Mittwoch, 5. Mai 1915
Pfingstliebesgaben. Die von der Heeresverwaltung gegen die Oster-Liebesgabensendungen erlassene Erklärung gilt sinngemäß auch für derartige Sendungen anläßlich des Pfingstfestes. Demnach ist es nicht angängig, besondere Pfingst-Liebesgabensendungen an die Front zu schicken. Weder die Militärpaketdepots, noch die Güterabfertigungsstellen übernehmen die Vorführung von geschlossenen Transporten mit Liebesgabenpaketen, die anläßlich des Pfingstfestes etwa geplant sein sollten.
Die Ortsgruppe Bonn des Deutschen Evangelischen Frauenbundes hielt am Montag im ev. Gemeindehause ihre 13. Jahresversammlung ab. (...) Die Versammlung erhielt eine besonders festliche Stimmung durch das Eintreffen der Siegesnachricht aus Westgalizien, die stehend entgegengenommen wurde u. mit dem Gesang „Nun danket alle Gott“ beantwortet wurde. Nach einer kurzen Pause erteilte die Vorsitzende das Wort der Rednerin des Tages, Frau H. Winnecke aus Straßburg, der Vorsitzenden des südwestlichen Verbandes, zu ihrem Vortrage: „Der Krieg und die deutsche Frau“. (...)
Rednerin erinnerte an den vorjährigen internationalen Frauenkongreß in Rom und seine Anträge auf friedliche Erledigung der internationalen Streitigkeiten, die uns heute fast töricht klingen, an die damals auf Grund der Schandtaten des Balkankrieges geforderten völkerrechtlichen Bestimmungen, die sich als wirkungslos erwiesen haben. Die Frau, so oft das wehrlose Opfer, leidet doppelt unter dem Sturm des Völkerringens. Trotzdem braucht sie das gewaltige Menschenlos des Krieges nicht tatenlos, ohnmächtig über sich ergehen zu lassen; nein, sie hat es zu ihrem Trost erfahren, daß man sie braucht, daß unser Volk den Riesenkampf nicht bis zum siegreichen Ende durchhalten kann, wenn die andere größere Hälfte des Volkes nicht auf ihrem Posten ist. (...)
Während öfters schon mit verdächtigem Eifer die Rückkehr der Frau zum Strickstrumpf und Kochtopf als ein schon jetzt zu buchender Erfolg des Krieges gepriesen wurde, muß festgestellt werden, daß eine typische Klasse von „Nurhausfrauen“ in krassem Familienegoismus bei den Forderungen des wirtschaftlichen Kampfes versagten, wogegen die durch die Schule der Frauenbewegung Hindurchgegangenen tatkräftige Organisatorinnen, sozialdenkende und –handelnde Frauen stellten. Als Rednerin noch verschiedene Gebiete berührt hatte, auf denen die Frau Hüterin der sittlichen Kräfte und Erzieherin einer starken zukünftigen Generation sein muß, schloß sie mit der ernsten Forderung, daß wir der Kriegszeit den Segen abzuringen suchen müssen, der in ihr beschlossen liegen kann. Wenn die deutsche Frau ihre Aufgabe darin sieht, Hüterin deutscher Treue und deutscher Sitte zu sein, dann sind alle schweren und blutigen Opfer nicht umsonst gebracht.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Maiständchen der Bonner Liedertafel vor dem Kaiserdenkmal hatte gestern abend eine vielhundertköpfige Zuhörerschaft zum Kaiserplatz gelockt. Obwohl nur etwa 100 Sänger unter Herrn Werths Leitung antraten – bekanntlich sind rund 150 Liedertäfler zu den Fahnen einberufen – kamen die einzelnen Darbietungen klar und schön zum Vortrag. Anstelle der sonst üblichen Mailieder hatte man dem Ernste der Zeit Rechnung tragend, Lieder vaterländischen Inhaltes gewählt; so u.a. das wuchtig „Heil Kaiser und Reich“, „Mädchen, wenn ich von dir ziehe“, „D’ Hamkehr“, „Lützows wilde Jagd“ und „Es braust ein Ruf“. Nur das Schlußlied „Frühling am Rhein“ war dem Wonnemonat gewidmet. Jedes einzelne Lied fand stürmischen Anklang.
Eine wohlgestaltete Riesengurke übersandte uns der Versuchsbetrieb für Gemüse- und Obstbau der Kgl. Landwirtschaftlichen Akademie. Das ungefähr 80 Zentimeter lange Stück ist in den Gewächshäusern des Gutes Marhof bei Sechtem gezüchtet worden. Im Laufe des Winters hat man dort einen Versuchsbetrieb für Freilandkulturen und für Gewächshäuser und Glasanlagen eingerichtet. Die herrliche Gurke, sie hängt in unserem Schaufenster aus, beweist, daß unter sachgemäßer Pflege in Deutschland im Frühgemüsebau dasselbe erzielt werden kann, wie im Auslande.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Kaiser-Wilhelm-Spende Deutscher Frauen veranstaltet an manchen Orten Haussammlungen, wozu das Ministerium des Innern seine Genehmigung erteilt hat. Da die hiesige Sammlung trotz der Kürze der Zeit schon ein erfreuliches Ergebnis gehabt hat, glaubt der Ortausschuß hier in Bonn von einer Haussammlung absehen zu können. Wir wiederholen aber unsere Bitte an alle Frauen Bonns, sich an dieser vaterländischen Sammlung zu beteiligen. Die Sammlung soll dem Kaiser aussprechen, daß trotz aller Sorgen und alles Leids, das der Krieg ihnen bringt, die deutschen Frauen mit alter Liebe und Zuversicht auf ihn blicken. Mehr denn je haben wir Grund zu unerschütterlichem Vertrauen in die Zukunft und in die Führung unseres Kaisers. Indem die deutschen Frauen ihm ihre Spende zu irgend einem, von ihm näher zu bestimmenden gemeinnützigen Zweck zur Verfügung stellen, sprechen sie ihm diesen Dank und dies Vertrauen aus. Ihre volle Bedeutung kann die Sammlung aber nur haben, wenn auch wirklich alle Frauen sich an ihr beteiligen. Es kommt hierbei weniger auf die Höhe der gezahlten Beiträge als auf die Zahl der Beitragenden an, und wir hoffen, daß diese in Bonn auch ohne besondere Haussammlung groß sein wird. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")