Dienstag, 5. November 1918

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 5. November 1918Zum Fliegerangriff auf Bonn wird uns noch geschrieben: Es ist inzwischen durch die Zeitungen und amtlich festgestellt, daß der Alarm frühzeitig gegeben ist, daß die meisten Toten und Verletzten auf den Straßen gefunden sind und daß es auch jetzt als das Beste angesehen und empfohlen wird, möglichst bald nach dem Alarm in Deckung zu gehen. Schreiber dieser Zeilen hat während des Krieges im Interesse der Heeresverwaltung wiederholt in das besetzte Gebiet reisen müssen, hat schon im Sommer 1915 die Bomben in Charleville und Sedan, später in den nächsten Jahren an anderen Orten im Westen, noch diesen Sommer in Antwerpen, Brügge und Gent kennen gelernt und beobachten können und immer gesagt, daß die Bonner Bevölkerung diese Sache zu leicht nähme. Als Beweis will ich hier nur eine Gelegenheit anführen. Vor etwa zehn Tagen wurde einmal am Spätnachmittage Alarm gegeben, als ich zufällig in der Nähe des Bahnhofes war und es als selbstverständlich erachtete, den Keller unter dem Bahnhofsgebäude aufzusuchen, in dem sich dann bald etwa 25 Personen zusammenfanden, merkwürdigerweise nicht mehr. Denn auf den Straßen nahm der dort ziemlich starke Verkehr seinen Fortgang, es hätten viel mehr Leute in den Keller kommen können und müssen. Aber auch von den Vorhandenen benahmen sich viele ganz unsachlich. Fast jeden Augenblick kletterte irgend einer der meist weiblichen Personen, die Treppe hinauf, bis zur obersten Stufe und schaute mehrere Minuten nach den Wolken: ob denn nun die Flieger bald kämen? Man wurde unwillkürlich an die Zeiten erinnert, als vor fünf und sechs Jahren die ersten Zeppeline kamen. Ich fühlte mich verpflichtet, den Leuten zu sagen, sie müßten unten im Keller bleiben, aber das wurde mit allgemeinem Gelächter aufgenommen. Möge das jetzige traurige Ereignis jetzt endlich die Leute belehren, Polizei und Stadtverwaltung haben oft genug gewarnt, daß man einen Fliegerangriff nicht als Kinderspiel auffassen soll. – Dann noch eins. Es ist schon in Frankfurt vor mehreren Monaten durch die Gerichte energisch festgestellt worden, daß bei Alarm jeder Hausbesitzer die Pflicht hat, Vorübergehende aufzunehmen. Das scheinen in Bonn viele Hausbesitzer und Mieter des Unterhauses nicht zu wissen. Auch müßte besonders jedes Wirtshaus einen Kellerraum freihalten und seinen Gästen zur Verfügung stellen können. Es gibt dem Vernehmen nach Wirtshäuser, die sich am 31. Oktober geweigert haben, ihren Gästen eine Kellerunterkunft zu gewähren. Das letzte Unglück hat doch gezeigt, daß selbst in dem beschädigten Hause an der Dechenstraße der Keller durchaus sicheren Schutz geboten hat. Manche Leute scheuen den Keller in der Befürchtung, sie könnten verschüttet werden und ersticken und würden nicht rechtzeitig befreit. Diese Möglichkeit soll nicht bestritten werden, aber die bisherigen Erfahrungen, namentlich in den oft heimgesuchten Saarstädten, sprechen gegen diese Befürchtung. […]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Ein offenes Bekenntnis für das deutsche Volkskaisertum. Man schreibt uns: In einer gut besuchten Sitzung nahm der Vorstand der Zentrumspartei im Wahlkreise Bonn-Rheinbach nach einem ausgezeichneten Vortrage des Reichstagsabgeordneten Henry über die Lage einstimmig folgende Entschließung an:
   Der Vorstand des Vereins der Zentrumspartei im Wahlkreise Bonn-Rheinbach gibt der zuversichtlichen Ueberzeugung Ausdruck, daß es der unerschütterlichen Tapferkeit unserer Truppen unter ihrer genialen Führung gelingen wird, den Feind von unsern Grenzen fern zu halten und spricht ihnen wiederholt seinen unauslöschlichen Dank aus.
   Der Vorstand begrüßt es, daß das deutsche Volk nunmehr die Leitung seiner Geschicke selber in die Hand genommen hat, bringt der neuen Volksregierung volles Vertrauen entgegen und billigt die von ihr zur Herbeiführung des Friedens unternommenen Schritte.
   Der Vorstand fordert die Zentrumswähler des Wahlkreises Bonn-Rheinbach auf, durch Ruhe , Besonnenheit, entschlossene Zuversicht und Opferbereitschaft unser Heer in seinem heldenhaften Abwehrkampf und die Regierung in ihren Bemühungen für eine baldige ehrenvolle Beendigung des Krieges zu unterstützen.
   Getreu den Grundsätzen der Zentrumspartei und um der Einigkeit und Einheit des deutschen Volkes willen, spricht er sich mit Entschiedenheit für das monarchische Prinzip aus und versichert dem jetzigen Träger des deutschen Volks-Kaisertums seine Anhänglichkeit.
   Er ist überzeugt, auch hierin die Meinung der gesamten Zentrumswählerschaft des Wahlkreises Bonn-Rheinbach zum Ausdruck zu bringen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Studentisches Wohnungswesen. Man schreibt uns: Angesichts der augenblicklichen und vor allem des nach Kriegsschluß bevorstehenden erheblichen Mangels an Studentenwohnungen in Bonn, hat die dortige Ortsgruppe des Verbandes für Studentisches Wohnungswesen erneut ihre Tätigkeit aufgenommen. Sie sucht in jeder Weise die Bestrebungen der Universität und der Studentenschaft auf Hebung des Angebotes zu unterstützen und wendet sich vor allem an diejenigen Kreise der Bevölkerung, die in nächster Zeit in der Lage sind, zu angemessenem Preise an Studenten oder Studentinnen ein Zimmer zu vermieten. Daß die Wohnungsnot sehr groß sein wird, ergibt sich allein aus der Tatsache, daß sich im Laufe der letzten 4 Jahre die Zahl der Hochschulstudierenden, die ihre Examina noch nicht gemacht haben, verdoppelt hat, daß nach Abzug der Gefallenen noch etwa 40.000 Studenten in Deutschland ohne Wohnung sind, selbst wenn die früheren Wohnungen sämtlich zur Verfügung ständen. Nachdem diese jedoch zum Teil von anderen Mietern belegt sind, ist der Mangel an Studentenzimmern noch drückender. Die Ortsgruppe fördert gleichzeitig die Erhaltung, Ermutigung und Vermehrung des gediegenen Vermieterinnenstandes. Mitgliedsbeitrag 5 M., für Korporationen 10 M. Geschäftsstelle der Ortsgruppe Bonn, Coblenzer Straße 176, Telephon 483.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Ein sehr trauriges Wiedersehen erlebte ein hiesiger Krieger, der gleich zu Beginn des Krieges eingezogen wurde und seine junge Frau, damals 21 Jahre alt, zurücklassen mußte. Schon in der ersten Kriegszeit geriet er in französische Gefangenschaft, die er meist in Afrika verleben mußte. Da erhielt die Frau vor kurzer Zeit die frohe Kunde, daß ihr Mann ausgewechselt und über die Schweiz zurückkehren würde. Tag und Stunde des frohen Wiedersehens waren fast sich zu bestimmen. Da wurde die junge Frau plötzlich von der heimtückischen Grippe befallen, und als ihr Mann in der vorgestrigen Nacht heimkehrte, war sie schon eine Leiche. Der traurige Fall erregt hier allgemeine Teilnahme.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Lengsdorf.“)