Sonntag, 7. Juli 1918
Festgenommen wurde ein aus der Irrenanstalt in Andernach entwichener Matrose, der dringend verdächtig ist, an mehreren Einbruchsdiebstählen in Bonn beteiligt zu sein. Er wurde der Irrenanstalt wieder zugeführt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die hiesige Bonner Bücher- und Lesehalle ist schon seit fast vier Monaten geschlossen, ohne auch nur einen Anschlag an der Tür zu haben, wann die Bücherausgabe stattfindet. Der langjährige sehr verdiente Bibliothekar ist militärisch eingezogen, an seiner Stelle waren Damen als Bücherwarte tätig, die aber alle nach kurzer Zeit ihre Tätigkeit aufgaben. Wenn man auch gut 1 bis 1½ Stunden warten mußte, man bekam aber doch immer ein Buch. Schreiber dieses glaubt nicht, daß dieser Zustand in der Absicht der vielen freiwilligen Wohltäter dieses sehr fördernswerten Unternehmens ist. Es wäre im Interesse der Allgemeinheit die baldige Wiedereröffnung der Lesehalle in der Quantiusstraße sehr zu wünschen. Civis.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)
Zur Abgabe von getragenen Männeranzügen. Die Aufforderung zur Abgabe von Männeranzügen begegnet noch vielfach Missverständnissen. So ist in einer Zuschrift an den General-Anzeiger ein „Urlauber“ der Ansicht, daß es nicht angehe, von Heeresangehörigen auch noch die Abgabe eines Anzuges zu verlangen. Sie hätten gerade genug ertragen und hier seien oft die letzten Spargroschen der Familien aufgebraucht. Der Verfasser dieser Zuschrift ist anscheinend der Ansicht, daß jeder, wer er auch sei, einen Anzug abgeben müsse. Das ist ein Irrtum. Wer im Heeresdienste steht, wie auch der Zivilist, hat unter den gleichen Voraussetzungen einen Anzug abzugeben, d. h. er braucht einen solchen nur abzuliefern, wenn er unter Berücksichtigung seiner gesamten persönlichen Verhältnisse, insbesondere Vermögenslage, zur Abgabe in der Lage ist. Die Besorgnis also, daß etwa die minderbemittelte Bevölkerung in gleicher Weise herangezogen werden soll wie die Bessergestellten, ist grundlos. Vielmehr werden die nun bevorstehenden besonderen Aufforderungen zur Ablieferung eines Anzugs bezw. Bestandsangabe des Kleidervorrats unter Berücksichtigung der Vermögenslage des einzelnen und an Hand neuester Listen ergehen, sodaß nach Möglichkeit nur diejenigen herangezogen werden, die auch wirklich einen Anzug entbehren können.
Die spanische Krankheit. Aus Berlin wird uns von einem Mitarbeiter geschrieben: Die spanische Krankheit ist, wie uns von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, von Spanien über Frankreich, Holland und die nordischen Staaten vor einigen Wochen zu uns gekommen. Ueber den Charakter der Krankheit weiß man noch nichts Genaues. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit kann angenommen werden, daß es sich um die Influenza handelt, die in den Jahre 1889/90 zum ersten Male zu uns kam. In einzelnen Fällen sind Influenzabazillen zuverlässig nachgewiesen. Die Krankheit kann im allgemeinen als harmlos bezeichnet werden, da sie meistenteils binnen kurzem zur völligen Heilung führt, falls nicht Komplikationen eintreten, wie z. B. Lungenentzündung, Mittelohrentzündung. In neun der größten Krankenhäuser Groß-Berlins sind zur Zeit ungefähr 500 bis 600 Personen, die an der spanischen Grippe erkrankt sind, eingeliefert. Von diesen 600 Fällen endete einer mit tödlichem Ausgang. Es handelte sich um eine ältere Frau, die schon bei der Einlieferung an Lungenentzündung erkrankt war. Der oberste Grundsatz für die Bekämpfung solcher Krankheiten ist der, die zuerst auftretenden Krankheitsfälle nach Möglichkeit völlig zu erfassen und unschädlich zu machen durch die Absonderung der kranken Personen. Dies ließ sich aber bei dem explosionsartigen Auftreten der spanischen Grippe nicht ermöglichen. Mit der Ernährung steht die Krankheit in keinerlei Zusammenhang, es handelt sich vielmehr um eine Infektionskrankheit, die durch Ansteckung übertragen wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Munitionsarbeiter und Kriegsindustriearbeiter. In der jüngsten Zeit wird im Anschluß an die Frage der Abgabe von Männeranzügen viel über die Lage der Munitionsarbeiter gestritten. Die Munitionsarbeiter heben mit Recht hervor, daß sie sich ihren hohen Lohn teuer erkaufen müssen, und von der Gegenseite wird darauf hingewiesen, daß von den Arbeitern ungeheure Summen in den öffentlichen Lokalen und für Bekleidung usw. ausgegeben würden. Es scheint hier ein Mißverständnis vorzuliegen. Die Munitionsarbeiter, die unter schweren gesundheitlichen Gefahren arbeiten, sind es weit weniger oder selten, die man in öffentlichen Lokalen antrifft. Es sind mehr sonstige Industriearbeiter, die für den Kriegsbedarf arbeiten, namentlich jüngere Leute. Und gewiß ist es auch nur ein Bruchteil unserer Kriegsarbeiterschaft, der sich so auffällig benimmt. Es wäre völlig verfehlt, das Verhalten dieses verschwindenden Teils der Arbeiterschaft verallgemeinern zu wollen. Aber daß in den Theatern, Singspielbühnen, Kinos und Spezialitätenbühnen viele jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen jetzt auf den teuersten Plätzen anzutreffen sind, daß diese in den ersten Hotels in Königswinter, Godesberg usw. hohe Zechen machen, häufig in Konditoreien verkehren und auch in Bonner Restaurants und Kaffees mit dem Geld nicht kargen, ist für jeden, der seine leiblichen Augen hat, unbestreitbar. Ebenso ist es Tatsache, daß gewisse Arbeiter sich an dem Preiswucher für Lebensmittel beteiligen und Preise für Speck, Butter usw. zahlen, die viele Beamte und Handwerker nicht erschwingen können. Und diese etwas einseitige Beobachtung ist es, die in manchen Beamten- und Handwerkerkreisen, die in einer wirtschaftlichen Notlage leben, zum Widerspruch gegen die Abgabe von Männeranzügen gereizt hat. Es wäre eine dankenswerte Aufgabe für unsere Arbeiterführer, auf die Verschwendungslustigen unter ihnen ihren Einfluß geltend zu machen, daß diese sich für die Zeit nach dem Kriege etwas zurücklegen. Ein Arbeiterfreund.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die Beschlagnahme der Türklinken und Fenstergriffe. Bei der Ersatzbeschaffung der beschlagnahmten Türklinken und Fenstergriffe ist, wie amtlich mitgeteilt wird, vorgesehen, daß kein Hausbesitzer für die von der Heeresverwaltung gelieferten Ersatzstücke mehr zu zahlen braucht, als er für die abgelieferten Stücke aus Messing und Bronze erhält. Uebersteigt der Metall-Uebernahmepreis die Kosten des Ersatzes, so wird die Differenz dem Ablieferer ausgezahlt. Im gegenteiligen Falle wird die Differenz durch einen Zuschuß des Reiches ausgeglichen. Diese Vergünstigungen gelten jedoch nur in dem Falle, in dem die Lieferung der Ersatzgegenstände, der Aus- und Einbau von der Behörde erfolgt, aber nicht, wenn die Ersatzgegenstände selbst gekauft und eingebaut werden. Die Ablieferung braucht erst zu erfolgen, wenn Ersatzstücke zur Verfügung stehen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)