Freitag, 22. Januar 1915
Bonner Wehrbund. Die verschiedenen Abteilungen des Bonner Wehrbundes vereinigen sich am Sonntag nachmittag wieder um 3 Uhr zu einem gemeinsamen Exerzieren auf dem Exerzierplatz auf dem Venusberg. Um 4 Uhr schließt sich eine Geländeübung an.
Der Flottenverein „Jungdeutschland“, Ortsgruppe Bonn, veranstaltet am Samstag, 28. Jan., nachmittags um 4 ½ Uhr, in der Aula de Städt. Gymnasiums eine vaterländische Feier. Es werden einige Kriegsgedichte vorgetragen, sodann wird ein Vereinsmitglied über das Thema. „Was muß der Jungdeutsche über die Ursachen des Krieges wissen“ einen Vortrag halten. Der Reingewinn der Veranstaltung wird dem Ehrenpräsidenten des Flottenvereins „Jungdeutschland“ Se. Exzellenz dem Herrn Großadmiral v. Köster zur Verwendung für Lazarette im Bezirke des Reichskriegshafens Kiel überreicht werden. Schon im Dezember 1914 konnte die Ortsgruppe Bonn dorthin eine Weihnachtsspende im Betrage von 250 M. spenden.
Der Haus- und Grundbesitzerverein hielt am Dienstag abend im Hähnchen seine diesjährige Hauptversammlung ab. Der Vorsitzende Herr Rechtsanwalt Dr. Alex Meyer I erstattete Bericht über die Verhältnisse im Verbande der Rhein.-Westf. Haus- und Grundbesitzervereine, über die Tätigkeit des Schutzverbandes für Deutschen Grundbesitz, der am 31. Oktober eine Eingabe an den Bundesrat eingereicht hat über die Folgen des Kriegsausbruches und der Kriegsgesetzgebung für die Hausbesitzer. In der Eingabe werde verlangt, daß die Staatsregierung Fürsorge treffen möge, die durch den Krieg verursachten Mietausfälle, denen die unentgeltliche Hergabe der Wohnung gegenübersteht, auf weitere Kreise (Reich, Staat, Gemeinde) abzuwälzen, die sich neben dem Grundbesitz und dem Hypothekenkapital beteiligen sollen. (...) Im Laufe des Abends kamen insbesondere noch zur Sprache die Grundsätze, nach denen in Bonn Mietunterstützungen gewährt werden, sowie die Gesamtleistungen, zu denen die Stadtgemeinde Bonn sich bisher genötigt sah. Nach dem Bericht des Vorsitzenden sind von der Stadtgemeinde Bonn bis Mitte Januar ungefähr 200000 Mark an Mietzuschüssen zugunsten der Vermieter gezahlt worden. Im Monat Dezember wurden 35469 Mark an 1585 Vermieter gezahlt. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Warum sollen wir die Butter sparen? Warum sollen wir Magermilch kaufen? – Die Milch, die unsere Landwirtschaft erzeugt, muß, wenn sie nicht verderben soll, gleich verwendet werden. Nun werden wir belehrt: Spart die Butter! Kauft Magermilch! Gut. Was soll denn aus der Sahne werden, deren Erzeugung doch keiner willkürlichen Beschränkung unterliegt? Ich dächte, sie wird am vorteilhaftesten verbuttert; und da Butter keine Dauerware ist, muß sie verzehrt werden, solange Vorrat da ist. In der Tat ist in diesen Wochen die Butter um 10 Pfennige billiger geworden. – Wer belehrt mich über die aufgeworfenen Fragen? Eine gutwillige Hausfrau.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Reichs-Wollsammmlung. In den Schaufenstern der Firmen Peter Linden, Bahnhofstraße und Gebr. Sinn, Markt, sind Musterdecken, wie sie aus Tuchflicken zusammengesetzt werden sollen, zur Ansicht ausgestellt.
Im Walde bei Tahure haben sich unsere Truppen ein kleines Heiligtum geschaffen, eine Waldkapelle aus Baumstämmen, Aesten und Laub. Dort finden sie sich, wenn es ihnen eben möglich ist, abends zum Rosenkranzgebet zusammen. Eine photographische Aufnahme der Kapelle auf einer Postkarte wurde in einem Schaufenster unserer Geschäftsstelle ausgehängt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Wir Friseure tragen an den Folgen des Krieges vielleicht schwerer, als jeder andere Beruf. Der weitaus größte Teil unserer Kundschaft ist im Felde, und viele der Daheimgebliebenen rasieren sich mit ihrem eigenen Rasierapparat. Es klingt kaum glaubhaft, aber es ist Tatsache: bis jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe (4 Uhr nachmittags) beträgt meine ganze Tageseinnahme 60 Pfennige! Und davon soll ich meine Familie ernähren, die Miete zahlen und den Gehilfen löhnen (!). Gewiß: auch wir Friseure sind zu Opfern für das Vaterland bereit, aber dieser Rückgang der Tageseinnahme geht über unsere Kraft. Da muß etwas geschehen. Und ich meine, es wäre uns schon sehr viel geholfen, wenn die Rasierapparate etwas weniger gebraucht würden. Es gibt viele Herren, die während der Kriegszeit ihr altes, sehr schönes Gehalt beziehen und trotzdem aus Sparsamkeitsgründen keine 15 Pfennige fürs Rasieren ausgeben. Das ist falsch, meine Herren, und es ist nicht vaterländisch gedacht. Es ist hunderte Male gesagt worden: heute darf niemand mehr an seine eigenen, kleinen Interessen denken; viel mehr steht auf dem Spiele: Was sind den meisten 15 Pfennige? Wir Friseure aber müssen unser Geld nur mit 15 Pfennigen einnehmen. Wer mir entgegnet, das Rasieren in der Rasierstube sei unhygienisch, dem antworte ich: früher hatte dieser Einwand Berechtigung, heute aber nicht mehr. Durch polizeiliche Vorschriften ist für die Hygiene sozusagen alles Mögliche getan worden. Jeder gute Friseur, der etwas auf sich hält, wird noch ein Uebriges tun.
Ich möchte dringend wünschen, daß meine Worte beherzigt werden. Für den einzelnen Kunden macht es wenig aus, für uns aber handelt es sich in dieser Kriegszeit um sehr viel, um unsere Existenz. Ein Friseur.
„Wozu der Lärm?“ – möchte man mit Mephistopheles fragen. Weil ein paar junge Burschen nachts singend durch die Straßen zogen, sollen – so verlangen die Schreiber der Eingesandt „Mehr Ruhe“ – die Wirtschaften 10 Uhr abends polizeilich geschlossen werden. Denken die Einsender nicht daran, daß auch die Gastwirtschaft ein Gewerbe ist, ein Gewerbe, das allein in Bonn viele, viele Familien ernährt und von dem wieder viele andere Gewerbe leben? Ich erinnere nur an die Kellner und das sonstige Personal einer größeren Gastwirtschaft, an die Lieferanten: Bäcker, Metzger, Bierbrauer usw. Eine große Anzahl Wirtschaften hat am Tage sehr wenige Gäste, der Hauptverkehr ist in den Abendstunden. Wenn nun die Bonner Polizei wirklich dem Wunsche der Einsender willfährt, müssen diese Wirtschaften entweder ganz schließen, oder sie sind gezwungen, den größten Teil ihres Personals zu entlassen. Die Bäcker, Metzger, Brauer usw. verdienen dann natürlich nicht mehr, was sie bis jetzt von den Wirten haben. Was ist dann schlimmer: die paar skandalierenden Nachtschwärmer (die von der Straße ferngehalten werden können, wenn die Polizei auf dem Posten ist) oder der wirtschaftliche Bankrott vieler Familien und mancher Gewerbe? Der Krieg trifft erklärlicherweise die Gastwirte besonders hart. Man erschwere ihr Los aber nicht noch mehr durch eine so frühe Polizeistunde. Ein Wirt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)