Mittwoch, 9. Juni 1915
Sanitätshunde. Von der Bonner Meldestelle ist ein weiterer Führer, Herr Kaufmann Jakob Same aus Roisdorf, zur Front abgegangen. – Da bei der Ersatzstellung der Sanitätshunde und Führer für den Ausfall im Felde durch die einzelnen Meldestellen oftmals Verzögerungen entstanden sind, ist nunmehr von der Heeresverwaltung in Fangschleuse bei Berlin ein „Militärdepot“ für Sanitätshunde und Sanitätshundeführer eingerichtet worden. Von dort aus wird in Zukunft der Ersatz nach der Front geregelt. Die bei den Meldestellen eingestellten Führer und Hunde werden nach der Ausbildung diesem Militärdepot überwiesen, werden dort sofort eingekleidet, vereidigt und sind vom Tage des Eintritts ab Soldaten. Diese Einrichtung bedeutet für den Sanitätshundedienst einen großen Fortschritt.
Die Hitze. Die ersten Junitage bringen uns heuer ganz ungewöhnliche Hitze. Am Montag wurde als Höchstwärmestand 29 Grad Celsius gemessen, gestern vormittag 1 Uhr gar 30 Grad. Solche Gluthitze beginnt für den Pflanzenwuchs bereits schädlich zu werden. Gelb und verbrannt wie Steppenland liegen die Rasenflächen da, die Frühjahrssaat leidet, durstig lassen Kartoffeln und Gemüsepflanzen die Köpfe hängen. Ein reichlicher Regenguß tut unseren Fluren not.- Die heuer gemessenen Temperaturen kommen denen aus dem berüchtigten Hitzejahr von 1911 gleich.
Bei dem Rheinischen Bundesschießen im Juli v. J. in M.-Gladbach errang, wie infolge des Krieges erst jetzt bekannt wird, unser Bonner Mitbürger J. J. Reeb, derzeit Waffenmeister im Garde-Jäger-Bataillon, vier wertvolle Preise und Geldbeträge.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
In den städtischen Rheinbadeanstalten herrschte gestern Nachmittag Hochbetrieb. Den Hauptprozentsatz der Besucher stellten die Benutzer des Freibades, das gestern Nachmittag den Frauen und Mädchen vorbehalten blieb. Schätzungsweise wurde die Freibadeanstalt am gestrigen Nachmittag von etwa 1½ bis 2000 Mädchen besucht. – Kein Wunder auch, denn das Wasser hatte eine Wärme von 22 Grad.
Wässert die Obstbäume! Fast alle Obstbäume zeigten in diesem Frühjahr einen reichen Blütenflor, so daß – da auch Nachtfröste wenig Schaden anrichteten – eine reiche Obsternte zu erwarten ist. Leider ist bei der anhaltenden Trockenheit zur jetzigen Zeit zu befürchten, daß ein großer Teil der kleineren Früchte abfällt. Jeder Obstzüchter sollte es sich daher zur Pflicht machen, seine Obstbäume schon in den nächsten Tagen durchdringend zu wässern; namentlich sollte dieses erfolgen bei Bäumen, die in leichtem Boden stehen und bei solchen, die auf flachwurzelnden Unterlagen veredelt sind, z. B. bei Apfelbäumen auf Paradiesunterlage. Bäume in Wiesen und Grasgärten leiden weniger unter Feuchtigkeitsmangel.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städt. Fleischverkauf. Die Stadtverwaltung hat in dankenswerter Weise nun auch noch einen dritten Verkaufstag in der Woche eingerichtet. Trotzdem ist eine Abnahme des Andranges nicht zu verzeichnen. Stundenweise stehen die Frauen vor dem Verkaufslokal und viele müssen, da sie im Haushalt nötig sind, unverrichteter Sache wieder heimgehen. Rätlich wäre es, wenn die Stadt ein übriges tun wollte und wie seiner Zeit beim Reisverkauf in der Franziskanerstraße, mehrere Verkaufsstellen einrichtete. Den Verkäufern wäre dadurch die Arbeit leichter gemacht und die Hausfrauen erhielten ihre Waren, ohne einen halben Tag versäumen zu müssen. Eine Hausfrau, die schon zweimal vergebens dort war.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
An die 19jährigen und alle diejenigen, die in diesem Jahre das 19. Lebensjahr vollenden, ergeht folgende Bekanntmachung des Oberbürgermeisters:
Sämtliche im Stadtkreise Bonn sich aufhaltenden Wehrpflichtigen des Geburtsjahres 1896 werden aufgefordert, sich unverzüglich im hiesigen Militärbureau, Rathausgasse Nr. 26, zur Stammrolle anzumelden. Mitzubringen sind der Geburtsschein oder sonstige Ausweise.
Noch mehr Liebesgaben für die Karpathen-Armee. Die Sammlung für unsere zur Zeit im heldenmütigen Kampfe stehende Karpathen-Armee hat ein sehr erfreuliches Ergebnis gehabt. Hemden, Strümpfe, Unterhosen, Tabake und vor allen Dingen Geldspenden sind reichlich geflossen. Vor allen Dingen ist es erfreulich, daß sich viele Familien die Mühe gegeben haben, ihre Gaben in kleine Pakete zusammen zu fassen und diesen einen Vers und ein paar liebe Zeilen beizufügen. Gerade derartige Sendungen erfüllen das Soldatenherz mit großer Freude. Zunächst sei hiermit allen Gebern herzlichster Dank gesagt. Der beste Dank wird für sie aber die Genugtuung sein, mit dazu beizutragen, unseren Helden ein kleine Freude zu bereiten.
Um zwei Eisenbahnwagen zu füllen, fehlt jedoch noch viel, und wir richten daher noch einmal die dringende Bitte an unsere Bürgerschaft, namentlich an diejenigen, die bislang abseits vom Wege gestanden haben, sich doch mit einer kleinen Gabe, sei es in Geld, sei es in Hemden, Unterhosen, Taschentüchern, Handtüchern, Insektenpulver, Schokolade und vor allen Dingen Tabake, zu beteiligen. Greift in Eure Taschen und gebt reichlich! Es ist die Pflicht der Zurückgebliebenen, auch Opfer zu bringen und es ist nicht nur eine Pflicht, sondern eine Dankesschuld. Der Zeitpunkt für den Abgang der Eisenbahnwagen ist bis zum 12. d. M. verschoben worden. Wir hoffen demnach, daß bis dahin dieser erneute Aufruf an die Bürgerschaft ein glänzendes Ergebnis haben wird, denn nur dieses kann unserer lieben Stadt Bonn zur besonderen Ehre gereichen. Die Gaben werden nach wie vor bei der Rheinisch-Westfälischen Diskonto-Gesellschaft am Münsterplatz, Ecke Sürst, angenommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)