Freitag, 2. April 1915
Karfreitag, der ernste, stille Tag, an dem wir des Opfertodes Jesu Christi gedenken, hat in diesem Jahre eine besonders tiefe, besonders ergreifende Bedeutung für uns. Näher, lebendiger, gegenwärtiger kann keinem der jetzt Lebenden der Sinn und das Wesen des Opfertodes jemals geworden sein als uns, die wir diesen denkwürdigen Karfreitag im ersten Lenz des Kriegsjahres 1915 erleben. Der Opfertod, die überzeugte und freudige Hingabe des einzelnen an ein Ueberindividuelles, an eine Idee ist das tägliche Stigma dieser schauerlich großen Zeit und erhabenen Gegenwart. Der immer geforderte und immer wieder dargebrachte Opfertod ist die Trauer und die Freude, das Leid und der Stolz dieser Gegenwart. Millionen stehen draußen, gesammelt, gefaßt, jeder einzelne willig bereit, Leben und Blut zu opfern, sich selbst hinzugeben, damit das Gemeinsame, das Große und Heilige, das wir Heimat und Vaterland nennen, bestehe. So handelt treue Liebe, die sich ins strenge Gewand der Pflicht kleidet. So viel, so übermenschlich Großes vermag Begeisterung, die Tat werden will.
Tod und Hingabe, Opfer und Erlösung, daran mahnt uns der Karfreitag. Und wie auf die Karfreitagsprozession der christlichen Heilslehre das Osterfest der Auferstehung folgt, so mag uns, die wir heute auch des tausendfachen Opfertodes an den Fronten gedenken, der eine Gedanke erheben: auch diese Opfer sind nicht vergeblich gebracht. Sie können nicht, dürfen nicht vergeblich gebracht sein. Dafür ist jeder einzelne von uns, denen, die da draußen im Feindesland in der Erde ruhen, verantwortlich mit seinem ganzen Tun und Sein, daß auch für Deutschland nach den dunklen Tagen einer Karfreitagspassion das Osterfest einer siegreichen Erlösung, eines erlösenden Sieges anbreche.
Das Landsturmbataillon in Bonn hat sich bereit erklärt, Mannschaften an wachfreien Tagen zu landwirtschaftlichen Arbeiten zur Verfügung zu stellen.
Das Städtische Lyzeum zu Bonn wurde im Sommerhalbjahr von 259, im Winterhalbjahr von 264 Schülerinnen besucht. Die Anstalt, die anfangs 2 Klassen enthielt, wurde durch die Auflösung des Brunswickschen Lehrinstituts zu einer Vollanstalt ausgebaut. Am 22. April 1914 wurde die Anstalt mit einer kleinen Feier eröffnet. Der Krieg riß auch hier Lücken. Der wissenschaftliche Hilfslehrer Dr. Biederlack starb den Heldentod fürs Vaterland, zwei andere Herren stehen noch an der Front. Die Schülerinnen beteiligten sich mit großem Eifer an der Beschaffung warmer Unterkleider für unsere Soldaten, ebenso bei der Goldsammlung. Mit Beginn des neuen Schuljahres wird die private Studienanstalt mit dem Städt. Lyzeum verbunden werden; ebenso wird der neue Schulhausneubau bezogen werden können.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen hat es sich zur Aufgabe gestellt, in Ergänzung der Hinterbliebenen-Versorgung des Reiches, den Witwen und Waisen der gefallenen Kriegsteilnehmer eine Fürsorge angedeihen zu lassen, die den persönlichen Verhältnissen der Hilfsbedürftigen gerecht zu werden vermag. Von einem intensiven Betriebe der Sammeltätigkeit ist bisher mit Rücksicht auf andere Sammlungen abgesehen worden und es sind Sonderbestrebungen für diesen Zweck ins Leben gerufen worden, was im Interesse der Witwen und Waisen vermeiden werden muß. Von der Gründung aller Sonderunternehmungen muß abgeraten werden.
Das Bier wird teurer. Der Verband rheinisch-westfälischer Brauereien beschloß, den Bierpreis um 5 Mark für das Hektoliter mit Wirkung vom 6. April zu erhöhen.
Verbotene Reiseführer. Der stellvertretende kommandierende General des VIII. Armeekorps hat für den Bereich des Korps den Vertrieb aller Reiseführer der Grenzgebiete des Deutschen Reiches und der Kriegsschauplätze in anderen Ländern verboten. Die Beschlagnahme der vorhandenen ist verfügt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine Mode-Ausstellung veranstaltet der Ausschuß für landwirtschaftliche Kriegshilfe in den Tagen vom 22. bis 24. April im Bonner Bürgerverein.
Ein vernünftiger Vorschlag. Man hat folgenden Vorschlag gemacht: Finden Verhandlungen in Beleidigungsprozessen vor dem Schöffengericht statt, so suche der Richter einen Vergleich anzubahnen, was ihm in den allermeisten Fällen, unter Hinweis auf den Krieg, gelingt. Die zu zahlende Geldbuße werde dem Roten Kreuz überwiesen. Die Schiedsmänner mögen in derselben Weise vorgehen. Eine Gerichtskasse im Osten hat schon eine bedeutende Summe aus Streitigkeiten an das Rote Kreuz abgeführt. Vivant sequentes!
Städtischer Speckverkauf. Morgen von 8½ bis 12½ Uhr wird im Hause Rathausgasse 27 wieder geräucherter Speck verkauft. Das Pfund kostet 1,30 Mark. Das Brotbuch nicht vergessen! Es gilt als Ausweis dafür, daß der Speck wirklich an Bonner Bürger und nicht, wie das früher vorgekommen ist, auch an andere abgegeben wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)