Samstag, 7. Dezember 1918

   

Erweiterter Geschäftsverkehr ist nach den gesetzlichen Bestimmungen für die nächsten drei Sonntage, die letzten vor Weihnachten, zugelassen. Wenn von der fremden Besatzung keine anderslautenden Bestimmungen erlassen werden, dürfen die Geschäfte bis 7 Uhr abends zum Verkauf offen bleiben.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

Fleisch. Am Samstag werden in den Metzgergeschäften Rindfleisch, Kalbfleisch, Leberwurst und Blutwurst verkauft. Für jede Person werden 150 Gramm, an Kinder unter 6 Jahren 75 Gramm einschließlich Wurst abgegeben.
   Fett. Auf die Abschnitte Butter und Fett der Speisefettkarte werden in der kommenden Woche insgesamt 50 Gramm Margarine ausgegeben.
   Kartoffeln. Die zeitige Lage läßt befürchten, daß die Kartoffelzufuhr unzureichend wird. Es kann daher der Bürgerschaft nicht dringend genug geraten werden, rechtzeitig gelbe Erdkohlrabien zur Streckung der Kartoffeln einzuschlagen. Bis auf weiteres wird jede gewünschte Menge Erdkohlraben in den städtischen Gemüseverkaufsstellen (Wochenmarkt und Moltkestraße 1) abgegeben. […]
Kriegsküchen. Der Speisezettel für die Woche vom 9. bis 15. Dezember lautet:
   Montag: Möhren mit Kartoffeln.
   Dienstag: Hausmacher-Suppe.
   Mittwoch: Nudeln mit Gulasch.
   Donnerstag: Weiße Rüben mit Rindfleisch.
   Freitag: Wirsing mit Kartoffeln.
   Samstag: Sauerkraut mit Schweinefleisch.
   Sonntag: Salzkartoffeln mit Schmorfleisch und Beilage

(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn“)

  

Engländer in Bonn. Heute wird unsere Stadt voraussichtlich von englischen Truppen besetzt. Viel ist geschrieben und noch mehr ist gesagt worden über die Art, wie wir sie empfangen sollen. Nun, wir glauben in einem einzigen deutschen Wort ist alles enthalten und das heißt: Würde. Denn darin liegt sowohl jene angemessene Höflichkeit, welche die englische Heeresleitung ihren Truppen uns gegenüber empfahl, als auch eine ruhige Zurückhaltung, die gerade einem so stolzen und selbstbewußten Volke, wie dem Engländer gegenüber, angezeigt ist. Ein Sichwegwerfen würde nur zu einer verächtlichen und daher schließlich schlechten Behandlung führen.
   Die Nachricht, daß unserer Vaterstadt gerade englische Truppen zugedacht sind, wurde von der Bevölkerung mit einer gewissen Befriedigung aufgenommen. Wir glauben mit Recht. Es ist hier nicht die Stelle, Fragen des Krieges aufzuwerfen und zu erörtern. Ueber Entstehung und Dauer, über Hungerkrieg und U-Bootkrieg, über ungezählte andere Fragen, die Schuld und Sühne der Völker bedeuten, kann dereinst nur die Geschichte urteilen. Sie wird uns ein gerechter Richter sein. Was wir zum Ausdruck bringen wollen, ist, daß in der reinpersönlichen Kampfesweise, in dem Ringen von Mann zu Mann, der Engländer der humanste unserer Feinde war, daß ihm ein gewisser infamierender Zug persönlicher Grausamkeit meist gefehlt hat. Das bestätigt wohl jeder Feldgraue. Ebenso die an sich so betrübliche Tatsache, daß fast alle Ueberläufer sich gerade den „Tommy“ aussuchten.
   Das Gesagte ist kein Versuch, Wohlwollen zu gewinnen. Das wäre gegen unsere Würde. Doch sei hier auch an Bismarcks Wort erinnert, daß ungeachtet der Rücksichtslosigkeit der britischen Politik der einzelne Engländer ein anständiger Mensch sei, und daß der Fürst sich eines gewissen Hinneigens zum englischen Volke nicht erwehren könne. Und Fürst Bismarck konnte, was Nationalgefühl angeht, es sicherlich mit dem enragiertesten Alldeutschen aufnehmen.
   Berücksichtigen wir ferner, daß die gegnerische Besatzung nicht im Kriegszustande erfolgt, sondern in einem Zustande, der formell ein Zwischending, materiell aber sicherer Friede bedeutet, so können wir schließlich der Hoffnung Ausdruck geben, daß die Beziehungen zwischen unserer Bevölkerung und der englischen Besatzung sich zum mindesten erträglich gestalten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Die englische Besatzung ist auch gestern noch nicht in Bonn angekommen. Ueber die Zeit ihres Eintreffens ist noch immer nichts bekannt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)