Donnerstag, 24. Oktober 1918
Universität. Die Professoren und Dozenten der Universität Bonn sowie die Vertreter-Versammlung der Bonner Studentenschaft haben folgende Kundgebung beschlossen:
„Die auf Einladung des Rektors versammelten Professoren und Dozenten der Universität Bonn und die Vertreter-Versammlung der Bonner Studentenschaft erklären einstimmig:
Wir stehen geschlossen hinter der jetzigen Regierung bei ihrem Bestreben, den Frieden zu erwirken.
Wir erwarten dabei, daß sie niemals einen Frieden schließen wird, der Deutschland Schmach antut, der deutsche Erde preisgibt, der die freie Entwicklung der Lebenskräfte des deutschen Volkes hemmt.
Wir erwarten dies in dem Vertrauen auf die seit mehr als vier Jahren trotz Aushungerung und ungeheurer Uebermacht bewährte Heldenkraft unseres Heeres und unserer Flotte und dem Opfersinn unserer Bevölkerung daheim in allen ihren Schichten.“
Der Verband der Freunde evangelischer Freiheit in Rheinland und Westfalen fordert alle seine Freunde auf: „Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark! Wir danken unseren Truppen um den kraftvollen und zähen Widerstand, den sie dem Feinde entgegensetzen. Unsere Truppen sollen erfahren, daß ihre Opfertat für Haus und Herd daheim von uns unvergessen bleibt. Aber Du, deutsches Heimatvolk, zeige Deinen Mut und Deine Entschlossenheit zum Aeußersten, Deutschland ist nicht verloren, solange Du Dich nicht verloren gibst. Kraft ist der sicherste Weg zum wirklichen Frieden.“
Landesverrat. Es ist eine bekannte Tatsache, daß während des Krieges sowohl deutsche und verbündete Heerespflichtige als auch Kriegs- und Zivilgefangene und andere feindliche Staatsangehörige sich heimlich auf Schleichwegen ins neutrale Ausland begeben haben. Deutsche und verbündete Staatsangehörige bezweckten, sich ihrer Wehrpflicht zu entziehen, feindliche Ausländer, aus der Gefangenschaft zu entkommen, sich ins feindliche Heer zu begeben oder sich der Arbeit in Deutschland zu entziehen. Das Gelingen der Flucht war in vielen Fällen darauf zurückzuführen, daß ihnen von anderen zum Entweichen durch Verschaffung von Zivilkleidern, durch Begleitung bis zur Grenze und durch Zeigen von Schleichwegen Beihilfe geleistet wurde. Den Grund zu dieser Beihilfe bildete meistens schnöde Gewinnsucht, indem dafür Geldbeträge angenommen wurden. Ein derartiges Treiben gewissenloser Menschen kann nicht scharf genug verurteilt werden. Die Gerichte haben denn auch in zahlreichen Fällen gegen derartige Personenschmuggler wegen Landesverrats hohe Freiheitsstrafen verhängt. Und dies mit Recht. Denn jeder, der einen Kriegs- oder Zivilgefangenen, einem ausländischen Arbeiter oder einem wehrpflichtigen deutschen oder verbündeten Staatsangehörigen zur Flucht über die Grenze verhilft, leistet dem Feinde Vorschub und benachteiligt die deutsche Kriegsmacht, begeht also Landesverrat.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Schließung des Viktoriabades? Heute morgen erreichte mich das schier unglaubliche Gerücht, die städt. Badeanstalt solle wegen Kohlemangels gänzlich geschlossen werden. Ich würde es verstehen, wenn sich der Beschluß auf das kohlenverschlingende Schwimmbad bezöge, das von Erwachsenen augenblicklich weniger und umso mehr von rüpelhaften Jungen benutzt wird; aber auch die Wannen- und Dampfbäder zu sistieren, geht so sehr gegen mein hygienisches Gewissen, daß ich an eine wirkliche Ausführung der Drohung nicht recht glauben kann. Wenn Kohlen für Kinos, Theater, Operetten und andere Vergnügungslokale zu beschaffen sind, sollten sie wahrlich einer geradezu unentbehrlichen Pflegestätte der Gesundheit in der Stadt der Kliniken und Lazarette nicht fehlen, zumal tausende Bürger erkrankt sind und Dampf- oder Heißluft- oder warme Wannenbäder begehren. Sicher ist die städtische Gesundheitskommission nicht zu Wort gekommen, wenn man jenen verhängnisvollen Beschluß wirklich gefaßt hat. Uebrigens werden doch augenblicklich massig Kohlen gespart durch die Aussetzung des Unterrichts in etwa 250 Schulklassen. Das sei nur nebenbei und nicht als Grund für Offenhaltung des Viktoriabades angeführt. Und die vielleicht anderthalb Dutzend Angestellten des Bades! Sollen sie ohne Beschäftigung und Verdienst sein? Na, vorläufig tröste ich mich mit der Hoffnung, daß das Gerücht auf falschen Grundlagen beruht und die Verwaltung umsichtig genug ist, eine Maßregel zu vermeiden, welche sich mit einer pflichtgemäßen Sorge für den Gesundheitszustand der Stadt schwerlich vereinen läßt. W.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ueber die amtlichen Bestimmungen zur Bucheckernsammlung herrschen bei den Sammlern noch viele Unklarheiten. Die Bucheckern an sich sind zwar nicht beschlagnahmt, ihre Verwendung zur Herstellung von Oel ist jedoch unter Kontrolle gestellt und an die Bedingung geknüpft, daß die Hälfte der Ernte der Versorgung des Feldheeres und der allgemeinen Fettversorgung nutzbar gemacht wird. Dafür werden die öffentlichen Wälder mit ganz geringen Einschränkungen der Sammlung freigegeben, und auch die privaten Waldbesitzer sind gehalten, ihre Waldungen für die sogenannten öffentlichen Sammlungen zu öffnen. Diese letzteren werden im Auftrag des zuständigen Kriegswirtschaftsamts von den mit fast jeder Schule verbundenen Ortssammelstellen eingerichtet und stets gemeinsam, in erster Linie von der Schuljugend unter Leitung der Lehrerschaft ausgeübt. Es können aber auch andere Vereinigungen, Jugendkompagnien, Lazarette usw. Sammlungen veranstalten und sich zu diesem Zwecke den Ortssammelstellen unterstellen, bei denen das Nähere zu erfahren ist. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)