Sonntag, 18. April 1915
Allgemeiner Deutscher Sprachverein. Man schreibt uns: Dienstag, den 20. April, abends ½7 Uhr wird im Saale der Lese- und Erholungs-Gesellschaft, der bekannte Herausgeber der Sprachecken, Herr Prof. Dr. Tesch aus Köln, einen Vortrag über die Bekämpfung des Fremdwörter-Unwesens im Auftrage des hiesigen Zweigvereins des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins halten. Dieser Verein sieht bekanntlich seine Hauptaufgabe in der Pflege unserer Muttersprache und in der Reinigung derselben von den entbehrlichen Fremdwörtern. Die Ausländerei ist ja bekanntlich seit Jahrhunderten eine Krankheit unseres Volkslebens, besonders in Schrift und Sprache, Tracht und Mode. Der gewaltige Völkerkampf, in dem wir seit acht Monaten stehen, mahnt unser Volk lauter als je, sich des Reichtums unserer Sprache bewußt zu werden, um den Kampf gegen die fremden Schmarotzer in allen Berufsarten, im Geschäftsverkehr und Umgang entschiedener zu führen. Auch der bevorstehende Vortrag soll dazu dienen und helfen. Der Deutsche Sprachverein hofft daher, daß der Vortrag – Eintritt ist frei für jedermann – recht zahlreich besucht werde, um das deutsche Ehrgefühl und die Liebe zu unserer herrlichen Muttersprache zu wecken und zu stärken.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachr ichten“)
Die Strafkammer verurteilte gestern morgen einen Ackerer von hier, der bei der Bestandsaufnahme des Getreides eine Menge Weizen nicht angegeben hatte, zu 100 Mk. Geldstrafe. – Ein Bäcker aus Pützchen, der mehr Getreide verbacken hatte als ihm zugestanden war, wurde mit 50 Mk. bestraft. – Ein Kartoffelhändler aus Bonn, der das Geschäft erst nach dem Kriege begonnen hatte, wurde, weil er Kartoffeln in Mengen von mehr als 20 Zentner zu höheren Preisen als gestattet war, verkauft hatte, zu 50 Mk. Geldstrafe verurteilt.
Schweineschlachtungen und Schweinezucht. Man schreibt uns vom Rhein: Die Durchführung der bundesrätlichen Verordnung über die Sicherstellung von Fleischvorräten haben es mit sich gebracht, daß der deutsche Schweinebestand von 25 Millionen Stück zu Anfang Dezember bis Mitte März um ungefähr 8 Millionen Stück zurückgegangen ist und aller Voraussicht nach wird sich bei der jetzt stattfindenden Zählung eine weitere Verringerung um etwa 8 Millionen Stück ergeben. Bei diesen Abschlachtungen handelt es sich nur zu einem kleinen Teile um schlachtreife, in der weit überwiegenden Mehrzahl um halbreife oder unreife Tiere. Die Preise für Schweine sind in den letzten Tagen auf eine geradezu unglaubliche Höhe gestiegen: auf dem Berliner Viehmarkt wurden für vollreife Tiere schon 124 bis 131 Mark für den Zentner Schlachtgewicht bezahlt gegen 57 Mark für die gleiche Sorte Schweine im Jahre 1914. Angesichts derartiger Preise liegt aber die Gefahr vor, daß auch eine sehr große Anzahl brauchbarer Zuchtschweine auf den Markt gebracht und dadurch die deutsche Schweinezucht auf Jahre hinaus empfindlich geschädigt wird. Aus den Kreisen des Fleischergewerbes sind deshalb Eingaben an die maßgebenden Behörden gerichtet worden, in denen als Abhilfmittel um die Zuverfügungstellung der Waldungen zur Waldweidewirtschaft für Schweine ersucht wird. Die Forstverwaltungen mehrerer deutschen Staaten haben die Staatswaldungen bereits gegen eine mäßige Gebühr für den Eintrieb und die Weide von Schweinen zur Verfügung gestellt; von den Gemeindeverwaltungen wird dasselbe erhofft.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nochmals das Buschwindröschen. Auf die Sprechsaalartikel in Nr. 8965 habe ich folgendes zu erwidern: „Giftig“, so daß man Kinder vor dem Abpflücken warnen muß, nennt man im praktischen Sprachgebrauch Pflanzen, die so große Mengen eines Giftes enthalten, daß das Kauen und Verschlucken einiger Blätter oder sonstiger Teile derselben Schwindel, Erbrechen etc. oder selbst Starrkrampf und Tod herbeiführt. Aber Pflanzen, die schlimmstenfalls die Haut röten, einen unangenehmen brennenden Geschmack haben, der sie übrigens schon ganz von selbst vor Massenkonsum bewahrt, als Giftpflanzen hinzustellen, nur weil man irgendwo etwas sehr Unsicheres, Unglaubwürdiges schwarz auf weiß ausgegraben hat, ist gänzlich unberechtigt. Ich habe mir eine dicke Lage gewaltsam zerquetschter Anemonenblätter stundenlang auf die Hand gebunden, ohne eine Spur von Blasenziehen zu konstatieren. Auch zerkaut und runtergeschluckt haben sie mir nichts getan. Freilich, eine ganze Handvoll, das muß ich schon Ochsen überlassen aus dem obenerwähnten Grunde und wie Delitzsch das auch mir annimmt. Erdbeeren und Gurken gelten auch nicht als giftig, weil manche Menschen Nesselfieber davon bekommen. Daß nicht alle Ranunkeln giftig sind, geht schon daraus hervor, daß z.B. das Leberblümchen auch nicht im leisesten Giftverdacht steht. Der Satz im Bonner Lehrbuch muß in diesem Falle wohl auch anders verstanden werden. Der alte Praktikus, Prof. Wünsche, erwähnt deshalb auch nichts von einer Giftigkeit der Anemonen in seinen „Pflanzen Deutschlands“. A. H.
(Wir betrachten die Frage damit für uns als erledigt. Weitere Ausführungen hierüber wolle man evtl. in der botanischen Fachpresse machen. Red.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Wehrbund Bonn-Süd. Am Freitag abend unternahm die Gruppe Kessenich des Bonner Wehrbundes statt des üblichen Turnens eine kleine Geländeübung. Sie marschierte um 9 Uhr von der Turnhalle, Pützstraße, mit Sicherungen ab. Die Spitze, welche mit einem Führer vorausmarschiert war, meldete schon bald, daß sie angegriffen worden sei. Sie wäre genötigt vorzugehen, Verstärkung solle aber sofort folgen. Der Befehl wurde von den einzelnen Verbindungsleuten dem Haupttrupp gemeldet. Dieser kam dann im Laufschritt an und stellte sich sofort in Schützenlinie auf. Nachdem der Führer der Gruppe Kessenich, Herr Büttinghausen den Mitgliedern die notwendigen Erklärungen gegeben hatte, zog die Gruppe unter Gesang wieder nach Hause. – Am Sonntag versammeln sich sämtliche Gruppen von Bonn um 3 Uhr an der Karlschule, um gemeinsam zum Tannenbusch zu ziehn, woselbst Schützengräben ausgeworfen werden. Anmeldungen für die Gruppe Kessenich werden Dienstags und Freitags abends von 9-10 Uhr in der Turnhalle der Südschule, Pützstraße, angenommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)