Dienstag, 9. Juli 1918

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 9. Juli 1918Universität. Zur Feier des hundertjährigen Bestehens ist der Universität die erste Festgabe dargebracht worden. Der Direktor des Provinzialmuseums, Professor Dr. Lehner, hat unter dem Titel „Die antiken Steindenkmäler des Provinzialmuseums in Bonn“ diesen wichtigen Schatz der Ueberlieferung aus der Römerzeit vollständig zusammengestellt, durch die Beigabe von 140 Abbildungen und von erläuternden Anmerkungen verständlich gemacht und den Wunsch ausgesprochen, es möchte das stattliche Werk dem akademischen Unterricht sich nützlich erweisen. Die Kosten der Veröffentlichung hat der Rheinische Provinzialverband getragen; daß sie im vierten Kriegsjahr erfolgen konnte, ist für alle Beteiligte gleichermaßen ehrenvoll.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

Die Bonner Bücher- und Lesehalle. In Erwiderung auf das die Bonner Bücher- und Lesehalle betreffende Eingesandt in Ihrer Sonntagsnummer weisen wir darauf hin, daß es trotz aller Mühe unmöglich war, einen geeigneten Ersatz für den eingezogenen Bibliothekar zu finden. Mehrere Versuche sind zum Schaden der Lesehalle ausgefallen. In letzter Zeit ist es nun geglückt, eine geschulte Bibliothekarin zu finden, mit deren Hilfe die Wiedereröffnung in nächster Zeit stattfinden wird. Die sofortige Aufnahme der Buchausgabe ist noch nicht möglich, weil sich die Notwendigkeit herausstellte, die ganze innere Einrichtung und vor allem den Zustand der Bücher einer durchgreifenden Neuordnung zu unterziehen. Nachdem aber diese zeitraubende, umständliche Arbeit rüstig fortschreitet, ist Aussicht, die heute mehr wie je notwendige Tätigkeit unserer Büchereien unter bedeutend verbesserten Bedingungen bald wieder aufzunehmen. Der Zeitpunkt wird demnächst bekannt gegeben. Der Vorstand der Bücher- und Lesehalle E. B.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 9. Juli 1918Der Probealarm, der für gestern abend 7 Uhr angesagt war, ging vorschriftsmäßig vonstatten. Das Heulen der Sirenen sowie die Signalschüsse gaben das Zeichen dafür, daß der Straßenbahnverkehr unterbrochen wurde. Im übrigen aber merkte man wenig von einer Verringerung des Straßenverkehrs, denn man wußte, es war nur Probealarm. Bekanntlich ertönen von jetzt an jeden Abend um 7 Uhr die Sirenen, um festzustellen, ob sie im Ernstfalle auch ihre Schuldigkeit tun.

Bitte einer Bonner Hausfrau an das Lebensmittelamt. Man schreibt uns: Lieber General-Anzeiger! Sie haben uns Hausfrauen schon aus so mancher Kriegsnot geholfen, helfen Sie auch diesmal. Sie vermahnen immer wieder die Hausfrauen, nicht durch ihre Hamsterfahrten nach Gemüse und Obst diese guten Sachen ganz vom Markt verschwinden zu machen und dadurch ihren Schwestern mit dem kleineren Geldbeutel und der knapper bemessenen Freizeit das Leben noch mehr zu erschweren. Ueber den Erfolg dieser Ermahnungen sind Sie sich wohl klar. Es handelt sich da eben um eine Gewissenssache, und das Gewissen hat ja bei manchen Menschen während des Krieges recht merkwürdige Beulen bekommen. Sie zu noch mehr Anstrengungen in dieser Richtung veranlassen zu wollen, wage ich nicht. Vielleicht aber ist es durch ihre Hilfe möglich, das in so erfreulichen Mengen von der Stadt herbeigeschaffte seltenere GemüseErbsen, Dicke Bohnen, Blumenkohl – besser verteilt zu sehen. Ich kenne Spezialistinnen im „Anstehen“, die es möglich gemacht haben, schon 4 – 5 mal ihre Leiben den Genuß der genannten Gemüse zu ermöglichen, und ich kenne Frauen, die gewissenhaft ihre freie Zeit im Interesse ihrer Angehörigen verwenden und denen das noch nicht einmal möglich war. Warum kann die Stadt nicht die besseren Gemüse auf eine Warenkarten-Nummer festlegen? In kleinen rheinischen und mitteldeutschen Industriestädten ist das mit bestem Erfolg geschehen. Auch das Kleinobst ist dort so verteilt worden. Sie schrieben gelegentlich des Erfolges, mit dem Sie in der Brotverkaufsfrage wenigstens für die Schwer- und Schwerstarbeiter gekämpft hatten, Herr Oberfutter-Rat Piehl sei vernünftigen Vorschlägen zugänglich. Vielleicht hält er den meinen auch dafür; es würden ihm viele Hausfrauen, die mit ehrlichen Mitteln durchhalten wollen, dafür herzlichen Dank wissen. (Na, diese Zuschrift könnte selbst ein versteinertes Herz erweichen. Sollte sie da nicht schon auf unseren alle Nöte unserer lieben Hausfrauen verstehenden Herrn Beig. Piehl den erhofften Eindruck machen? Die Schriftl.)

50 Gramm Butter werden in dieser Woche auf den Kopf der Bevölkerung abgegeben.

Zwei Pfund Frühkartoffeln zum Preise von 20 Pfg. für das Pfund werden für die Woche vom 15. bis 21. Juli ausgegeben. Der Verkauf findet bereits von morgen Mittwoch ab statt, und zwar nur auf dem Wochenmarkt. Um jeden Andrang zu vermeiden, werden eine ganze Anzahl Verkaufsstellen eingerichtet, die über den ganzen Marktplatz verstreut liegen. Auch hat die Warenkarte Nr. 11, auf die die Frühkartoffeln ausgegeben werden, bis zum 21. ds. Gültigkeit. Neben den zwei Pfund Frühkartoffeln werden auch noch in den städtischen Verkaufsstellen alte Kartoffeln ausgegeben. Die Menge wird noch bekannt gemacht.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Bonner Mutterhaus vom Roten Kreuz. Dem 4. Jahresbericht des am 8. August 1914 gegründeten Mutterhauses entnehmen wir folgendes: Zu Beginn des Jahres wurden Mutterhaus und Lazarett in die beiden Häuser Coblenzerstraße 87 und 87a verlegt, nachdem die Stundentenverbindung Bavaria und Fräulein Freudenberg 2½ Jahre lang ihre Häuser opferwillig zur Verfügung gestellt hatten. Die Bettenzahl im Lazarett konnte infolgedessen auf 42 erhöht werden. Eine Kapelle wurde eingerichtet und von einem Bonner Verwundeten ausgemalt. […] – Im Lazarett des Mutterhauses wurden 273 Verwundete an 11.216 Tagen verpflegt. Die Behandlung lag in den Händen der Herren Geh. Rat Dr. Hoestermann, Privatdozent Dr. Cramer und Prof. Bunge. Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe und Frau Prinzessin Karl besuchten die Verwundeten wiederholt, letztere lud das Lazarett nach Schloß Namedy ein – außerdem wurde durch Konzerte und sonstige Veranstaltungen für Unterhaltung der Verwundeten gesorgt. […]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Wenige Tage werden vergehen, und der Tag des Kriegsbeginns jährt sich zum vierten Male. Damit sind 4 Jahre von heiliger Begeisterung und Opferfreude über uns dahingegangen, Jahre aber auch tiefen Leids und Kummers, Jahre, die in ihrer ganzen Wucht furchtbaren Erlebens ungeheuer schwer auf unser aller Seelenleben lasten. Und doch tragen wir diese Last, fest entschlossen, treu: die Männer an den Fronten in allen Mühseligkeiten des Sommers, die Männer daheim jeder in seinem verantwortungsvollen Beruf, die Frauen in steter Sorge; aber: sie tragens, tragen es entschlossen auch in diesen so schweren Uebergangswochen des 4. Kriegssommers. Denn wir alle haben den einen Gedanken: durch Einsetzen unseres ganzen Willens für ein baldiges Ende des Krieges zu wirken; in diesem Bewußtsein tragen wir all das Harte und Zermürbende.
    Fast wie ein Hohn auf diese Stimmung will es einen nun anmuten, wenn man sehen muß, was man dem Bonner Publikum in einem hiesigen Theater gerade in diesen sicher ernstesten Tagen des Krieges vorzusetzen wagte. Denn Spott und Hohn auf unsere ganze Volksstimmung ist es, ein Marchwerk übelster Sorte, wie die Operette „Grigri“ einem deutschen Publikum Abend für Abend aufzutischen! Daß die Musik mangelhaft, der Inhalt Blödsinn und die Wiedergabe im Durchschnitt nicht besonders ist, das ist ja eigentlich schon eine Selbstverständlichkeit geworden. Aber die Mittel, mit denen hierin gearbeitet wird, sind doch zu empörend, als daß man stillschweigend daran vorübergehen könnte. Was soll eine Jammergestalt wie die des schwarzen Königs auf unserer Bühne, was aber soll vor allen Dingen, im 5. Kriegsjahr, die Verherrlichung des französischen Volkes und französischen Wesens auf einer deutschen Bühne, des Volkes, das Hunderte unserer gefangenen Soldaten grausam zu Tode gemartert hat!? Das sind doch elegantere, feinere Leute, als wir, die tölpelhaften Deutschen! Natürlich auch die Kriecherei vor den Engländern darf nicht zu kurz kommen: daher das englische Lied und die 6 Tanzgirls im letzten Akt. Jedes Volk und jede Zeit hat eben die Theater, die es verdient. Wir sind anscheinend zu solchen verurteilt, die uns nur solche Ungeheuerlichkeiten wie „Grigri“ vorsetzen können. Möchte das Publikum das kräftige „Pfui“ finden, wie ich es von ein paar Feldgrauen gehört haben!!! th. st. v.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)