Sonntag, 17. November 1918
Zur bevorstehenden Besetzung von Bonn wird uns weiter geschrieben: Zur bevorstehenden Besetzung des Rheinlandes hat in Nr. 316 der Bonner Zeitung ein Kenner der Besatzungsfrage Ausführungen gemacht, denen wir wohl im allgemeinen zustimmen können. Soweit diese Frage uns Bonner angeht, erscheinen einige Bemerkungen dringend notwendig. Bekanntlich hat leider zu Beginn der Umwälzung eine Plünderung stattgefunden, die sich nicht nur auf die Bekleidungskammern und das Proviantamt beschränkte, sondern sich auch auf die Inhalte der Kasernen, insbesondere die Betten erstreckte. Auch deren Inhalt, Matratzen, Laken, hauptsächlich wollene Decken, wurden und werden noch heute weggeschleppt. Erst heute sah Einsender dieser Zeilen einen hochbepackten Soldaten mit einer wollenen Decke beladen daherziehen. Es wird gesagt, daß der Soldatenrat jetzt selbst die planvolle Verabfolgung des Kaserneninventars in die Hand genommen habe. Was wird nun erfolgen, wenn die fremde Besatzung nach Bonn kommt, in die Kasernen einquartiert werden soll und vor leere Bettstellen tritt? Es werden einfach wollene Decken, Betten usw. von den Bonnern requiriert werden. Diese besonders die Anwohner der Infanteriekaserne beunruhigende Frage, die aber die Gesamtheit der Bürger sicherlich berührt, dürfte die allgemeine Aufmerksamkeit aufs dringendste erheischen. Insbesondere hätte der Soldatenrat die unabweisliche Pflicht, diese Angelegenheit sofort ins Auge zu fassen und durch eine öffentliche Erklärung die Bürgerschaft zu beruhigen. Er hätte vor allem, da doch die fremde Besatzung zunächst jedenfalls in den Kasernen untergebracht werden wird, rechtzeitig Ersatz, vielleicht aus nicht ausgeplünderten Kasernen des Inlandes, herbeizuschaffen, damit die Bürgerschaft vor jedem bei dem heutigen Betten- und Deckenmangel doppelt empfindlichen Eingriff bewahrt bleibt. Auch unsere zurückkehrenden Truppen, die vorübergehend in den Kasernen untergebracht werden müssen, werden den Mangel ordentlicher Lagerstätten schwer zu beklagen haben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Durchzug der heimkehrenden Truppen durch unsere Stadt hat am Samstag mittag begonnen. Alle Straßen, die von den Truppen berührt werden, haben Flaggenschmuck angelegt. Gegen 1 Uhr mittags kam das Alexander-Regiment mit klingendem Spiel hier durch. Eine tausendköpfige Menschenmenge umsäumt die Straßen und begrüßt die Feldgrauen durch Zuwerfen von Blumen und Hochrufen. Ueber 1½ Stunden währte der Durchzug. An vielen Stellen wurden die Soldaten durch die Bürgerschaft mit Zigaretten, Aepfeln und Kuchen beschenkt. Kurz nach 3 Uhr kamen die Scharfschützen an, die ebenfalls auf dem Wege zur Rheinbrücke auf das herzlichste begrüßt wurden. Für unsere Jugend war der Samstag ein Festtag erster Ordnung. Kein Bagagewagen, kein Geschütz oder Feldküche, das nicht von den Jungens mit Beschlag belegt worden war. Großer Jubel rief ein Sanitäter, der auf einem Esel daher geritten kam, bei der Jugend hervor: er wurde von hunderten Knaben begleitet und so begeistert hochheben lassen, daß sich der Mann schließlich beide Ohren zuhalten mußte. [...]
Unseren heimkehrenden Kriegern wieder Beschäftigung zu gewähren, ist eine Ehrenpflicht, zu deren Erfüllung die Handelskammer Bonn in einem besonderen Aufruf auffordert.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Fleischlose Woche. Die Woche vom 18. bis 24. November ist fleischlos.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)