Freitag, 12. März 1915 

  

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 12. März 1915Regelung der Mehl- und Brotversorgung im Stadtkreise Bonn. Der Oberbürgermeister gibt bekannt, daß vom 21. März ab die Abgabe von Brot und Mehl beschränkt wird auf 3½ Pfund Brot oder 2 Pfund Mehl oder 2 Pfund Zwieback wöchentlich für jede Person ohne Unterschied des Alters. Die Abgabe von Brot und Mehl darf nur gegen Vorzeigung des für den Stadtkreis Bonn eingeführten Brotbuches erfolgen.

Wirtschaftliche Kriegsbereitschaft im Hause. Wie wir schon kurz berichteten, fand am Dienstag abend in Endenich der erste der öffentlichen Vorträge statt über wirtschaftliche Kriegsbereitscahft im Hause. Eine stattliche Anzahl Endenicher Frauen hatte sich im Kaisersaal bei Degen eingefunden. Herr Schulrat Dr. Baedorf eröffnete die Versammlung mit einem Hinweis darauf, wie unser tapferes Heer zu Beginn des Krieges in wunderbarerm Siegeslauf vordrang, wie aber dann der Krieg wider Erwarten sich in die Länge zog und wie unsere Feinde – besonders England – zu einem neuen Kampfmittel griffen, zu dem Plan, uns auszuhungern. In warmen Worten forderte der Herr Schulrat die anwesenden Frauen auf, auch ihrerseits dazu beizutragen, daß der schwere Kampf, der dem deutschen Volke aufgezwungen worden ist, siegreich beendet werde. Die deutsche Frau soll aber nicht etwa nach dem Muster der englischen Wahlweiber persönlich in den Kampf eingreifen, sondern sie soll ihrem Vaterland nützen durch treueste Pflichterfüllung und größte Sparsamkeit im Haushalt. – Fräulein Hilfsschullehrerin Lensch hielt sodann einen äußerst interessanten Vortrag. In beredten Worten ermahnte sie unsere Hausfrauen, mit allen Mitteln dazu beizutragen, daß der Aushungerungsplan unsrer Feinde zuschanden gemacht werde. Die Rednerin ging sodann die einzelnen Nahrungsmittel durch und empfahl größte Sparsamkeit in der Verwendung von Brot, Butter, Fett und Fleisch. Dagegen reichliche Verwendung von Milch, Käse, Gemüse, Zucker. Die praktischen Ausführungen fanden allseitig Anerkennung.
   Nachdem Herr Schulrat Dr. Baedorf Frl. Lensch den Dank der Versammlung ausgesprochen hatte, dem sich auch Herr Pfarrer Dohm anschloß, gab der Herrr Schulrat eine Uebersicht über die weiteren Vorträge und empfahl den Anwesenden die Teilnahme an den Kriegskochkursen in der Fortbildungsschule.
   Am Mittwoch abend sprach Frau Landgerichtsrat Frost in Kessenich über das Thema „Wie kann die Frau helfen, den Krieg gewinnen?“ Die Rednerin sah ihre Hauptaufgabe darin, die Zuhörer aus ihrer Sorglosigkeit aufzurütteln und ihnen den tatsächlichen Ernst der Lage zu zeigen. An der Hand der Elßbacherschen Zahlen, die sie zum bessern Verständnis mit einem konkreten Beispiel verband, wies sie nach, wie wenig Vorräte wir im Lande haben, und wie viel mehr wir gewohnt sind, zu verzehren. Sie sprach von den Heldentaten unserer Truppen, von den vielen Todesopfern und dem vielen Herzeleid und sagte, daß demgegenüber die Pflicht der Frauen, zu sparen und sich mit dem Vorhandenen einzurichten, gar nicht zu vergleichen sei. Es solle den Frauen eine Ehre sein, daß das Vaterland auch sie gerufen habe, zu helfen; jetzt sollten sie zeigen, was sie können. Unsere Feinde hätten bei ihrem feigen Aushungerungsplan nicht mit der Vaterlandsliebe und Opferwilligkeit der deutschen Frauen gerechnet. Jetzt würden diese ihnen zeigen, daß sie durch kluge Sparsamkeit durchhalten würden bis zur nächsten Ernte, sodaß wirtschaftliche Gründe keinen Friedensschluß beeinflussen dürften. Die Rednerin ermahnte dann zur Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 12. März 1915größeren Einfachheit, nicht nur in der Ernährung, sondern auch in der ganzen Erziehung und Lebenshaltung der Bewohner des reichen Rheinlandes und stellte Vergleiche an mit dem schwer geschädigten armen Ostpreußen. Sie wies auf die Tugenden hin, die Preußen und Deutschland groß gemacht haben; nicht Ueppigkeit und äußerer Glanz sei es gewesen, sondern Einfachheit und Wahrhaftigkeit der Sitten und Lebenshaltung, und innere Tüchtigkeit in der Pflichterfüllung. Es sei auch nicht deutsch, nach rechts und links zu schauen, ob einer es nicht vielleicht besser habe, oder reicher sei, sondern man müsse zufrieden sein und dem Platze Ehre machen, auf den Gott einen jeden gestellt habe. Wenn die Frauen ihre Kinder zu rechten deutschen Männern und Frauen erziehen, mit deutschem Fühlen und Denken, so leisten sie damit dem Vaterlande einen großen Dienst. Und wenn sie durch weises Sparen den Aushungerungsplan unserer Feinde zuschanden machen, dann werden sie später unseren heimkehrenden Siegern stolz sagen können: „Auch wir Frauen hier zu Hause haben unsere Pflicht getan. Wir haben auch wohl geholfen, den Krieg gewinnen.“
   In seinem Schlußwort gab Herr Schulrat Dr. Baedorf seiner vollen Zustimmung zu den Anregungen der Rednerin Ausdruck und ermahnte mit treffenden markigen Worten die Zuhörer, ihnen Folge zu geben. Fräulein Oberlehrerin Rheinbrecht fordert dann noch zur Teilnahme an dem Besuch der Kriegskochkurse auf und nahm Meldungen dazu entgegen.

Festlich geflaggt war gestern – in Köln, wegen der Erfolge der rheinischen Divisionen gegen den Ansturm der Franzosen in der Champagne.

 (Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 12. März 1915Eine Sechsjährige, die das städtische Lyzeum besucht, muß von den Eltern vorgestern abend vernommen haben, daß wir die Franzosen in der Champagne in der großen Winterschlacht zurückgeschlagen haben. Als es gestern früh auf dem Schulweg seinen Klassenschwestern begegnete, machte es sie mit wichtiger Miene auf unsern Sieg aufmerksam und teilte ihnen mit, daß schulfrei sei. Auch Kinder anderer Klassen erfuhren aus dem Munde der Kleinen, daß unser Erfolg in der Champagne durch einen schulfreien Tag gefeiert werde. Die Kleine selbst aber trollte ganz treu nach ihrer Klasse. Die Lehrerin war natürlich ganz erstaunt, daß zu Beginn des Unterrichts ihre Lieblinge fast alle fehlten. Die Kleine gab hierzu die Aufklärung, und als sie gefragt wurde, warum sie denn nicht selbst wegen des angeblich schulfreien Tages zu Hause geblieben sei, antwortete sie treuherzig: „Ich war doch nicht ganz sicher, ob es wahr sei.“

Städtischer Verkauf von Lebensmitteln. Morgen Samstag nachmittag findet wiederum im Hause Rathausgasse 27 ein Verkauf von Speck statt, und zwar wird diesmal nur geräucherter Speck verkauft zum üblichen Preise von M. 1,20. Bis auf weiteres findet in jeder Woche Dienstag nachmittags im Städtischen Verkaufslokal Franziskanerstraße 8a auch der Verkauf von Reis statt. Die Abgabe erfolgt nur an Familien, welche in Bonn wohnen und nur in Mengen von 2 ½ Pfund zum Preise von 1 Mk.

Erhebungen über die Vorräte von Kartoffeln nach einer Bekanntmachung des Oberbürgermeisters (...) finden im Bezirk der Stadtgemeinde Bonn am 15. und 16. März ds. Js. Erhebungen über die gesamten Vorräte von Kartoffeln statt, und zwar durch diejenigen Personen, welche gleichzeitig die Brotbücher an die Haushaltungen zustellen.
   Wer mit Beginn des 15. März Vorräte von Kartoffeln in Gewahrsam hat, ist verpflichtet, die vorhandenen Vorräte in jeder Menge anzuzeigen, gleichviel ob er der Eigentümer der Kartoffeln ist oder nicht. (...) Die Vorratsräume und sonstige Aufbewahrungsorte, wo Vorräte von Kartoffeln zu vermuten sind, können von der Ortspolizeibehörde oder von den beauftragten Beamten und Personen untersucht werden. Wer wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafen bis zu 10.000 Mark bestraft. Auch können Vorräte, die verschwiegen sind, im Urteil für den Staat verfallen erklärt werden. Fahrlässigkeit kann mit Geldstrafe bis zu 3.000 Mark oder im Unvermögensfalle mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Buschdorf. Am Sonntag fand hier die dritte „Kriegsversammlung“ statt, die zahlreich besucht war. Nach einer Begrüßungsansprache seitens des Vorsitzenden Herrn Rektor Schauf, hielt Herr Lehrer Mertin aus Bonn einen zeitgemäßen Vortrag über: „Die Bedeutung der Landwirtschaft im gegenwärtigen Wirtschaftskriege“. Hierauf wechselten Kinderlieder und Musikvorträge ernsteren Inhalts. Anschließend daran forderte Herr Rektor Schauf nochmals dringend auf, das Goldgeld bei der Reichsbank gegen Papier- oder Silbergeld auszutauschen, warnte vor Kolporteuren mit Kriegsliteratur und empfahl die neue Kriegsanleihe; ferner die Hindenburgspende. Die Versammlung beschloß, alle Krieger der Gemeinde zu versichern, und zwar mit dem Einheitsbetrage von 10 Mark. Eine für diesen Zweck abgehaltene Sammlung ergab die Summe von 61 Mark. Es folgte eine der großen Zeit entsprechende Kinderaufführung: Das beste Kreuz. Zum Schlusse dankte der Vorsitzende allen, die zum Gelingen des Abends beigetragen hatten, insbesondere Herrn Lehrer Hütten, der keine Mühe gescheut habe, durch Mitwirkung der Schulkinder die Versammlung recht anregend zu gestalten. Mit einem Kaiserhoch wurde die Versammlung geschlossen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Umgebung“)