Sonntag, 30. Mai 1915
Bonner Wehrbund. An den beiden Pfingsttagen unternahmen 38 Mitglieder des Bonner Wehrbundes unter Führung von Geheimrat Brinkmann eine gemeinsame Wanderung in die Eifel. Der Marsch begann in Brück an der Ahr und führte am ersten Tage bis Kelberg. Auf der Hohen Acht wurde Mittagsrast gehalten, auf der Nürburg gemeinsam der Kaffee eingenommen. Gegen 7 Uhr rückte die Jungmannschaft mit festem Tritt unter dem Gesang vaterländischer Lieder in Kelberg ein und vor das Pfarrhaus, in dessen Scheune Herr Pfarrer Eisvogel in liebenswürdiger Weise kriegsmäßiges Quartier dargeboten hatte. Am anderen Morgen nach dem Gottesdienst und dem von Herrn Pfarrer und Herrn Dr. med. Zimmer gütigst gespendeten Kaffee verabschiedete sich der Wehrbund mit dankbarem Heilruf von dem gastlichen Pfarrhause und zog durch das Liesertal nach Daun. Auf dem Mäuseberge an einer frischen Quelle wurde gerastet, aus den Vorräten des Rucksackes zu Mittag gegessen, von vielen auch die Gelegenheit zu erquickendem Bade im Gemündener Maar benutzt. Dann ging es zu den beiden anderen Maaren und nach Daun zurück, von wo nach gemeinsamen Kaffee um 6 Uhr die Rückfahrt angetreten wurde. Mit kräftigem Hurra auf Kaiser und Reich trennte man sich um 11 Uhr vor dem Bonner Bahnhof. – Wacker haben die Teilnehmer die Strapazen des Marsches bei großer Hitze und auf meist wenig bequemen Wegen überwunden, wacker haben sie auch treue Kameradschaft unter einander gehalten. So wird ihnen allen die Wanderung mit ihren gemeinsamen Erlebnissen und den herrlichen Eindrücken hoher Naturschönheiten dauernd eine köstliche Erinnerung bleiben. Am Samstag trat der Wehrbund zu einer Abendübung an der Nordschule an.
Die Brotkarten in Kur- und Badeorten. Die Reisezeit hat begonnen, und es wird mancher sich darüber Kopfzerbrechen gemacht haben, wie es an dem Orte, den er als seinen Erholungsaufenthalt wählt, mit der Brotkarte wird. Die Frage ist nunmehr durch einen Erlaß des Ministers des Innern geregelt worden. Kur- und Badegäste erhalten Brotkarten nur gegen Vorzeigung eines Brotkartenabmeldescheins, der vor der Abreise im Wohnort auszustellen ist und auf dem angegeben ist, daß der Abreisende für sich und seine Begleitung für die Dauer der Abwesenheit vom Wohnort keine Brotkarten erhalten hat. Wer also an seinem Erholungsort keine Weitläufigkeiten mit der Brotkarte haben will, versäume nicht vor der Abreise, sich einen Brotkartenabmeldeschein ausstellen zu lassen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bubenstreich. Auf den um 7.42 Uhr hier abends abgehenden Personenzug wurde am Freitag in unmittelbarer Nähe des Wasserturmes und Bahnwärterhäuschens am Marflacherweg in Godesberg von schulpflichtigen Knaben mit Steinen geworfen. Ein Wurf durchdrang das Glasfenster auf der Lokomotive und brachte dem Lokomotivführer eine erhebliche Verletzung am Auge bei. Die polizeiliche Untersuchung wurde sofort veranlaßt.
Ein alter Dieb wurde gestern von der Strafkammer zu drei Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt. Er hatte in Kessenich einen Hobel und zwei der Kirche gehörige Tücher, sowie in Poppelsdorf zwei Enten gestohlen. Ferner hatte er versucht, in Poppelsdorf eine Ziege zu stehlen. Dem Tier hatte er bereits einen Stich in den Hals beigebracht, sodaß es am anderen Morgen tot im Stalle aufgefunden wurde.
Wegen Vergehens gegen die Bäckereiverordnung des Bundesrats wurde ein Bäcker aus Godesberg, der mehr Mehl verbacken hatte, als ihm zugestanden war, zu 60 Mk. Geldstrafe verurteilt. In zwei Sachen erfolgte Vertagung. Die eine Angeklagte hatte Keks verkauft. Sie behauptete, dieser Keks hätte genau der für Bonn erlassenen Bäckereiverordnung entsprochen. Eine zweite Angeklagte behauptete, sie habe sich bei der Einreichung ihrer Bestandnachweisung geirrt, indem sie die Zahl der Säcke Mehl statt der Zentner angegeben habe.
Eine Denkmünze aus Kriegsgeschoßmaterial erhielt der Schüler des hiesigen Königlichen Gymnasiums Karl Barthels. Er hatte seine umfangreiche Sammlung von Medaillen und ausländischen Münzen und sein reichhaltiges Briefmarkenalbum dem Zentralkomitee des preußischen Roten Kreuzes in Berlin zur Verfügung gestellt.
Warnung vor überstürzten Zuckereinkäufen. Man schreibt uns: An die Hausfrauen ist schon wiederholt die Warnung ergangen, nicht größere Mengen Zucker einzukaufen, als sie im Augenblick benötigen. In Händlerkreisen wird sehr darüber geklagt, daß Hausfrauen, die früher ein halbes Pfund oder höchstens ein ganzes Pfund Zucker gekauft haben, heute 5, 10 und mehr Pfund fordern. Die Hausfrauen befürchten, daß es demnächst überhaupt keinen Zucker mehr gebe, oder daß unerschwingliche Preise dafür gezahlt werden müßten. Diese Befürchtungen sind grundlos. Die augenblickliche Zuckerknappheit ist in erster Linie auf die Angsteinkäufe der Hausfrauen zurückzuführen; dann aber auch können die Zuckerfabriken dadurch, daß ihnen von der Regierung nur ein bestimmtes Quantum an Rohmaterial geliefert wird, nicht allen übermäßigen Auftragen gerecht werden. Dazu kommt noch der augenblickliche Arbeitermangel, der Mangel an Wagen zum Verladen usw. Von Preistreibereien kann dadurch wirksam entgegengetreten werden, daß jeder heute nur die Menge einkauft, die er benötigt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Viehfutter am Wegrand. Man schreibt uns: „In reichen Gegenden des Westens der Monarchie findet sich an den Wegrändern oft eine üppige Vegetation, die vollkommen unbenutzt bleibt. Ist dies der Fall, so hat der Landmann noch Schaden davon. Die ungenutzten Wegränder sind nämlich eine Heimstätte des Unkrauts. Von hier aus wird der Unkrautsamen vom Wind auf die Felder getragen, wodurch nicht selten das Wachstum der Kulturpflanzen schwer behindert wird. Schon aus diesem Grunde ist ein mehrmaliges Abweiden oder Abmähen der Wegränder dringend zu empfehlen. Der hierfür zu entrichtende Zins kann sehr gering bemessen werden. Unbedingt nötig ist dabei freilich, daß demjenigen, der das Nutzungsrecht erhält, die Nutzung auch zur Pflicht gemacht wird.“ H. P. Wamser.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)