Freitag, 18. Oktober 1918
Neues Operettentheater. „Die Fledermaus“ von Johann Strauß. Spielleitung: Direktor Adalbert Steffter. In einer bis auf den „Frosch“ völlig neuen Besetzung flattert zurzeit die unsterbliche „Fledermaus“ wieder einmal über die Operettenbühne. Flott und leichtbeschwingt, wie es sich für dieses Kind der Nacht gehört; im übrigen natürlich streng traditionell. Es ist recht schade, daß der Bühnenraum des Operettentheaters ja klein und beschränkt ist, um das Straußsche Werk, das doch geradezu Massen von Menschen – auf der Bühne, wie auch im Orchester – vertragen kann, voll zur Geltung zu bringen. Immerhin muß der redliche Wille, mit kriegsmäßig beschränkten Mitteln Vollwertiges zu leisten, anerkannt werden, um so mehr als die einzelnen Darsteller geradezu wetteifern, der „Fledermaus“ das nötige künstlerische Gewicht zu verleihen. […]
Der Flottenverein Jungdeutschland veranstaltet am Sonntag seine zweite Wohltätigkeitsvorstellung. Das Programm bietet wie immer neben hervorragenden Kriegsfilmen auch ein paar köstliche Lustspiele, die gerade in der jetzigen schweren Zeit zur Aufheiterung dienen mögen. Da die Schulen zurzeit geschlossen sind, so findet diesmal der Vorverkauf nur im Metropoltheater statt. Der Reinertrag der Veranstaltung wird der Weihnachtsspende für unsere tapfere Marine überwiesen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Gegen die Grippe. Man schreibt uns: Prof. Oscar Loew, München, ist der Ueberzeugung, daß die große Verbreitung der spanischen Krankheit auf die kalkarme Nahrung zurückzuführen ist. Milch und Käse, die kalkreichsten Nahrungsmittel, bekommen wir nicht, Gemüse zu wenig, Kartoffeln enthalten fast keinen Kalk und den Ueberschuß an Magnesia im kleiereichen Brot bindet Kalk überdies. Loew empfiehlt daher, Kalk täglich zu nehmen und zwar wie folgt: Man kauft in der Apotheke 100 Gramm kristallisiertes Calcium chloratum (CA Cl2), löst diese in 6 Liter Wasser (8 Flaschen) auf und nimmt davon zu jeder Mahlzeit 2 Eßlöffel voll, kleine Kinder die Hälfte. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Universität. In der Aula fand heute am 100. Gründungstage unserer Rheinischen Friedrich Wilhelms- Universität die feierliche Uebertragung der Rektoratsgeschäfte vom alten auf den neuen Rektor statt. Der bisherige Rektor Geheimrat Marx gab zunächst einen Ueberblick über die Ereignisse des vergangenen Jahres, erwähnte die Stiftungen und die Veränderungen im Lehrkörper. Die Zahl der immatrikulierten Studenten betrug im letzten Halbjahr 6007, mit Gasthörern 6909. Gefallen sind im letzten Semester 83, insgesamt 590. Der Senat brauchte keine Gerichtssitzung abzuhalten. Zum Schlusse dankte der Rektor denen an der Front für den der Heimat gewährten Schutz. Der neue Rektor Geheimrat Zitelmann wies darauf hin, wie ganz anderes der heutige 100. Gründungstag begangen worden sei, wenn der Krieg nicht gekommen wäre. Er besprach die politische Lage und forderte zu Mut und Entschlossenheit auf. In seinem wissenschaftlichen Vortrag sprach er über die Unvollkommenheit des Völkerrechtes und die Aussichten des Völkerrechtes in dem bestimmt zu erwartenden Völkerbunde.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)