Hochschule zu einer historischen Stätte gewordenen Schänzchen etwa achtzig alte und junge Burschenschafter unter Vorsitz des Herrn Geheimrats Kaiser (Alemania auf dem Pflug, Halle) zu einem feierlichen Kommers vereint. Eine recht beträchtliche Zahl für diese Kriegszeit; denn zu den zwölftausend Burschenschaftlern, die im Felde stehen, stellen die Rheinländer einen bedeutenden Teil; ist doch der Stand der in Bonn anwesenden Mitglieder der drei hiesigen aktiven Burschenschaften zusammen bis auf acht Köpfe geschmolzen. Es waren eben zu dem Kommers von Köln und Koblenz und aus näheren und entfernteren Ortschaften rheinaufwärts und rheinabwärts alle gekommen, die sich frei machen konnten; auch die aus den Kasernen und Lazaretten, und deren war ein so stattliche Zahl an der Kommerstafel, daß stellenweise zwischen den feldgrauen Waffenröcken das bürgerliche Gewand fast verschwand. (...)
Beim Gesang der alten historischen Burschenschaftslieder, bei gehaltvollen Gesprächen, verlief die würdige Feier in einer Stimmung, die vom Ernst, der Größe und Bedeutung der Zeit erfüllt war und allen Teilnehmern unvergeßlich bleiben wird.
Der stellvertr. Kommandierende General des 8. Armeekorps hat folgendes bestimmt: „Es haben Veröffentlichungen über die Gesamtverluste des deutschen Heeres und der Marine stattgefunden, die, wenn sie auch auf das amtliche in den Verlustlisten enthaltene Material Bezug nahmen, nicht Anspruch auf Richtigkeit erheben konnten und zum Teil weit übertriebene Zahlen angaben. Derartige Mitteilungen sind geeignet, grundlose Beunruhigungen in der Bevölkerung hervorzurufen und auch im Ausland unrichtige Vorstellungen über die deutschen Verluste wachzurufen. Ich verbiete daher alle derartigen Veröffentlichungen ohne Unterschied. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu 1 Jahre geahndet.
Die Deutsche Gartenstadt-Gesellschaft, die auch in Bonn zahlreiche Freunde besitzt und nach deren Grundsätzen hier eine Siedlung gebaut werden soll, hat eine Denkschrift herausgegeben: Unseren Invaliden Heim und Werkstatt in Gartensiedlungen. (...) Die Denkschrift tritt (...) dafür ein, daß Gartensiedlungen im Sinne der Gartenstadt-Gesellschaft möglichst überall gegründet werden und daß in ihnen vor allem auch den Kriegsinvaliden Gelegenheit geboten wird, gesund und billig zu wohnen. Sie hebt die mancherlei Vorzüge hervor, die solche Siedlungen gerade den Kriegsinvaliden bieten können. U.a. wird betont, der genossenschaftliche Geist in den Siedlungen werde auch die Invaliden umschlingen und seine erzieherische Wirkung nicht verfehlen, er müsse gesunde Regungen wecken und nähren, Rentenpsychosen und Simulantentum aber hemmen und hindern. Dagegen wird davor gewarnt, besondere Kolonien für Kriegsinvaliden zu schaffen. Je mehr der Invalide unter Gesunden aufgehen könne, um so besser für ihn, während eine reine Kriegsinvalidenumgebung nur hemmend auf Willenskraft und Lebensfreude wirken müsse. (...)
Von der geplanten Gartenvorstadt Bonn am Liefelingsweg enthält die Schrift einen Gesamtplan, verschiedene Straßenbilder und Grundrisse. Die Mitgliederzahl der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Gartenvorstadt Bonn beträgt über 800. Mit der Bautätigkeit sollte vorigen Herbst schon begonnen werden, der Krieg verhinderte das aber. Inzwischen ist der ursprüngliche Bebauungsplan insofern abgeändert worden, daß in der besten Lage der Siedlung auch ein genossenschaftliches Ledigenheim für Kriegsinvaliden mit Werkstätten vorgesehen ist.
Metropol-Theater. Der Spielplan dieser Woche bringt wieder zwei größere Filmdramen mit namhaften Künstlerinnen in den Hauptrollen. Von ganz besonderem Interesse dürfte für Bonn ein Film sein, der die Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe bei dem Besuch eines Lazaretts zeigt. Von den Kriegsschauplätzen werden die neuesten Begebenheiten vorgeführt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Salondampfer Albertus Magnus veranstaltet morgen vormittag eine Sonderfahrt nach Königswinter.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Verkehr am Sonntag war wiederum ein außerordentlich reger. Staatsbahn, Siebengebirgsbahn und die Rheinuferbahn waren schon vormittags überfüllt. Unendlich viele Wanderer besuchten das Siebengebirge. Freilich sind die Damen jetzt stärker vertreten als die Herren. In Truppen von 10 und 20 Personen, den Rucksack aufgeschnallt, ziehen sie fröhlich singend in die Berge und Wälder.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)