Mittwoch, 17. Juli 1918
Der dreitägige Kochkistenlehrgang, den die Hauswirtschaftliche Kriegshilfe in der vorigen Woche durch eine bewährte Lehrerin des Frankfurter Nationalen Frauendienstes, Fräulein Engelhardt, abhalten ließ, war sehr gut besucht und von vollem Erfolg gekrönt. Leider konnte der Wunsch vieler Teilnehmerinnen, den Lehrgang um drei Tage zu verlängern, nicht erfüllt werden, doch sollen mit Einwilligung des Lebensmittelamtes noch weitere Lehrgänge abgehalten werden. Es ist zu hoffen, daß dadurch manches veraltete Urteil gegen die Brauchbarkeit der Kochkiste gründlich zerstört und in glühende Begeisterung verwandelt wird. Der vielseitige Nutzen der Kochkiste wurde im Lehrgang an einem reichen Speisezettel, darunter Braten, Pudding, Kuchen glänzend nachgewiesen und an Kostproben die Schmackhaftigkeit der in der primitiven Kochkiste hergestellten Speisen gezeigt. Außer den Kochvorschriften wurde eine Fülle von wertvollen Fingerzeigen und Anregungen für haushälterisches und zugleich schmackhaftes Kochen gegeben, so daß alle Teilnehmer befriedigt nach Hause gingen. Möchten sie alle dazu beitragen, dieser bewährten und vielleicht noch verkannten und verschmähten „Freundin“ jeder Hausfrau in immer weitere Kreise unserer Bevölkerung den Weg zu bahnen! Wie man sich fast kostenlos mit den einfachsten Mitteln eine Kochkiste herstellen kann, soll in der nächsten Zeit in den Werkstätten der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe gezeigt werden.
Lebensmittelkartendiebstähle werden wieder in auffallend zahlreichen Fällen der Polizei und dem Lebensmittelamte angezeigt. Viele dieser angeblichen Diebstähle sind wohl nur ersonnen zu dem Versuche, in den Besitz weiterer Lebensmittelkarten zu gelangen, in den übrigen Fällen, in denen die Lebensmittelkarten wirklich gestohlen sind, haben die Bestohlenen sich den Verlust meist selbst zuzuschreiben. Alle Tage kann man sehen, daß die Hausfrauen auf dem Markte oder sonst im Gedränge ihre Lebensmittelkarten im offenen Korbe liegen haben, so daß der erste beste Unehrliche sie sich aneignen kann. Auch die wirklich Bestohlenen müssen es sich zu ihrem Verlust noch gefallen lassen, zunächst für Betrüger gehalten zu werden, die den Diebstahl nur vorschützen, um weitere Lebensmittel zu erhalten, auf Ersatz können sie auch nicht rechnen, da das Lebensmittelamt schon unzählige Male betont hat, es werde grundsätzlich kein Ersatz geleistet. Darum soll jeder seine Lebensmittelkarten so sicher wie möglich aufbewahren.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Bonner Wochenmarkt hatte gestern wieder vorwiegend Grüngemüse, Kopfsalat und Kleinzeug aufzuweisen. Vereinzelt waren auch wieder verschiedene Sorten Pilze, aber zu sehr hohen Preisen, sowie Rhabarber, neue Karotten, hiesige und fremde Möhrchen, fremde Gurken, Kohlrabien und Strauchbohnen zu haben. Hiesiger Rot- und Weißkohl, sowie hiesiger Blumenkohl kommt in den letzten Tagen schon ziemlich reichlich auf den Markt. Blumenkohl findet aber des sehr hohen Preises wegen nur wenig Absatz. Auch neue Zwiebeln, die verschiedensten Arten von Kräutern sowie Suppengrün waren in größeren Mengen vorhanden. Der Verkauf war im allgemeinen wieder recht flott. Auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz sah es auch gestern wieder recht öde aus. Außer hier und da etwas Gemüse war nichts zu haben. Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte etwas mehr Auswahl an Waren, aber auch hauptsächlich Wirsing und fremder Spitzkohl. Außerdem waren noch fremde Möhrchen zu 90 Pfg., fremde dicke Bohnen zu 50 Pfg. das Pfund und fremde Gurken zu 1 Mk. das Stück usw. zu haben. Der Verkauf war auch hier durchweg sehr flott, außer in Wirsing, worin nach Schluß des Marktes noch größere Ueberstände verblieben.
Drei Pfund Frühkartoffeln werden für nächste Woche bei den städtischen Verkaufsstellen abgegeben. Die Kartoffeln können von heute ab abgenommen werden. Als Ersatz für die fehlenden Kartoffeln werden Graupen, Hülsenfrüchte und Teigwaren abgegeben.
50 Gramm Butter werden in dieser Woche an jeden Bezugsberechtigten abgegeben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vom Lande schreibt man uns: Man greift bei der Landwirtschaft jetzt wieder auf Maschinen aus der guten alten Zeit zurück. So sind denn auch jetzt wieder die alten Mähmaschinen aus ihrem düsteren Schlupfwinkel hervorgeholt worden, um nach erfolgter Instandsetzung wieder die Arbeit zu leisten, für die sie früher nicht mehr zeitgemäß war. Infolge der fast unerschwinglichen Preise für Bindegarn für den Selbstbinder, wenn solches überhaupt noch greifbar ist, wird diese so praktische Maschine immer mehr nutzlos und die alte Mähmaschine kommt wieder zu Ehren. Zeitraubender ist ja das Mähen damit, aber bei einigem guten Willen geht’s auch damit noch.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)