Sonntag, 30. Juni 1918

Am Tag nach Peter und Paul erscheint die Deutsche Reichs-Zeitung nicht.

   

Oberbürgermeister Spiritus und Beigeordneter Piehl sind gestern zur Nachprüfung des Geschäftsganges der von den Bonner Vaterländischen Vereinigungen eingerichteten Verband- und Krankenerfrischungsstelle „Prinzessin Viktoria“ nach Lille abgereist.

Zur Abgabe von Männer-Anzügen. Noch immer besteht vielfach die irrige Meinung, der Aufruf zur Abgabe von Männerkleidung richte sich nicht an solche Personen, die im Heeresdienste stehen. Es wird daher an die Bekanntmachung der Stadtverwaltung erinnert, daß auch Militärpersonen von der Abgabe nicht ausgeschlossen sind. Sie sind, soweit sie entbehrliche Kleidung besitzen, in gleicher Weise zur Abgabe heranzuziehen wie Zivilpersonen. Von ihnen wird, sofern sie unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse als abgabefähig anzusehen sind, ebenfalls die Vorlage eines Bestandsverzeichnisses verlangt werden, wenn sie dem Aufruf keine Folge leisten. Auch sie werden daher dringend ersucht, einen Anzug abzugeben, wenn sie den kommenden schärferen Maßnahmen entgehen wollen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 30. Juni 1918Die Pflicht der Metallablieferung. […]
   Die Bekanntmachung vom 26. März d. Js. beschränkt sich keineswegs, wie vielfach angenommen wird, nur auf Gegenstände in privatem Besitz. Genau mit demselben Maßstabe und genau zur gleichen Zeit werden auch die in öffentlicher Hand befindlichen Metallgegenstände, z. B. an und in öffentlichen Gebäuden und Kirchen, sowie auch die Briefkastenschilder usw. herangezogen.
   Wie hier in Bonn zutage tritt, ist bisher der Ernst, der mit der Einziehung und Ablieferung von Metallen für die Vaterlandsverteidigung verknüpft ist, nicht in dem gewünschten Maße erkannt worden. Ein Spaziergang durch die Straßen gibt hiervon Zeugnis. Ueberall sind noch die Briefkastenschilder, Briefeinwürfe, Stoßbleche an Türen, Schutzblechen u. dergl. vorhanden. Es macht dies den Eindruck, als ob sich deren Besitzer um die Ablieferung nicht zu kümmern habe.
   Man muß voraussetzen, daß nicht genügend bekannt ist, daß der, der die Gegenstände in der aufgegebenen Frist nicht abliefert, bestraft werden kann, und zwar mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu 10.000 Mark, sonst würde man gewiß, um einer Bestrafung aus dem Wege zu gehen, schnellste Ablieferung bei der Sammelstelle besorgen. […]

Eine grippeartige Erkrankung tritt in letzter Zeit hier in Bonn auf. Namentlich wird die Erkrankung bei Kindern beobachtet. Sie beginnt meist mit Fieber, Kopfschmerzen und katarrhalischen Erscheinungen. Trotz des manchmal schwer gestörten Allgemeinbefindens scheint die Krankheit einen ziemlich harmlosen Charakter zu haben, denn ernste Krankheits-Erscheinungen oder gar Todesfälle sind bisher nicht vorgekommen.

Der Bonner Wochemarkt hatte am Freitag wieder hauptsächlich Gemüse wie Wirsing, Mangold, Schneidgemüse, Knollengemüse usw. sowie hiesiger und fremder Kopfsalat zu verzeichnen, ebenfalls Kleinzeug in großen Mengen. […] Obst, wie Johannisbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren, Erdbeeren und Kirschen, sowie grüne Erbsen und dicke Bohnen waren im öffentlichen Verkauf auf dem ganzen Markt wieder nicht zu finden. […] Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hat in letzter Zeit außer etwas Gemüse und Kopfsalat fast keine Zufuhren mehr. Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte wieder großen Zuspruch. Seit einigen Tagen ist die Auswahl in Waren hier wieder sehr reichlich. Aber leider kommt auch hier Frühobst nur ganz verschwindend wenig zum Verkauf. […]

Schwere Strafen bei Felddiebstahl. Wer Garten- oder Feldfrüchte oder andere Bodenerzeugnisse oder Saatgut aus Gärten oder Feldern entwendet oder zu entwenden versucht, wird nach einer Verordnung des Gouverneurs der Festung Köln mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft. Militärflurschutzpatrouillen werden die Polizeibeamten am Tage und des Nachts bei Ausübung des Feldschutzes unterstützen; den Feldhütern werden bei ihren nächtlichen Dienstgängen Polizeihunde beigegeben. […]

Nutzlose Hamsterfahrten. Der Vorsitzende des Kreisausschusses des Kreises Köln-Land erläßt folgende Bekanntmachung: Wie im vergangenen, so ist auch in diesem Jahre jegliche Ausfuhr von Frühkartoffeln aus dem Landkreis Köln und dem Landkreise Bonn sowie jeder Verkauf und Kauf derselben unter Strafe verboten. Die Gendarmen und Polizeibeamten haben Anweisung, die Durchführung dieser Anordnung streng zu überwachen, etwaige Uebertretungen unnachsichtig zur Anzeige zu bringen und die verbotswidrig erworbenen Kartoffeln zu beschlagnahmen. Auch werden in den Zügen der Köln-Bonner Kreisbahnen regelmäßig scharfe Revisionen vorgenommen. Die Beteiligten werden daher in ihrem eigenen Interesse vor nutzlosen Hamsterfahrten in den Landkreis Köln dringend gewarnt; sie würden sich nicht nur strafbar machen, sondern auch noch durch erfolglosen Zeit- und Geldaufwand Nachteil erleiden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)