Samstag, 13. März 1915
Der Bonner Wehrbund veranstaltet am nächsten Sonntag nachmittag eine Geländeübung gegen einen markierten Feind, der sich von Godesberg aus Bonn nähert. Zur Benutzung sind alle Wege im Tal freigegeben. Die Markierung wird von der Kessenicher Abteilung mit Flaggen gemacht, deren jede die Stärke einer Gruppeneinheit bedeutet. Sämtliche anderen Abteilungen des Wehrbundes, die diesem Feind unter der Führung von Herrn Geheimrat Brinkmann entgegentreten, vereinigen sich um 8 Uhr auf dem Arndtplatz. Zweck der Veranstaltung ist es vor allem, Meldungen und den Dienst in der Laufkette zu üben.
Ausstellungen im Obernier-Museum. Die dritte Ausstellung der Gesellschaft für Literatur und Kunst wurde gestern geschlossen. Während in der ersten im Oktober nur 240 Besucher erschienen, erreichte die Besucherzahl der beiden anderen Ausstellungen mit durchschnittlich 800 Personen wieder einen Stand, der hinter dem gewöhnlichen nicht besonders zurückblieb. Von den ausgestellten Kunstwerken gingen bei der zweiten Ausstellung 1, bei der letzten 6 in Privatbesitz über.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Polizeiverordnung über den Fang wilder Kaninchen vom 4. März 1909 ist vom Regierungspräsidenten in Köln am 8. März außer Kraft gesetzt worden. Danach war die Erlaubnis zum Kaninchenfang von der Mitführung eines Erlaubnisscheines des Grundstückbesitzers und des Jagdberechtigten abhängig.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das Blutbrot, das im General-Anzeiger wiederholt empfohlen wurde, wird leider nur von einem Bäcker in Bonn gebacken. Da das Brot offenbar dort starken Absatz findet, ist es vielen Familien bisher gänzlich unmöglich gewesen, auch nur ein einzelnes Exemplar dieses Brotes zu erlangen. Immer wieder vertröstet dieser eine Bäcker auf später. Durch das wiederholte vergebliche Aufsuchen dieses Bäckers fühlt man sich geradezu zum Narren gehalten. Die Herren, die für das Blutbrot so stark eintreten, mögen sich dadurch als wahre Wohltäter am Volkswohl erweisen, daß sie sich auch um das Backen ihres Brotes kümmern. K.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal.“)
Die Mehl- und Brotversorgung im Stadtkreise Bonn. Vom 21. März ab muß das Schwarzbrot ein Gewicht von 3 ½ Pfund haben, statt wie bisher 4 Pfund. Die Abgabe von Brot und Mehr wird beschränkt auf 3 ½ Pfund Brot oder 2 Pfund Mehl oder 2 Pfund Zwieback wöchentlich für jede Person ohne Unterschied des Alters. Vom 1. April ab findet der Mehlverkauf ausschließlich durch die Bäcker statt. Die Abgabe von Brot und Mehl darf nur gegen Vorzeigung des für den Stadtkreis eingeführten Brotbuches erfolgen. Die Regelung des Verbrauchs von Brot und Mehl in Gastwirtschaften (Hotels) bedarf in jedem Fall besonderer Vereinbarung bezüglich des Fremdenverkehrs. Eine besondere Abgabe und Entnahme von Brot und Mehl für den Betrieb von Schank-, Speise und Kaffeewirtschaften findet nicht statt. Die Inhaber dieser Betriebe sind verpflichtet, zu gestatten, daß mitgebrachtes Brot in ihren Räumen verzehrt wird. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis oder mit Geldstrafen bis zu 1500 M. bestraft; auch kann die Schließung der Geschäfte angeordnet werden.
Lichtbildervortrag über Ostpreußen unter russischer Gewaltherrschaft. Das Interesse und die Freude an der Vertreibung der Russen wird in allen Teilen unseres deutschen Vaterlandes kaum geringer als in Ostpreußen selbst sein und Anregungen zum Sammeln von Liebesgaben werden auf fruchtbaren Boden fallen. Eine derartige Anregung wird geboten durch Vorträge über „Ostpreußen unter russischer Gewaltherrschaft“ und „Aus der Front unserer im Osten kämpfenden Truppen“, die demnächst hier die Kriegsdelegierten der „freiwilligen Krankenpflege für Ostpreußen“, Generalmajor Freiherr von Gayl, den Bonnern noch aus früherer Zeit in freundlicher Erinnerung, und Hauptmann Blendermann, halten werden. Diese Vorträge beanspruchen besonderes Interesse dadurch, daß sie von noch nicht veröffentlichten Lichtbildern und von erbeuteten Originalaufnahmen eines russischen Generals begleitet werden. Der Reinertrag der Vorträge ist für das Sammelsanitätsdepot Königsbergbestimmt, das die Ostarmeen mit Leibesgaben versorgt. Näheres über die Vorträge, Eintrittskartenverkauf usw. ist aus dem Anzeigenteil der nächsten Nummer ersichtlich.
Unsere Vaterländischen Vereinigungen haben die Veranstaltung des Vortrages in die Hand genommen, und es steht zu erwarten, daß ihm großes Interesse entgegengebracht wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Aus unserer Feldpostmappe
Ein im Felde stehender Landwehrmann erhielt jüngst eine Liebesgabe zugesandt, dem folgendes Gedicht beigelegt war.
Mein lieber Wehrmann Kisteneich,
Hier diese Gab' ich überreich',
Enthaltend Tabak und Zigarren,
Wonach mit großer Sehnsucht harren
Die tapfren Krieger in dem Feld,
Um die es jetzt ist schlecht bestellt.
Schlag tüchtig druff den welchen Feind,
Der es mit uns gar übel meint.
Gebt aber auch verdienten Lohn
Dem ganz perfiden Albion.
Die Gabe hier, sie ist nicht groß,
Sie fället aus nicht einem Schoß –
Doch kommt sie aus nem guten Herz,
Das sich oft wendet himmelwärts,
Daß Gott der Herr sie mög' beschützen
Vor Kugelregen, Schwerterblitzen,
Daß er sie bald zurück –
O, wer beschreibt das große Glück –
Zur Heimat und zu Weib und Kind,
Die Ihnen treu ergeben sind.
A.M.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)