Donnerstag, 11. März 1915
Regelung des Brotverbrauches im Landkreise Bonn. Der Landrat des Landkreises Bonn, v. Nell, hat eine Verordnung erlassen, die den Brot- und Mehlverbrauch im Landkreise Bonn regelt. Nach dieser Verordnung bildet jede Bürgermeisterei ein Versorgungsbezirk. Die Abgabe von Brot und Mehl außerhalb des Bürgermeistereibezirkes ist verboten. Jede Brotbereitung im eigenen Haushalte ist verboten; nur Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe, die bis zur nächsten Ernte im Besitze der erforderlichen Vorräte an selbsterzeugtem Brotgetreide sind, dürfen die vorgeschriebene Menge (§ 82 der Bundesratsverordnung vom 25. Januar 1915) im eigenen Haushalte verwenden. Für alle anderen ist der tägliche Brotbezug für Personen über 4 Jahre auf 250 Gramm, für Kinder unter 4 Jahren auf die Hälfte festgesetzt. Der wöchentliche Mehlbezug beträgt für jede Person 100 Gramm. Die Bäckereien dürfen Brot und Mehl nur gegen Vorlegung der Brot- und Mehlbezugsbücher, bezw. Der Brot- und Mehlkarten verabfolgen. Zuwiderhandlungen sind mit hohen Strafen belegt. Die Verordnung tritt am 15. März in Kraft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Goldsammlung. Die von den Schülerinnen der hiesigen Studienanstalt – mit Ausnahme der Abiturientinnen – in den letzten Wochen angestellte Goldsammlung ergab bisher den Betrag von 24.760 Mark; dies bedeutet im Durchschnitt 221 Mark für jede Schülerin.
Hochwasser. Durch das ungünstige Wetter der letzen Tage ist der Rhein anhaltend gestiegen. Am hiesigen Pegel wurden heute früh 5 Meter Wasser gemessen. Auch vom Oberrhein und von der Mosel wird starkes Steigen gemeldet.
Die neu gestiftete Kolonialdenkmünze für tapferes Verhalten bei der Niederwerfung aufrührerischer Eingeborener ist Herrn Aug. Frings in Godesberg verliehen worden. Herr Frings war mehrfach an den Kämpfen gegen die Admiralitäts-Insulaner und Bainingstämme auf Neu-Pommern und Neu-Mecklenburg in hervorragender Weise beteiligt.
Vaterländische Reden und Vorträge. (Sechsundzwanzigster Abend.) Prof. Dr. Bonnet: „Die Hand und ihr Ersatz“.
Der Vortrag war mehr als in einer Hinsicht lehrreich. Zeigte er einmal die hohe Ehrfurcht, die wir vor dem Meisterwerk der Natur: Mensch, insbesondere auch seiner wichtigsten Gliedmaße, der Hand, haben müssen, so bewies er auf der anderen Seite, daß Menschengeist es zu Wege gebracht hat, daß Bedauernswerte, denen Arme und Hände ganz oder teilweise fehlen, nicht zu verzagen brauchen. Aerztliche Kunst in Verbindung mit Bandagie und Orthopädie vermögen bei Ausdauer des Betreffenden einen fast gleichwertigen Ersatz zu bieten. Prof. Dr. Bonnet, der selbst praktische Versuche in dieser Hinsicht angestellt und eingehende Studien gemacht hat, bewies diese Tatsachen durch eine außerordentlich fesselnde Reihe von Lichtbildern, die einarmige Menschen zeigte (u.a. Graf Zichy), sowie solche, denen beide Hände und sogar Füße fehlen, und die trotzdem ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen können, weil eben die hohe Kunst des Arztes, des Bandagisten oder des Orthopädisten es vermochte, diese Menschen vor dem Elend erwerbslosen Krüppeltums zu bewahren.
Der Vortrag war so gut besucht, daß Viele wieder umkehren mußten. Eine Wiederholung dieses außerordentlich fesselnden Vortrages dürfte daher durchaus geboten erscheinen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Kath. Kaufm.-Verein veranstaltet am kommenden Sonntag (Laetare) einen „Vaterländischen Abend“ im großen Saale des Bürgervereins, dessen Reinertrag zu Kriegsunterstützungszwecken verwendet wird. Herr Benediktinerpater Albert Hammerstede wird sprechen über „Die kath. Kirche und der Krieg“. Der Münsterchor, sowie hervorragende Künstler und Solisten haben ihre Mitwirkung zugesagt, so daß ein voller Erfolg zu erwarten ist.
Der älteste Bürger von Bonn-Dottendorf, Herr Wilhelm Oleff, ist im Alter von 93 Jahren an Herzschwäche gestorben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)