Mittwoch, 30. Oktober 1918
Eine Totenfeier zu Ehren gefallener Krieger veranstaltet der Kreis-Kriegerverband Bonn-Stadt am Nachmittag des Allerheiligentages auf dem Nordfriedhofe (Ehrenfriedhofe). Die Bonner Liedertafel wird wieder mitwirken.
Auf den Friedhöfen herrscht seit einigen Tagen rege Tätigkeit. Es gilt, die Ruhestätten der Verstorbenen für das bevorstehende Allerheiligen- und Allerseelenfest instandzusetzen. Die Zahl der frischen Gräber ist heuer zu Allerheiligen größer als sonst; denn die Grippe mit ihren häufigen bösen Folgekrankheiten hat manches Menschenleben dahingerafft.
Die Tätigkeit der Gendarmen auf den Bahnhöfen. Von amtlicher Stelle gehen uns folgende Ausführungen zu, die dazu beitragen sollen, das Verständnis zu heben für die Notlage, aus welcher heraus die Tätigkeit der Gendarmen und sonstigen Kontrollorgane auf den Bahnhöfen usw. als unabweisbare Notwendigkeit erscheint, und um der Mißstimmung, welcher diese Tätigkeit oft begegnet, entgegenzuwirken.
Sieben Pfund Kartoffeln in der Woche erscheinen wohl jedem zu wenig. Und dennoch sind zahlreiche Menschen, ohne daß sie es wollen, tagaus, tagein am Werke, auch diesen Mindestbetrag von sieben Pfund pro Woche zu gefährden. Es sind das die Leute, die täglich im großen wie im kleinen Hamsterverkehr Kartoffeln ohne Erlaubnis aufkaufen. Die von ihnen gehamsterten Kartoffelmengen summieren sich derartig, daß Zweifel aufkommen müssen, ob das Land imstande sein wird, die zur Lieferung von sieben Pfund pro Kopf und pro Woche erforderlichen Mengen noch aufzubringen. [...]
Es kann daher gar nicht eindringlich genug darauf hingewiesen werden, daß die Kontrollorgane – Gendarmen und Polizei – mit ihrer Tätigkeit lediglich den Interessen der Gesamtmasse des Volkes dienen und daß sie bei der Erfüllung ihrer Pflichten auf ein Verständnis für die Notwendigkeit ihrer Tätigkeit Anspruch haben. [...]
Volkszählung, Einquartierung, Kartoffeln.
Am 4. Dezember d. J. findet wiederum eine Volkszählung statt. Sie hat vornehmlich den Zweck, eine Grundlage für die Zuteilung der Nährmittel zu geben. Aus diesem Grunde ist es von äußerster Wichtigkeit, daß die Einwohnerzahl unter allen Umständen genau erfaßt wird.
Die Feststellungen, die die Bezirksverwalter in den letzten Tagen über eine etwaige Einquartierung gemacht haben, sind in vielen Familien dahin aufgefaßt worden, daß nun sofort mit der Einquartierung gerechnet werden muß. Das ist jedoch keineswegs der Fall. Die städtische Verwaltung wird nach wie vor in erster Linie versuchen, die Einquartierung in öffentlichen Gebäuden, Schulen usw. unterzubringen und sie nicht in die Bürgerquartiere zu legen. Nur in dem Fall, daß bei einer etwaigen Demobilmachung die Belegziffer sehr erheblich wird, muß auf Bürgerquartiere zurückgegriffen werden, und dafür sind jetzt die Feststellungen gemacht worden, damit auf Grund dieser Feststellungen ein Einquartierungskataster in aller Ruhe und Sachlichkeit bearbeitet werden kann.
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Die fleischlosen Wochen
haben noch immer wieder zahlreiche Verstöße in einzelnen Haushaltungen mit sich gebracht. Es darf aber nicht sein und kann nicht weiter geduldet werden, daß die harte notwendige Einschränkung unserer an sich sehr schmalen Fleischversorgung nur für einen Teil der Bevölkerung gilt, während der andere im Wege heimlicher Versorgung sich fortgesetzt über diese Kriegmaßnahme hinwegsetzt. Das Gewissen der letzteren kann daher nicht eindringlich genug geschärft werden. Leider gibt es noch immer Menschen, die sich keiner irgendwie gearteten Verbrauchsbeschränkung unterwerfen und für die natürlich die fleischlosen Wochen auch nicht bestehen. Da muß endlich die Selbstzucht der Bürger eingreifen und sie an den Pranger stellen. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Erhöhung der Lustbarkeitssteuer. Die Stadtverordneten werden sich am Donnerstag mit der Abänderung der bisherigen Lustbarkeitssteuer-Ordnung befassen. Der Finanzausschuß empfiehlt eine Erhöhung der Lustbarkeitssteuer in der Weise, daß die Kartensteuer für jede angefangene halbe Mark Eintrittsgeld um 5 Pfg. heraufgesetzt wird. Zu den Pauschsteuersätzen soll ein Zuschlag von Hundert zu Hundert erhoben werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Ortskohlenstelle gibt bekannt, daß die Kohlenmarken für Oktober, die wegen Mangel an Arbeitskräften nicht beliefert werden können, im November ihre Gültigkeit weiter behalten.
Festgenommen wurden drei Fahnenflüchtige. In der gemeinsamen Wohnung fand die Polizei ein frischgeschlachtetes Schwein, das die drei in der Nacht zum Sonntag in Alfter gestohlen haben. Auch haben sie schon in der Nacht zum 25. Oktober in Alfter Hühner und Wäsche gestohlen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)