Donnerstag, 4. Juli 1918

   

Die Unzuträglichkeiten im Fernsprechverkehr werden immer schlimmer. Gestern abend 8 Uhr waren Verbindungen nach Köln, die nach Auskunft des Fernamtes bereits um 3 Uhr, also vor fünf Stunden, angemeldet worden waren, noch nicht erledigt. Immer häufiger kommt es neuerdings vor, daß man das Fernamt erst nach wiederholten Versuchen erreichen kann, weil alle Leitungen zu ihm besetzt sind. Da auch das Fernsprechamt für den Ortsverkehr häufig genug minutenlang auf sich warten läßt, geht dann schon mit dem Anmelden eines Ferngesprächs ungeheuer viel Zeit verloren.

Im Soldatenheim hielt letzten Sonntag der Pater Corbinian einen einstündigen fesselnden Vortrag über seine Eindrücke und Erlebnisse bei den aus Rußland zurückgekehrten Kriegsgefangenen in Jablonna und Warschau. Er berichtete, daß die aus Rußland zurückgekehrten Gefangenen, die sich, ehe sie in die Heimat befördert werden, erst 21 Tage in den Lagern von Jablonna und Warschau aufhalten müssen, im allgemeinen körperlich gesund seien. Sie verfügen auch über reichlich Geld, das sie in Rußland verdient haben. Unter der Zarenherrschaft haben die Gefangenen es schlecht, unter der Herrschaft Kerenskis aber noch schlechter gehabt, am besten unter der Bolschewikiregierung ergangen. – Vor dem Vortrag erheiterten die bewährten Kräfte des Soldatenheims die Besucher durch gesangliche, musikalische und dichterische Darbietungen, zum Schluß gab es flott gespieltes Theaterstück.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Die Hauptversammlung des Verschönerungsvereins für das Siebengebirge, die seit langen Jahren im Sommer auf dem Drachenfels stattfand und von den Freunden des Siebengebirges stark besucht war, ist der Kriegsverhältnisse wegen auf unbestimmte Zeit verlegt worden.

Feldschutz. Fortgesetzt wird über die Schäden Klage geführt, die beim Pflücken von Feldblumen auf Aeckern und Wiesen angerichtet werden. Es sei deshalb darauf hingewiesen, daß nach § 368 Nr. 9 des Reichsstrafgesetzbuches sich strafbar macht, wer ungefugt vor beendeter Ernte über Wiesen und bestellte Aecker geht usw. Durch die Entnahme von Feldblumen gehen nicht unbeträchtliche Futtermittel verloren. Viel größer aber sind die Verluste, die der Ernte durch Zertreten der Pflanzen hierbei zugefügt werden. In der jetzigen Zeit, wo alle Futtermittel dringend gebraucht werden, müssen Schädigungen dieser Art unter allen Umständen vermieden werden. Es ist daher Pflicht eines jeden Einzelnen, an dem Schutze der Felder vor solchen Zerstörungen mitzuwirken. Von dem Pflücken und Ankaufe von Feldblumen ist daher dringend abzuraten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Betrifft bessere Preise für die abzugebenden Anzüge. Dem Einsender obigen Artikels zur gefl. Antwort, daß mich die ungenügende Ablieferung der getragenen Kleidung gar nicht wundert, wohl aber muß ich mich sehr wundern, daß nun auch schon die Munitions-Arbeiter in diese Angelegenheit mit verwickelt werden. O, Ihr beneidenswerten Munitions-Arbeiter! Wenn Einsender wirklich Munitionsarbeiter meint und sie um die sehr, sehr hohen Löhne beneidet, möchte ich ihm raten, einen 14tägigen Kursus als Munitionsarbeiter einmal mitzumachen, meinetwegen in Wahn, Troisdorf oder sonst, wo jede Minute sein wertes Leben eine Frage ist, dann bekommt er Begriff von den sehr, sehr hohen Löhnen.
   Auch Einsender dieses ist nun endlich vom Handwerk zum Munitionsarbeiter avanciert, nachdem er fast drei Jahre vor dem Feinde seine Pflicht erfüllt hat, und verdient den sehr, sehr hohen Lohn von 8,10 Mk. für den Tag. Von diesem sehr, sehr hohen Lohn lebt meine vierköpfige Familie nicht allein, sondern Steuer, Miete und alles, was zum Leben gehört, wird davon bestritten. Nun möchte ich den Einsender fragen, wie ich das anfangen soll, damit von dem sehr, sehr hohen Lohne noch etwas übrig bleibt? Auch möchte ich gerne wissen, woher von diesem sehr, sehr hohen Lohn man einen Anzug so gut bezahlen kann?
   Dabei braucht der vielbeneidete Munitionsarbeiter nicht an sich zu denken, damit er seine Kraft für die Seinen und dem Vaterlande erhält.
   Glücklich der Mann als Munitionsarbeiter! Ich glaube nicht, daß Einsender damit tauscht. Also bekommen Sie nicht den gewünschte Preis für Ihren getragenen Anzug, dann wenden Sie sich an eine andere Stelle, aber bitte – lassen Sie Munitionsarbeiter aus dem Spiele und in Ruhe. Ein Munitionsarbeiter im Namen Vieler.

Fliegeralarm. Am Dienstag waren bei dem Fliegeralarm beide Türen der Poppelsdorfer Kriegsküche geschlossen, so daß man gezwungen war, auf der Straße das Ende des Alarms abzuwarten. Sonst sagt die Stadt doch, man solle während des Alarmes die Haustüren für jedermann öffnen. Wie verhält sich dieses nun? Ich gehöre auch zu denen, die von Anfang an in der Poppelsdorfer Kriegsküche das Essen holen und immer zufrieden war. W. Moers.

Die Not der Kriegerfrauen. Bravo, lieber Urlauber E. Bl., Sie haben recht gesprochen. Für die Kriegerfrauen muß unbedingt besser gesorgt werden, auch sie bedürfen der Teuerungszulage. Ja, aber wird nimmt sich der Kriegerfrauen an? An Kleidung, Wäsche, Schuhen, im Haushalt fehlt es an allen Ecken; für den Winter möchte sich gerne manche Frau etwas einkochen, aber wovon? Dann heißt es sofort, die Kriegerfrau kann arbeiten gehen. Gewiß, das stimmt, sie würde das auch gerne tun, wo sie schon so viel für das Vaterland getan hat, indem sie ihren Ernährer schon seit vier Jahren in den größten Gefahren weiß. Warum wird das Arbeitengehen nicht auch von den Beamtenfrauen verlangt? Wir Kriegerfrauen würden dann auch freudiger die Arbeit aufnehmen, wenn uns auch mal Teuerungszulage bewilligt würde, die uns sicher nottut, und die Beamtenfrauen sich auch einmal zur Arbeit bequemen würden, anstatt nachmittags mit ihren Kindern im Hofgarten herum zu spazieren. Das Sprichwort sollte beherzigt werden: Gleiches Recht für alle! Dann würden unsere Männer draußen mit mehr Liebe zum Vaterlande kämpfen, wenn sie wüssten, daß ihre Lieben daheim vor Not und Sorge geschützt würden. Also helft! Eine Kriegerfrau, die nur von der Unterstützung leben muß, kränklich ist und von dem Geschäft, wo ihr Mann lange Jahre tätig war, keinen Pfennig bekommt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

    

Vom Barfußlaufen der Kinder. Mit Beginn wärmeren Wetters sieht man jetzt wieder viele Kinder barfuß laufen. Nimmt es bei dem herrschenden Schuh- und auch Strümpfemangel manchen Eltern eine große Sorge ab, so ist es bei nicht zu empfindlichen Kleinen auch in gesundheitlicher Beziehung, wie ärztlich festgestellt, zu begrüßen. Allerdings ist durch die vielfach auf den Straßen herumliegenden Glasscherben aller Art eine gewisse Gefahr mit dem Barfußlaufen verbunden, die unter Umständen erhebliche Verletzungen an den Füßen bringen kann. Es muß daher immer wieder ausdrücklich, besonders in der jetzigen Jahreszeit, davor gewarnt werden, Glasscherben, Obstkerne und ähnliche Gegenstände auf die Straße zu werfen, und die Kinder sollten in den Schulen von den Lehrpersonen auf derartige Ungehörigkeiten aufmerksam gemacht werden, Auch das Tragen von Holzsandalen ohne Strümpfe ist bei dem warmen Wetter sehr zu empfehlen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)