Dienstag, 16. März 1915 

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 16. März 1915Ein deutscher Dank. Die Schülerinnen der hiesigen Klostermannschen Anstalten hatten wiederholt der Besatzung des Linienschiffes „Rheinland“ Liebesgaben gesandt. Darauf ist in diesen Tagen eine gerahmte Vergrößerung einer photographischen Aufnahme des Schiffes eingetroffen, mit einem Begleitschreiben, in welchem es u.a. heißt: „Das Bild soll Ihnen ein Zeichen dafür sein, daß die Besatzung Ihnen eine stete Dankbarkeit für die reichen Liebesgaben bewahrt, die die fleißigen Hände Ihrer Schülerinnen gearbeitet haben. Und es soll das Band, das unser stolzes Schiff mit Ihrer schönen Rheinprovinz, deren Namen es zu tragen die Ehre hat, verbindet, fester und fester knüpfen. Mögen Sie alle beim Anblick dieses Bildes stets daran erinnert werden, daß es hier am Nordseestrande ein Schiff gibt, dessen tausendköpfige Besatzung vom Kommandanten bis zum jüngsten Matrosen nichts sehnlicher wünscht, als im offenen Kampfe mit den Engländern die ersten Kriegslorbeeren zu erwerben und damit dem deutschen Vaterland und insbesondere der Rheinprovinz alle Ehre zu machen. Mit besonderer Versicherung der größten Hochachtung . R. , Leutnant zur See

In den Lichtspielen (Stern) werden in dieser Woche drei große, wirkungsvolle Dramen im Film vorgeführt: „Verklungenes Liebeslied“, „Der Tod und die Mutter“ nach Andersens Märchen und „Ein Liebesopfer“.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 16. März 1915Der Frühling ist im Anzuge. Das künden untrüglich die schwellenden Knospen der Bäume und Sträucher, die näher rückende Tag- und Nachtgleiche, die blühenden Schösslinge der Pflanzenwelt und der Jubelgesang der Vögel. Noch graut nicht der Tag, da balgen sich schon die Amseln im Baum und Strauch und im höchsten Wipfel, von dem höchsten Dachfirst schallt der siegreichen Männchen tiefer Flötenton dem anbrechenden Morgen entgegen. Der Buchfink schmettert sein Lied den ganzen Tag der Gattin zu Lieb, dem Nebenbuhler zu Aerger, die Rabenkrähen haben ihre Flugkünste beendet und streichen paarweise durch die Landschaft auf der Suche nach Niststellen, dem die grauen Nebelkrähen vergrämt zuschauen. In ihrer östlichen und nördlichen Heimat ist noch lange nicht an Frühling zu denken. Die Stare zwitschern sich verliebt an und lassen die spärlichen Sonnenstrahlen auf ihrem Gefieder spielen. Da dürfen die Möwen auf dem Rheine nicht zurückbleiben! Ihre Seßhaftigkeit an den Futterstellen am Schänzchen haben sie aufgegeben, unruhig streifen sie auf und ab und schwärzer sind die Schwarzköpfe unter ihnen geworden. Auch sie suchen sich zu paaren, im grauenden Abend pflegen sie Zwiesprache über den Wassern des Stromes: wer es sein soll, wo das Nest stehen soll.
  
Die Märzveilchen an sonnigen Hängen stehen in Knospen, die blaue bescheidene Skilla, das Fürwitzchen, blüht auf den Oberkasseler Bergen, Lungenkraut, Schlüsselblumen, Anemone recken ihre Blütenstengel aus den Blattrosetten, die Weidenkätzchen glänzen silbern am Bach und im Wald und die Hasel stäubt schon seit Monaten. Auf den Beeten der städtischen Anlagen und in den Hausgärten blühen vollauf Schneeglöckchen und Krokus, und auch schon Primeln. Prächtige, gelbblühende Krokusbeete zieren die städtischen Anlagen am Bahnhof; In den hinteren Partien blüht auch die gezüchtete Skilla als feines, zartes Pflänzchen. Sogar vereinzelte Obstbäume, frühe Aprikosen, machen schon hier und da Anstalten zum Blühen. Viele Frühbirnen stehen in dicken Knospen.
   Die Zeit ist da. Volle 12 Stunden lichtet schon der Tag. Wenn auch die liebe Sonne sich rar macht und sich noch spärlich zeigt: es muß doch Frühling werden. Auch sie wird und muß die Wolken durchbrechen, wird sie verjagen und uns in neuem, schönen Lichte strahlen. Sie wird den vollen Frühling bringen.

Die Schaffnerin. Nachdem ein großer Teil des Stammpersonals der Straßenbahnangestellten ausgehoben worden ist und sich die Zahl durch die jetzt angesetzte Landsturmausmusterung noch weiter erhöht, hat sich unsere Verwaltung veranlaßt gesehen, ähnlich wie in Koblenz, Düsseldorf, Aachen, Berlin und anderen Städten, ebenfalls weibliche Schaffner auszubilden und anzustellen. Dabei hat die Verwaltung zunächst die geeigneten Frauen des gehobenen Personals berücksichtigt. Von heute ab werden ungefähr zwölf Frauen ausgebildet. Die Fahrgäste werden also demnächst von weiblichen Schaffnern bedient werden. Wir hoffen, daß das Dichterwort „Tritt den Frauen zart entgegen“ auch auf die Schaffnerin mit der Ledergeldtasche angewandt wird.

Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Geldsammlung. Die Schüler und Schülerinnen der hiesigen höheren Schulen haben im Verlauf von drei Wochen im ganzen über 250.000 Mark Goldgeld gesammelt. Am diese außerordentlich günstigen Ergebnis sind die beiden Gymnasien mit 150.000 Mark beteiligt.

Ein neues Verbot des stellvertretenden Generalkommandos des 8. Armeekorps untersagt Privatpersonen, die im Bezirk dieses Korps (also auch in Bonn und Umgebung wohnen) ohne schriftliche Genehmigung der Polizeibehörde Waren anzubieten oder musikalische und theatralische Darbietungen mit dem Hinweis anzukündigen, daß der Ertrag oder ein Teil desselben einer für Kriegszwecke geschaffenen Wohltätigkeitseinrichtung zufließe.
   
Für solche Veranstaltungen bedarf es also von jetzt ab immer der Erlaubnis der Polizeibehörde.

Vaterländische Reden und Vorträge. Da viele den Lichtbildervortrag von Herrn Geheimrat Bonnet über „die Hand und ihr Ersatz“ wegen Ueberfüllung des Saales nicht haben hören können, sondern am Saaleingang leider zurückgewiesen werden mußten, so wird dieser Vortrag um vielfach geäußerten Wünschen zu entsprechen, im Laufe dieser Woche noch einmal wiederholt werden. Der Tag der Wiederholung steht noch nicht fest, wird aber in den nächsten Tagen durch die Zeitungen bekannt gegeben werden.

Eine Bitte an die Rheinländer. „Wir entbehren hier die Musik, die erhebende und begeisternde Musik,“ schreibt uns ein rheinischer Bataillonstambour. „An Leuten, die Lust und Liebe zum Musizieren haben, fehlt es bei uns nicht, wohl aber an Instrumenten. Aus diesem Grunde richte ich an Euch, Ihr lieben Rheinländer (denn Eure Söhne sind es, die hier im Dienst fürs Vaterland unterrichtet werden), die Bitte, mir zu letzteren zu verhelfen. Was ich notwendigerweise brauche, wären je 6 Stück Trommeln, Militärflöten und Signalhörner. Erklingt erst Horn und Trommel an der Spitze, dann wird der junge Soldat mit Freude und Begeisterung den schweren Dienst machen, der ihn befähigt, dem Feinde wirksam entgegentreten zu können.
F. Gassenschmidt,
Feldwebel und Bataillonstambour.
Rekr.-Abt. Hülsmann
Et.-Insp. Der 3. Armee, 3. Batl.“
Wir zweifeln nicht, daß sich Rheinländer finden werden, die dem Wunsche unserer Landsleute gerne entsprechen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)